Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst, Alex Rühle, Ill. Axel
Scheffler, dtv junior
Paul ist ein Schlüssselkind. Sein Vater unterrichtet in einer Firma das
Programmieren und seine Mutter ist Opernsängerin. Wenn er aus der
Schulbetreuung nach Hause kommt, ist die Wohnung noch leer und er ziemlich
einsam. In der Schule wird er von den tumben Fieslingen der Klasse geärgert und
Freunde hat er dort auch noch keine. Als er am ersten Tag nach den Schulferien
seinen Schlüssel in das alte Wohnungstürschloss steckt, stört er den dortigen
Bewohner. Im Schloss wohnt ein kleines Gespenst, ein Schlossgespenst! Paul kann
es nicht fassen, so etwas aufregendes hat er noch nie erlebt! Er darf ihm sogar
noch einen Namen geben! Der ist bald klar, so oft wie der neue Gast
„Zippelzefix!“ sagt. Doch scheint auch dieses neue Glück bedroht. Pauls Eltern
finden das alte Schloss nicht mehr sicher genug und wollen es austauschen
lassen. Doch wohin dann mit Zippel? In einem Sicherheitsschloss ist kein Platz
mehr für Bewohner. Gemeinsam stromern sie durch das Haus, auf der Suche nach
Türen die noch alte Schlösser haben. Zippel ist noch sehr jung und hat jede
Menge Unsinn im Kopf. Da bleiben die Komplikationen nicht aus, aber langweilig
ist es nie!
Ich habe dieses Vorlesebuch meinen Nachbarskindern 5 und fast 8 und meiner
jüngsten Tochter vorgelesen. So ganz überzeugt, daß es auch etwas für die
Jüngste war, so ganz ohne Prinzessin, Meerjungfrau oder weibliche Heldin, war
ich ja nicht. Das war ein ganz großer Irrtum! Die Kinder haben es geliebt und
die Jüngste Debbie begrüßte mich nur noch mit „Zippel!“ Man kann diese
Geschichte aber auch herrlich mehrstimmig vorlesen, denn so ein junges, freches
Gespenst spricht ja schon anders, als ein Schuljunge oder seine merkwürdige
Nachbarin mit dem zusammengekniffenen Auge. Den Begriff „Schlüsselkind“ kannten
meine Zuhörer noch gar nicht, sie fanden das sehr spannend. Die Vorstellung
jeden Tag längere Zeit alleine zu Hause, was man da wohl anstellen könnte? Das
hat ihre Fantasie schon sehr beflügelt. Nicht so sehr jedoch, wie die Idee in
antiken Türschlössern nach Gespenstern zu suchen. Sehr gut gefiel ihnen der
Gedanke, daß Zippel auch tagsüber aktiv war und gar nicht völlig unsichtbar,
sondern einfach eine neblige kleine Gestalt. Wenn er nicht gesehen werden will,
schwebt er einfach unter die Decke, da ist er prima getarnt, denn Decken sind
ja meistens weiß! So kann Zippel Paul dann sogar unauffällig in die Schule
begleiten und dort für Paul für Gerechtigkeit sorgen. So ein Zippel, der sich
für einen einsetzt, wenn man gerade in arger Bedrängnis ist, ist ein echter
Kindertraum!
Die Geschichte ist in der neuen „Vorlesegeschichten“-Reihe von dtv-Junior
erschienen und daher nicht bei Antolin gelistet (zumindest enthält es keinen
entsprechenden Hinweis) und entspricht auch sonst nicht den Vorgaben für Bücher
für Erstleser, es ist wirklich zum Vorlesen gedacht, was meine Zuhörer prima
fanden, obwohl zwei von ihnen es auch hätten lesen können. Kinder im
vorgegebenen Alter, die aber schon sehr lesesicher sind, können es natürlich
auch alleine lesen. Die Schrift ist recht groß mit großem Zeilenabstand, so daß
auch ältere Vorleser es gut und entspannt vorlesen können (also Vorleser, die
noch keine Star-OP hinter sich haben, oder Eltern, die noch keine Lesebrille
suchen). Die farbigen Illustrationen haben allen drei Kindern und mir sehr gut
gefallen. Sie sind lustig und passen sehr gut zum dazugehörigen Text. Bisweilen
sind sie sogar ganzseitig. Das empfohlene Alter ist 6 - 9 Jahre. Meine jüngste
Zuhörerin mit 5,5 Jahren liebte das Buch. Allerdings fanden sie es so toll, daß
ich es in 3 oder 4 Tagen zu Ende gelesen haben, also immer wirklich lange
Passagen gelesen habe. Bei dem letzten Abschnitt murrte Debbie dann auch
tatsächlich: „Wann kommt denn endlich das nächste Bild?“, denn das vorletzte
Kapitel hat tatsächlich kein einziges. Die Geschichte ist wirklich wunderbar,
aber die Altersvorgabe ist wirklich zutreffend. Jüngere Kinder hätten Probleme
so lange konzentriert die reinen Textpassagen zu verfolgen. Super fand Debbie
das Buch aber dennoch und war traurig, als es dann doch zu Ende war. Die
Geschichte ist wirklich witzig. Zippels „Zippelzefix“ und seine
Buchstabendreher bei unbekannten Wörtern haben die Kinder zum Kichern gebracht,
ebenso wie seine Versuche für Ordnung zu sorgen. Die Ideen sind neu und nicht
abgedroschen, so daß uns die Geschichte immer wieder überraschen konnte. Mit
Spannung haben die Kinder verfolgt, wie Paul verzweifelt mit Zippel nach einem
neuen zu Hause gesucht hat, wo doch nun der Ausbau seines Türschlosses
bevorstand. Die Vorstellung, daß Zippel dann Paul nicht mehr nach der Schule
Gesellschaft leisten könnte, fanden sie schon wirklich traurig und die Handlung
dadurch um so spannender.
Autor Alex Rühle ist nach zahlreichen unterschiedlichen Tätigkeiten
inzwischen Kulturredakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Er lebt mit seiner
Familie in München in einer Wohnung mit uraltem Türschloss, aber das
Schlossgespenst hat sich noch nicht offenbart. Dies ist sein erstes Kinderbuch.
Axel Scheffler ist als Illustrator der Grüffalo Geschichten von Julia
Donaldson schon ein Klassiker unter den Kinderbuch-Illustratoren. In Hamburg
geboren zog es ihn zum Studium an der Bath Acacdemy of Art nach England wo er
mittlerweile mit seiner Familie in London lebt.
Eine emotionale, witzige und spannende Vorlesegeschichte, die meine 3
Zuhörer und die Vorleserin geliebt haben.
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