Liliane Susewind (13) – Ein Seehund taucht ab, Tanya Stewner, Illu. Eva
Schöffmann-Davidson, KJB
Dies ist der 13. Liliane Susewind Band und wir kennen und lieben sie alle!
Familie Susewind fährt klimaneutral an die Nordsee, mit der Bahn, mit Oma, Hund
Bonsai, Lillis bestem Freund Jesahja und dessen Katze Frau von Schmidt. Die
Pension hat Oma ausgesucht. Sie gefiel ihr direkt auf Anhieb, da der Besitzer
Orlando solch ein schillernder Paradiesvogel ist und somit alles andere als
langweilig. Leider sehen das die restlichen Bewohner des Küstenortes nicht ganz
so positiv, sondern empfinden ihn als eine Schande für den Ort. Aber das ist
nicht alles, wobei die Einheimischen ganz klare Vorstellungen haben, die Lilli
so nicht nachvollziehen kann. Als sie mit Jesahja zum Strand gehen will, lernen
sie nicht nur einen hinreißenden, etwas zerzausten Austernfischer (Vogel)
kennen, der sich auf Anhieb unsterblich in Lilli verliebt, sie biegen auch
falsch ab. Was sie dort erwartet erschreckt die Tierfreunde sehr. Das
Seehundschutzgebiet ist total vermüllt, voller Touristen und ein Junge hat
sogar seinen Ghettoblaster voll aufgedreht! Das tut Lilli in der Seele weh, vor
allem, als sie eine Robbenmutter findet, die verzweifelt nach ihrem Jungen
sucht.
Diesmal hat es Lilli mit einem ganzen Berg voll Problemen zu tun!
Pensionswirt Orlando wird aufgrund seiner schillernden Art und seiner Vorliebe
für Glitzerkleidung, Make-up und eine exzentrische Frisur, offen angefeindet.
Aber auch sein junger Koch Sven hat das Missfallen der Dorfbewohner auf sich
gezogen, weil er nicht, wie in seiner Familie üblich, als Fischer zur See
fährt. Dabei ist das ja absoluter Unsinn, nicht nur weil er so toll kochen
kann, sondern auch, weil die Nordsee dermaßen überfischt ist, dass sowohl die
Existenz der Fischer, als auch der Robben bedroht ist. In diesem Ort scheint
die Zeit still zu stehen, aber Lilli und Jesahja wollen unbedingt, den
Lebensraum der Robben erhalten. Hier stoßen zwei völlig unterschiedliche
Denkmodelle aufeinander und es ist fraglich, ob sie einen Konsens finden
können. Sehr gut finde ich, dass daher das
Problem der Vermüllung in den Hintergrund tritt, so dass Kinder nicht
von der Vielzahl der Probleme erschlagen werden. Sie werden einfach an das
altbekannte Problem erinnert. Das reicht und ist gut so, finden wir. Dafür
stehen natürlich wieder die tierischen Freunde von Lilli im Mittelpunkt. Auch
diesmal ist es weniger der titelgebende Seehund der Liebling der Leser, sondern
der schwer verliebte Lotterich, der stets im Müll nach dem absolut besten
Geschenk für seine Lilli sucht. Es ist zum Teil zum Brüllen, was er alles für
seine Angebetete anschleppt und ihr vor die Füße fallen lässt. Es macht aber
auch auf traurige Weise offensichtlich, was die Leute alles so einfach in die
Natur werfen. Neben dem Umweltschutz geht es vor allem um das Thema Toleranz.
Dass ein Leben miteinander deutliche Vorteile gegenüber einem Leben
gegeneinander hat. Das Leben muss bisweilen an neue Gegebenheiten angepasst
werden, denn Stillstand bedeutet keinen Schutz, sondern bisweilen die größte
Gefahr.
Pensionswirt Orlando ist nach dem Helden von Virginia Woolf benannt, einem
Wesen das zwischen Raum, Zeit und Geschlecht wandert. Auch bei Orlando ist es
nicht unbedingt offensichtlich, was er nun ist, aber man muss ja nicht in eine
Schublade passen, um ein gutes Herz zu haben und interessant zu sein. So kann
er selbst in Glitzerkleidung besser anpacken, als so mancher kernig wirkende
Seemann, der sich für voll den Kerl hält. Es ermutigt Kinder, Menschen so zu
nehmen wie sie sind. Angeblich ist Orlando Transgender, aber auch das ist mir
eine Schublade zu viel für ihn. Er ist halt einfach er selbst und ermutigt auch
Lilli und die Leser zu dem zu stehen, was man ist. Es ist leichter mit den
Anfeindungen zu leben, als sich ständig zu verstellen. Frei von fixen Ideen und
offen für neue Einfälle findet sich auch am Ende eine gute Lösung für die
Probleme aller Dorfbewohner, sofern alle mithelfen und dazu sind dann auch
wirklich alle bereit.
Lilli kann mit Tieren sprechen und ihr Lachen bringt Blumen zum Blühen und
Pflanzen zum wachsen. Sie ist einfach magisch. Klar, dass die Geschichten nicht
unbedingt realistisch sind. Aber muss das denn sein? Sie sind spannend, witzig
und fantastisch. Über das Geplänkel der Tiere können sich meine Töchter kaputt
lachen und bei ihren Rettungsaktionen, bringt sich Lilli immer wieder selbst in
Gefahr. Aber diese Gefahr ist offensichtlich, ebenso wie es offensichtlich ist,
dass die Rettung, die Lilli zu teil wird, für normale Kinder nicht zu erwarten
ist. Was aber bei Kinder ankommt ist, dass man nicht aufgeben darf, an seine
Ziele glauben muss und für sie eintreten darf. Dabei greift sie bei allzu
großer Ignoranz auch schon mal zu zivilem Ungehorsam, aber nur in großer Not,
wenn andere Wege um Leben und Glück eines Tieres zu retten nicht greifen. So,
kann ich damit leben, da sie auch niemandem schadet.
Die großen Illustrationen und
Vignetten von Eva Schöffmann-Davidov sind wieder hinreißend. Wir betrachten sie
alle drei unglaublich gerne. Sie strahlen so viel Freundlichkeit und Harmonie
aus, selbst, wenn Lilli angefeindet wird. Das stärkt die Gewissheit, dass am
Ende alles gut wird und das wird es ja.
Diese Reihe richtet sich an Leser ab 8 Jahren und zeichnet sich durch ein
unglaublich schönes, klares Schriftbild mit augenfreundlichem Zeilenabstand
aus. Das hilft Kindern ungemein beim Lesen lieben lernen.
Auch nach 13 Bänden, lieben meine Töchter noch Lillis Welt, in der Umwelt-
und Naturschutz zählt und jeder so sein darf, wie er möchte, solange er anderen
nicht schadet.
Wir bedanken uns ganz herzlich, bei Tanya Stewner, ihrer Assistentin Jana
und dem Fischer Verlag, für die lebendige Leserunde auf Lovely Books.
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