Montag, 1. Oktober 2018

Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst, Alex Rühle, Ill. Axel Scheffler, dtv junior



Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst, Alex Rühle, Ill. Axel Scheffler, dtv junior

Paul ist ein Schlüssselkind. Sein Vater unterrichtet in einer Firma das Programmieren und seine Mutter ist Opernsängerin. Wenn er aus der Schulbetreuung nach Hause kommt, ist die Wohnung noch leer und er ziemlich einsam. In der Schule wird er von den tumben Fieslingen der Klasse geärgert und Freunde hat er dort auch noch keine. Als er am ersten Tag nach den Schulferien seinen Schlüssel in das alte Wohnungstürschloss steckt, stört er den dortigen Bewohner. Im Schloss wohnt ein kleines Gespenst, ein Schlossgespenst! Paul kann es nicht fassen, so etwas aufregendes hat er noch nie erlebt! Er darf ihm sogar noch einen Namen geben! Der ist bald klar, so oft wie der neue Gast „Zippelzefix!“ sagt. Doch scheint auch dieses neue Glück bedroht. Pauls Eltern finden das alte Schloss nicht mehr sicher genug und wollen es austauschen lassen. Doch wohin dann mit Zippel? In einem Sicherheitsschloss ist kein Platz mehr für Bewohner. Gemeinsam stromern sie durch das Haus, auf der Suche nach Türen die noch alte Schlösser haben. Zippel ist noch sehr jung und hat jede Menge Unsinn im Kopf. Da bleiben die Komplikationen nicht aus, aber langweilig ist es nie!

Ich habe dieses Vorlesebuch meinen Nachbarskindern 5 und fast 8 und meiner jüngsten Tochter vorgelesen. So ganz überzeugt, daß es auch etwas für die Jüngste war, so ganz ohne Prinzessin, Meerjungfrau oder weibliche Heldin, war ich ja nicht. Das war ein ganz großer Irrtum! Die Kinder haben es geliebt und die Jüngste Debbie begrüßte mich nur noch mit „Zippel!“ Man kann diese Geschichte aber auch herrlich mehrstimmig vorlesen, denn so ein junges, freches Gespenst spricht ja schon anders, als ein Schuljunge oder seine merkwürdige Nachbarin mit dem zusammengekniffenen Auge. Den Begriff „Schlüsselkind“ kannten meine Zuhörer noch gar nicht, sie fanden das sehr spannend. Die Vorstellung jeden Tag längere Zeit alleine zu Hause, was man da wohl anstellen könnte? Das hat ihre Fantasie schon sehr beflügelt. Nicht so sehr jedoch, wie die Idee in antiken Türschlössern nach Gespenstern zu suchen. Sehr gut gefiel ihnen der Gedanke, daß Zippel auch tagsüber aktiv war und gar nicht völlig unsichtbar, sondern einfach eine neblige kleine Gestalt. Wenn er nicht gesehen werden will, schwebt er einfach unter die Decke, da ist er prima getarnt, denn Decken sind ja meistens weiß! So kann Zippel Paul dann sogar unauffällig in die Schule begleiten und dort für Paul für Gerechtigkeit sorgen. So ein Zippel, der sich für einen einsetzt, wenn man gerade in arger Bedrängnis ist, ist ein echter Kindertraum!

Die Geschichte ist in der neuen „Vorlesegeschichten“-Reihe von dtv-Junior erschienen und daher nicht bei Antolin gelistet (zumindest enthält es keinen entsprechenden Hinweis) und entspricht auch sonst nicht den Vorgaben für Bücher für Erstleser, es ist wirklich zum Vorlesen gedacht, was meine Zuhörer prima fanden, obwohl zwei von ihnen es auch hätten lesen können. Kinder im vorgegebenen Alter, die aber schon sehr lesesicher sind, können es natürlich auch alleine lesen. Die Schrift ist recht groß mit großem Zeilenabstand, so daß auch ältere Vorleser es gut und entspannt vorlesen können (also Vorleser, die noch keine Star-OP hinter sich haben, oder Eltern, die noch keine Lesebrille suchen). Die farbigen Illustrationen haben allen drei Kindern und mir sehr gut gefallen. Sie sind lustig und passen sehr gut zum dazugehörigen Text. Bisweilen sind sie sogar ganzseitig. Das empfohlene Alter ist 6 - 9 Jahre. Meine jüngste Zuhörerin mit 5,5 Jahren liebte das Buch. Allerdings fanden sie es so toll, daß ich es in 3 oder 4 Tagen zu Ende gelesen haben, also immer wirklich lange Passagen gelesen habe. Bei dem letzten Abschnitt murrte Debbie dann auch tatsächlich: „Wann kommt denn endlich das nächste Bild?“, denn das vorletzte Kapitel hat tatsächlich kein einziges. Die Geschichte ist wirklich wunderbar, aber die Altersvorgabe ist wirklich zutreffend. Jüngere Kinder hätten Probleme so lange konzentriert die reinen Textpassagen zu verfolgen. Super fand Debbie das Buch aber dennoch und war traurig, als es dann doch zu Ende war. Die Geschichte ist wirklich witzig. Zippels „Zippelzefix“ und seine Buchstabendreher bei unbekannten Wörtern haben die Kinder zum Kichern gebracht, ebenso wie seine Versuche für Ordnung zu sorgen. Die Ideen sind neu und nicht abgedroschen, so daß uns die Geschichte immer wieder überraschen konnte. Mit Spannung haben die Kinder verfolgt, wie Paul verzweifelt mit Zippel nach einem neuen zu Hause gesucht hat, wo doch nun der Ausbau seines Türschlosses bevorstand. Die Vorstellung, daß Zippel dann Paul nicht mehr nach der Schule Gesellschaft leisten könnte, fanden sie schon wirklich traurig und die Handlung dadurch um so spannender.

Autor Alex Rühle ist nach zahlreichen unterschiedlichen Tätigkeiten inzwischen Kulturredakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Er lebt mit seiner Familie in München in einer Wohnung mit uraltem Türschloss, aber das Schlossgespenst hat sich noch nicht offenbart. Dies ist sein erstes Kinderbuch.

Axel Scheffler ist als Illustrator der Grüffalo Geschichten von Julia Donaldson schon ein Klassiker unter den Kinderbuch-Illustratoren. In Hamburg geboren zog es ihn zum Studium an der Bath Acacdemy of Art nach England wo er mittlerweile mit seiner Familie in London lebt.

Eine emotionale, witzige und spannende Vorlesegeschichte, die meine 3 Zuhörer und die Vorleserin geliebt haben.

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