Die Reste frieren wir ein, Weihnachten mit Renate Bergmann, gekürzt gelesen
von Carmen-Maja Antoni, Der Audio Verlags 2 CDs 2 h 13 min.
Es weihnachtet in und um Berlin. Renate Bergmann steht am Herd und kocht
schon Monate im Voraus den Grünkohl für's Weihnachtsfest ein, das kann man so
ja gar nicht kaufen! Es ist nicht nur das Fest der Liebe und Geschenke, sondern
auch des guten deftigen Essens im Kreise der Familie oder der Lieben, was nicht
immer zwingend dasselbe ist. Aber es ist auch die Zeit der Erinnerung. Also
erinnert sich Renate Bergmann auch an vergangene Weihnachten zurück, an
denkwürdige Momente. Es wird nicht unbedingt eine stringente Geschichte und vom
Zuhören wird man nicht satt, dafür lernt man mal endlich Renates von und zu
Schwiegermutter die Baronin kennen, wenn auch nicht unbedingt lieben.
Den Titel finden wir großartig, er passt genau zu Renate Bergmanns
Generation und auch die Verwendung von Margarinedosen zum Einfrieren von
Essensresten, lässt mich an meine Kindheit im tiefsten Westen zurückdenken. Es
gibt schöne, liebevolle Erinnerungen, wie die Zeit, als im Advent die
Spielsache verschwanden und liebevoll restauriert oder neu ausgestattet zum
Fest wieder unterm Baum lagen. Es gibt Lektionen im sparsamen Haushalten, von
gerissenen Landfrauen, die den Städtern verstümmeltes Geflügel verkauften und
sich über die Geflügelpfanne zu Weihnachten mit den Resten freuten. Natürlich
darf auch die vegane Tochter Kirsten nicht fehlen, Freundin Gertrud, die es mit
der Butter im Gemüse sehr großzügig ist, bis es einmal zu viel ist, Freundin
Ilse mit Gatte Kurt und dem Coyota. Natürlich hat Kurt im seinem
Karnickelverein auch noch ein paar Freunde, die Weihnachtsgänse züchten... und
so kommt Renate vom Hölzchen aufs Stöckchen und irgendwie ist Weihnachten immer
was los, selbst oder gerade, im Hungerwinter 1946/47, als das Essen rationiert
war und man zu Opa und Oma Strelemann ins Bergische zog. Ein wenig Nostalgie,
eine Prise Lebensschläue und patente Hilfe für Freunde und Familie. Das ist
Weihnachten mit Renate Bergmann und ihrem speziellen Kosmos.
Renate Bergmann geb. Strelemann wohnt in Berlin-Spandau, war Trümmerfrau,
Reichsbahnerin, ist und bleibt Haushaltsprofi und ist vierfach verwitwet aber
nur einfache Mutter von einer schon erwachsenen Tochter Kerstin, Veganerin,
esotherisch angehaucht und von Renate oft missverstanden. Aber eigentlich ist
Renate ein Autor namens Torsten Rode, Jahrgang 1974, dessen Twitter-Account von
Renate Bergmann sich zum Hit entwickelte.
Carmen-Maja Antoni ist wirklich die Idealbesetzung für Renate Bergmann mit
ihrer schnodderig-herzlichen Berliner Schnauze trägt sie das Herz auf der
Zunge! Jahrgang 1945, geboren in Berlin hat die Vollblutschauspielerin den
Hungerwinter 46/47 offensichtlich ebenso gut überstanden wie Renate Bergmann.
Man nimmt ihr die Rolle absolut ab und vermag sich kaum vorstellen, dass sie
selbst nicht so ist, dabei kann sie auch anders und hat bereits Brechts Mutter
Courage verkörpert, spielte die kauzige Schwester von Horst Krause im TV, oder
die Sekretärin von Iris Berbens „Rosa Roth“ und ist auch noch immer auf den
Bildschirmen zu sehen.
Leider konnte uns dieser Band nicht ganz überzeugen. Es kamen einige schöne
Pointen vor, aber man hatte etwas den Eindruck, dass dem Autor die Ideen
ausgehen, es ist ja auch schon der zweite Weihnachtsband mit Renate Bergmann.
Vielleicht dreht sich für mich diesmal einfach zu viel ums Essen. Ja, es ist
die Generation der guten Hausfrauen, wobei mir da bis auf meine Oma wohl die
Vorbilder fehlen ;) Auch wenn es bei den uns bislang bekannten Geschichten
stets eine Rahmenhandlung mit Hauptthema gibt wie Kreuzfahrt oder Hausbau, ist
das Thema Weihnachtsessen nicht ganz so vielfältig seiner Absurdität der
Möglichkeiten. Carmen-Maja Antoni gibt jedoch alles, um die noch so kleinste
Absurdität aufzuspüren und so wurden wir dennoch angenehm unterhalten und geben
3,5 von 5 Sternen, für die großartige Carmen-Maja Antoni.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Der Audio Fahrt für diese
Familienunterhaltung. Wer nun neugierig ist, kann hier hineinhören:
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