Ein Weihnachtsgeschenk für Walter, Barbara Wersba, Tulipan
Verlag
Ein Weihnachtsgeschenk für Walter ist eine Liebeserklärung
an die Literatur und Freundschaft wider jede Erwartung.
Die betagte Ratte Walter hat in ihrer Kindheit unter dem
Dielenboden des Waschsalons festgestellt, daß sie lesen kann. Einfach so, sie
hatte diese Fähigkeit einfach so von einer Laune der Natur geschenkt bekommen.
Obwohl Ratten eigentlich keine Namen tragen, gab Walter sich selbst einen, zu
Ehren des großen Dichters Sir Walter Scott. Inzwischen ist Walter betagt und um
die Schnauze weiß geworden, von seiner Familie ist keiner mehr zu leben und
auch das Nest im Waschsalon gibt es nicht mehr. Daher hatte sich Walter vor
einigen Monaten ein neues zu Hause gesucht, in dem kleinen Häuschen der
Kinderbuchautorin Miss Pomeroy. Diese ist ebenso alt und mag es zurückgezogen
zu leben, wie auch Walter, doch vor allem besitzt sie eine traumhafte
Bibliothek, in der er sich nachts gerne Bücher ausleiht. Doch als er
feststellt, daß in Miss Pomeroys Büchern ausschließlich Mäuse die Heldenrolle
spielen und niemals Ratten, schreibt er ihr einen Brief, um mit ihr in Kontakt
zu treten.
Dieses kleine Büchlein mag für mancher Einen wie ein
Kinderbuch wirken, doch ist es dies trotz der zauberhaften Illustrationen von
Donna Diamond nicht. Diese sind strikt in schwarz-weiß gehalten und scheinen
dennoch von innen heraus zu strahlen! Diese Lebendigkeit ist zeitlos schön, so
wie auch diese Geschichte. Die Illustrationen waren es auch, die mich auf der
Frankfurter Buchmesse angezogen haben und mich in das Buch verlieben ließen.
Zwei verwandte Seelen, verbunden in ihrer Liebe zur
Literatur und ihrer Zurückgezogenheit, finden in dieser Geschichte in ihrer
Einsamkeit zu einander. Beiden ist ihre Einsamkeit nicht bewußt und doch blühen
sie auf in ihrer unwahrscheinlichen Freundschaft. Ganz sanft und zart
entwickelt sie sich, in kleinen Schritten. Während Walter überlegt, wie er mit
seiner Gastgeberin in Kontakt treten kann, denkt er auch über die Bücher nach,
die er liest. Ob Kinder diese Gedanken nachvollziehen können, wage ich zu
bezweifeln, aber der Wunsch, als Ratte nicht stets der Außenseiter der
Gesellschaft zu sein, der angeblich schmutzig ist und Krankheiten überträgt,
können Kinder ebenso gut verstehen, wie den Wunsch ein Held zu sein. Insofern
ist dieses Büchlein zeitlos, weil diese ruhige Freundschaft der Einsamen zwar
für Kinder noch nicht ganz nachvollziehbar ist, aber der belesene Rattenmann,
der die Menschenwelt aus seiner Sicht beschreibt, ist für sie dennoch schön.
Erwachsene Leser erfreuen sich an den Allegorien und den literarischen
Anspielungen und können wahrscheinlich auch Miss Pomeroy und ihre unerwiderte
Liebe besser verstehen, die ihr Leben auf den Kopf stellte.
Zeitlos schön, nicht nur weihnachtlich diese märchenhafte
Geschichte von einem ach so menschlichen Rattenherren.
Sehr zu empfehlen für große und kleine Leseratten, die auch
ruhige Geschichten voller Gefühl mögen.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Tulipan Verlag für
diesen kleinen Schatz!
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