Mittwoch, 27. November 2019

Désirée, Annemarie Selinko, gekürzte Lesung mit Martina Gedeck, DAV, 1 MP3 10h 8 min



Désirée, Annemarie Selinko, gekürzte Lesung mit Martina Gedeck, DAV, 1 MP3 10h 8 min

Bernardine, Eugénie, Désirée Clary wurde 1777 als 3. Kind eines erfolgreichen Marseiller Seidenhändlers geboren. Mit 14 Jahren begleitet sie ihre Schwägerin in die nachrevolutionäre Préfecture, um sich für die Freilassung ihres Bruders einzusetzen. Sie geht verloren und wird von dem Sekretär Joseph Bonaparte nach Hause begleitet. Zum Dank lädt sie ihn und seinen jüngeren Bruder den jungen General Napoleone für den kommenden Tag zum Abendessen ein. Ihre Mutter ist nur mäßig begeistert, ihre Töchter umso mehr. Diese verlieben sich in die Brüder und verloben sich mit diesen. Doch mit 14 Jahren ist Eugénie noch zu jung um zu heiraten, so daß Napoleone verspricht zu warten, bis sie 16 Jahre alt ist. Sein Ehrgeiz führt ihn nach Paris. Als seine Briefe immer seltener werden, reißt die inzwischen erblühte Eugénie aus, um ihn in Paris zu suchen. Um Einlass in einen feinen Salon zu erhalten, spricht sie einen reiferen General an, der ihr bereitwillig hilft und mit ihr Zeuge der Verlobung Napoleons mit Joséphine Beauharnais, der schönsten Frau ihrer Zeit, wird. Eugénie, die sich fortan Désirée nennt, ist verzweifelt, Jean-Baptiste Bernadotte entzückt von ihr und empört über Napoleon, der ihm stets unsympathisch war. Während Napoleon stets eine Schwäche für seine reizende ehemalige Verlobte und Schwägerin seines Bruders behält, wird Bernadotte sein größter Rivale, unverzichtbar und unerbittlich. Er soll es sein, der seine Träume von ewiger Größe und Kaiserehre zu Fall bringen wird.

Désirée gilt als einer der erfolgreichsten historischen Liebesromane. Dabei basiert er auf dem wahren Leben der späteren schwedischen Königin Desideria und ist so facettenreich, daß er Teenager ebenso bannt, wie ältere Semester. Denn auch wenn er als Liebesroman gilt, seien wir ehrlich, die Frau eines der mächtigsten und wichtigsten Kriegsherren und Regenten zu sein, ist nicht wirklich romantisch, sondern vor allem in Kriegszeiten unglaublich einsam. Krieg herrschte dank Napoleon und seinen Träumen und Plänen lange Jahre im Anschluss an die Revolution. Beide Männer die sie liebten, wissen  ihre Schönheit zu schätzen, nehmen sie jedoch nie für ganz voll. Mit 10 Jahren beendete sie ihre Bildung und strebt danach auch nicht unbedingt nach geistiger Größe. Doch so dumm und naiv, wie Napoleon und Bernadotte sie gerne hinstellen ist sie auch nicht. Sie eignet sich viel Lebensweisheit an, die sie oft zum Wohle der Völker einsetzt, soweit es ihren Möglichkeiten entspricht. Ihr Interesse an Kriegstaktiken ist jedoch gering, da sie den Krieg verabscheut, der nur Leid bringt und ihr den Mann weit weg führt. Da sie trotz ihres mangelnden Interesses an Politik immer irgendwie am Puls der Macht lebt, immerhin heiratete ihre Schwester Julie tatsächlich Joseph Bonaparte, erlebt man mit ihr entscheidende Momente europäischer Geschichte. Denn wie Talleyrand und Beethoven (ja auch er hat einen Gastauftritt, der die Namensgebung der Eroica erklärt) ist Bernadotte ein Mann mit Weitblick, der nicht nur das Wohl Frankreichs, sondern des ganzen Kontinentes im Blick hat. Er hält Napoleon für die größte Bedrohung Europas und ist daher sein erbittertster Gegner. Die Geschichte fasziniert mich noch immer. Nicht nur, wie ein normales Mädchen, das sich überhaupt nicht für Politik interessiert, dennoch in die Geschicke ihrer Zeit wiederholt eingreift, sondern auch die Strategien und Intrigen, die damals die Belange der alten Welt beherrschen. Bernadotte versucht seiner Frau stets das Große und Ganze zu erklären, auch wenn sie nicht so sehr an seinen Ausführungen interessiert ist, wie ich!


Annemarie Selinkos Schreibstil ist so leicht und elegant, daß ich tatsächlich Tränen in den Augen über Napoleons Verrat an der jungen Eugénie hatte, auch wenn mir bereits mit 14 Jahren (beim ersten Lesen) klar war, dass es eigentlich nur zu ihrem Besten war.

Martina Gedeck hat eine sehr ungewöhnliche, prägnante Stimme, die schön und irgendwie auch verführerisch ist. Ihr haftet eine gewisse Sexiness und Intelligenz an. Es ist eine Freude sie zu hören, auch wenn ich mich stets fragte, ob es wirklich die richtige Stimme für Désirée ist. Diese ist gewiss anziehend, aber weniger sexy und lockend, als liebenswert und Beschützerinstinkte weckend. Eine naive, junge Stimme, hätte aber weder zu Napoleon, noch Bernadotte gepasst und auch nicht zu der erstaunlichen Entwicklung, die Eugénie, über Désirée bis hin zur Königin Desideria von Schweden durchlebte. Insofern ist sie doch eine gute Wahl für dieses Hörbuch und ein Ohrenschmeichler, den man sich gerne mehrfach anhört, um nochmal in die Feinheiten des politischen Kalküls, auch von Fouché und Talleyrand hinzuhören. Insofern ist es teilweise spannender als romantisch und auch eher tragisch, und doch auch wieder nicht. Denn Désirée lernt ihr Schicksal anzunehmen und damit zu leben.

Ein zeitloser Klassiker, der nichts von seinem Charme, seiner Spannung und seinem Reiz verloren hat. Meine Empfehlung lautet ganz klar: Anhören! Es ist nach wie vor eines meiner Lieblingsbücher.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV für dieses Herzenshörbuch.

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