Das gestohlene Herz der Anderwelt, Sandra Regnier, Carlsen Verlag
Dies ist der langersehnte zweite Teil der Anderwelt, eines Spinoff der
Pan-Triologie
Schon der Start ist dramatisch, in einer längst vergangenen Zeit, mit einer
dunklen Priesterin und einem Drachen, der nicht nur die Priesterin in Angst und
Schrecken versetzt, sondern auch Elf Finn. Bei Alli kommen vage Erinnerungen
hoch, da war was, aber was? Aber lange hat sie nicht Zeit darüber nachzudenken,
denn sie wurden auch in dieser vergangenen Zeit aufgespürt und verfolgt. Finn
packt sich Alli wieder über die Schulter und wirft sie durch die magische
Pforte in die dahinterliegende Ruinenstadt. Doch Allison stirbt nicht, sie
verfällt nicht zu Staub, allerdings sind die Elfenagenten noch immer hinter ihr
her, so dass sie die Flucht nach vorn antritt. Dadurch findet sie den
Bestimmungsort des Herzens der Anderwelt, in einer Stadt, die wohl einst von
Drachen bewohnt war. Doch wie soll sie diesen Kelch in ihren Besitz bekommen,
um ihn an seinen vorgesehenen Ort zu stellen? Wieder einmal ist es Nymphe
Chloe, die ihr hilft, dieser unglaublich trockenen, heißen Welt zu entkommen.
Aber die Zeit hat sich weiter gedreht, im Internat wurde sie mehrere Tage
vermisst und auch von George fehlt jede Spur. Sie erhält Hausarrest, was nach
Finns Meinung eh der sicherste Ort für sie ist.
Es war wunderbar alle Charaktere des ersten Bandes wieder zu treffen.
Allerdings entwickeln sich diese in der Fortsetzung zum Teil anders als
erwartet. Das fand ich super, da unvorhersehbar und doch in sich schlüssig.
Langsam akzeptiert Allison ihre Schlüsselrolle für die ihr unerreichbare
Anderwelt. Dennoch gibt es für sie viele Ungereimtheiten, zum Beispiel, wie
Finn es wagen konnte, sie durch die lebensgefährliche Pforte zu werfen? Den
langersehnten Reiterball muss sie leider verpassen, dafür geht ausgerechnet
Valérie an ihrer Stelle hin, sie ist nun auch Internatsschülerin. Allison weiß
gar nicht, was sie getan hat, um das zu verdienen... Allison erlebt eine
Achterbahn der Gefühle. Sie taucht in eine völlig fremde, geheimnisvolle und
eigentlich unglaubliche Welt ein und mit ihr die Leserin. Das ist spannend und
faszinierend zugleich. Auch ihre Gefühle für Finn sind erschüttert und
verwirrt, denn er scheint sie in den sicheren Tod geworfen zu haben. Wollte er
sie umbringen? Auch die Erzählungen vom Reiterball irritieren sie noch weiter.
Ganz klar ist aber, dass Valérie nervt! Doch ist gerade sie es, die die größte
Wandlung durchmacht, sie und George. Das ist für mich unerwartet und hebt es
aus der Masse romantischer Fantasy hervor. Die Charaktere dürfen zwiespältig
sein, zweifeln und sind keine Abziehbildchen von Gut und Böse. Bei keiner
Person ist stets sicher, wie man sie nun wirklich finden soll, es kommen immer
wieder Zweifel auf, außer an Allison, die sich aber auch über sich bzw. ihren
Körper wundert, der dieses Mal mit einigen Tücken zu kämpfen hat. Woran das
wohl liegen mag?
Sandra Regniers Schreibstil ist flüssig, packend und emotional. Die
Schreibpause hat ihrem Stil nicht geschadet, es ist packend und wirkt nicht wie
ein Werk das man einfach mal so abliefert, um einen Vertrag zu erfüllen. Es ist
mit Herzblut geschrieben und ins Detail durchdacht. Gerade wenn man fremde Welten
erschafft, finde ich es wichtig, dass es schlüssig ist, damit die Welt vor dem
eigenen inneren Auge erstehen kann, ohne Fragezeichen. Alle Handlungsstränge
werden verwoben und zusammengeführt. Es gibt kleine Erinnerungen an die
Pan-Triologie, die aber keine Vorkenntnisse erfordern. Diese Reihe ist sehr gut
für sich alleine lesbar und die Pan-Triologie kann dann auch noch im Anschluss
gelesen werden, ohne dass bereits zu viel verraten wurde.
Sehr gut fand ich, dass es kein reines Happy End gibt, ein kleiner
Wermutstropfen bleibt. Ich werde seine Charaktere vermissen, denn mit diesem
Band ist die Reihe abgeschlossen.
Vielen lieben Dank an Buchcontact und den Carlsen Verlag für das
Rezensionsexemplar zur Befriedung meiner Sehnsucht nach der Anderwelt.
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