Désirée, Annemarie Selinko, gekürzte Lesung mit Martina Gedeck, DAV, 1 MP3
10h 8 min

Désirée gilt als einer der erfolgreichsten historischen Liebesromane. Dabei
basiert er auf dem wahren Leben der späteren schwedischen Königin Desideria und
ist so facettenreich, daß er Teenager ebenso bannt, wie ältere Semester. Denn
auch wenn er als Liebesroman gilt, seien wir ehrlich, die Frau eines der
mächtigsten und wichtigsten Kriegsherren und Regenten zu sein, ist nicht
wirklich romantisch, sondern vor allem in Kriegszeiten unglaublich einsam.
Krieg herrschte dank Napoleon und seinen Träumen und Plänen lange Jahre im
Anschluss an die Revolution. Beide Männer die sie liebten, wissen ihre Schönheit zu schätzen, nehmen sie jedoch
nie für ganz voll. Mit 10 Jahren beendete sie ihre Bildung und strebt danach
auch nicht unbedingt nach geistiger Größe. Doch so dumm und naiv, wie Napoleon
und Bernadotte sie gerne hinstellen ist sie auch nicht. Sie eignet sich viel
Lebensweisheit an, die sie oft zum Wohle der Völker einsetzt, soweit es ihren
Möglichkeiten entspricht. Ihr Interesse an Kriegstaktiken ist jedoch gering, da
sie den Krieg verabscheut, der nur Leid bringt und ihr den Mann weit weg führt.
Da sie trotz ihres mangelnden Interesses an Politik immer irgendwie am Puls der
Macht lebt, immerhin heiratete ihre Schwester Julie tatsächlich Joseph
Bonaparte, erlebt man mit ihr entscheidende Momente europäischer Geschichte.
Denn wie Talleyrand und Beethoven (ja auch er hat einen Gastauftritt, der die
Namensgebung der Eroica erklärt) ist Bernadotte ein Mann mit Weitblick, der
nicht nur das Wohl Frankreichs, sondern des ganzen Kontinentes im Blick hat. Er
hält Napoleon für die größte Bedrohung Europas und ist daher sein erbittertster
Gegner. Die Geschichte fasziniert mich noch immer. Nicht nur, wie ein normales
Mädchen, das sich überhaupt nicht für Politik interessiert, dennoch in die
Geschicke ihrer Zeit wiederholt eingreift, sondern auch die Strategien und
Intrigen, die damals die Belange der alten Welt beherrschen. Bernadotte
versucht seiner Frau stets das Große und Ganze zu erklären, auch wenn sie nicht
so sehr an seinen Ausführungen interessiert ist, wie ich!

Martina Gedeck hat eine sehr ungewöhnliche, prägnante Stimme, die schön und
irgendwie auch verführerisch ist. Ihr haftet eine gewisse Sexiness und
Intelligenz an. Es ist eine Freude sie zu hören, auch wenn ich mich stets
fragte, ob es wirklich die richtige Stimme für Désirée ist. Diese ist gewiss
anziehend, aber weniger sexy und lockend, als liebenswert und
Beschützerinstinkte weckend. Eine naive, junge Stimme, hätte aber weder zu
Napoleon, noch Bernadotte gepasst und auch nicht zu der erstaunlichen
Entwicklung, die Eugénie, über Désirée bis hin zur Königin Desideria von
Schweden durchlebte. Insofern ist sie doch eine gute Wahl für dieses Hörbuch
und ein Ohrenschmeichler, den man sich gerne mehrfach anhört, um nochmal in die
Feinheiten des politischen Kalküls, auch von Fouché und Talleyrand hinzuhören.
Insofern ist es teilweise spannender als romantisch und auch eher tragisch, und
doch auch wieder nicht. Denn Désirée lernt ihr Schicksal anzunehmen und damit zu
leben.
Ein zeitloser Klassiker, der nichts von seinem Charme, seiner Spannung und
seinem Reiz verloren hat. Meine Empfehlung lautet ganz klar: Anhören! Es ist
nach wie vor eines meiner Lieblingsbücher.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV für dieses Herzenshörbuch.
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