Schiefer die Socken nie hingen, Ulrike Herwig, dtv
Julia und Frank, beide Mitte 50, leben ein geruhsames Leben in Weimar,
ebenso wie Franks Mutter, die rüstige Elisabeth (80), die gerne mal mit ihren
exzentrischen Ideen, ihr Altersheim ein wenig aufmischt. Ihre drei Töchter sind
weit verstreut. Die älteste Charlotte lebt mit Mann Rob und Säugling Connor,
direkt neben den Schwiegereltern in Seattle. Anne ist erfolgreich in London und
will erstmals mit ihrem Freund dem erfolgreichen Investmentbanker Jason
traditionelle englische Weihnachten feiern, Die jüngste, die blauhaarige Emily,
lebt ein wenig planlos in einer alternativen WG in Berlin und versucht die Welt
zu retten und sich selbst zu finden. Als nach den beiden Älteren nun auch Emily
ihre Teilnahme am besinnlichen elterlichen Weihnachtsfest absagt, um mit ihrer
WG eine anti-Konsum-Terror-Party zu veranstalten, sind ihre Eltern sehr
geknickt. Sie hatten doch schon so viel vorbereitet! Doch es kommt völlig
anders. Nach und nach rufen die Töchter schluchzend an und klagen darüber, daß
sie ihre Eltern zu Weihnachten vermissen, aber nicht weg können. Da
entschließen Julia und Elisabeth spontan alle Töchter nacheinander zu besuchen
und einfach drei mal Weihnachten zu feiern dieses Jahr. Problematisch ist dabei
nur Franks legendäre Flugangst, die bislang jeden Besuch bei den
Auslandstöchtern verhindert hat. Doch wo ein Wille, da auch ein Weg und
Elisabeth kann sehr überzeugend sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt
hat!
Dies ist ein Familienroman, um Eltern, die ihre Kinder über alles lieben
und für sie die Welt aus den Angeln heben würden und als Dank dafür, von ihren
Töchtern zurück geliebt werden, wenn auch z.T. vom anderen Ende der Welt. Ach
ja, Oma Elisabeth sollte man da nicht vergessen, denn sie bringt mit ihren
teilweise sehr listigen und einfallsreichen Ideen richtig Schwung in diesen
Weihnachtsroadtrip. Dieser zeichnet sich vor allem durch 3 Eigenschaften aus:
1. er ist irrsinnig witzig, ich habe immer wieder Tränen gelacht, 2. er ist
unglaublich abwechslungsreich, bei dieser 3 tägigen Weihnachtstour hagelt es
nur Pleiten, Pech, und Familienliebe denn er ist auch 3. sehr warmherzig und
gefühlvoll, ohne kitschig zu sein.
Die sechs Familienmitglieder sind mit Ausnahme von Emily, Oma Elisabeth und
Frank eigentlich ziemlich normal. Frank hat so ein paar kleine Schrullen, wie
die Flugangst und die Überzeugung, dass Weihnachten nirgendwo so schön ist, wie
in Weimar, ein bisschen unflexibel und spießig ist er über die Jahre geworden,
aber immer noch sehr liebevoll, großzügig und mit einem noch größeren Herzen
für seine Töchter. Elisabeth ist mit ihren 80 Jahren weder auf den Kopf, noch
auf den Mund gefallen und fest entschlossen, die Zeit, die ihr noch bleibt aus
vollem Herzen zu genießen. Dabei kennt sie ihre Heimbewohner und auch ihr
Lieben ganz genau und weiß bisweilen welchen emotionalen Knopf sie nur drücken
muss, um ihr Ziel zu erreichen. Emily ist noch etwas planlos. Doch sie ist wie
ihre WG sehr engagiert, ausgesprochen tierlieb und will die Welt verbessern.
Gänsebraten und Flugreisen sind für sie also eigentlich völlig ausgeschlossen,
außerdem ist sie unsterblich in ihren Mitbewohner Jannik verliebt..... Anne
liebt Jason und hofft auf einen Antrag von ihm, während Charlotte längst
glücklich verheiratet ist, mit dem Sohn der wahrscheinlich größten
Weihnachtsfans der vereinigten Staaten. Ein ganz schönes Kontrastprogramm zur
besinnlichen deutschen Weihnachtszeit. Julia ist die gute Seele, mal Ruhepol,
mal treibende Kraft und manchmal der Verzweiflung nahe.
Man mag einiges in diesem Roman überspitzt finden, ja, das macht ihn ja so
lustig, aber es steckt viel selbst beobachtete Wahrheit dahinter. Autorin
Ulrike Herwig wuchs in Jena in der DDR auf, lebte später längere Zeit in
London, inzwischen aber mit Mann und Töchtern in Seattle. Sie kennt sich also
mit Weihnachten in den beschriebenen Gegenden aus und auch mit den uns
Deutschen in den Staaten angedichteten Bräuchen. Ich war mindestens so
überrascht und amüsiert wie sie, zu erfahren, was wir denn so Weihnachten alles
suchen (ja, die Amis sind überzeugt, dass wir Weihnachten suchend verbringen,
Weihnachten, nicht Ostern).
Ach ja, damit man dieses turbolente Chaos so richtig nachfühlen kann, gibt
es hinten im Anhang noch ein paar weihnachte Rezepte aus den USA, England und
Deutschland, für internationale Feiertage, aber wirklich interessante Rezepte,
die man nicht überall findet.
Ich wünschte, dieses Buch würde verfilmt, das könnte ich mir richtig gut
vorstellen und würde es mir auch sofort ansehen... Ein Buch das rundum gute
Laune und glücklich macht, wenn das nicht für die Vorweihnachtszeit wie gemacht
ist!
Ich bedanke mich bei Ulrike Herwig und dem dtv für diese Leserunde bei
Lovelybooks.
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