Sonntag, 7. Oktober 2018

Willow in Deutschland, Stefan Rensch, gelesen von Christian Ulmen, Random House Audio



Willow in Deutschland, Stefan Rensch, gelesen von Christian Ulmen, Random House Audio

Die Menschheit steht kurz davor einen weiteren Entwicklungsschritt zu machen und intelligent zu werden! Höchste Zeit diese Spezies noch rechtzeitig zu erforschen, ehe es so weit ist und einen Beobachter auf die Erde zu schicken. Daher wird Willow in einen Tarnkörper gesteckt, der einem Durchschnittstypen entspricht, die Intelligenz drastisch herunter gefahren und er für ein Jahr nach Deutschland geschickt. Dort ist er artgerecht in einem Mehrfamilienhaus in der Nähe von Düsseldorf, in einem wohlhabenden Ort genannt L.A., in einem sozial sich eher auf dem absteigenden Ast befindlichen Stadtteil untergebracht. Um die Ergebnisse forschungsrelevanter zu gestalten bekommt Willow gerade zu Beginn immer wieder Forschungsaufgaben, wie Kontaktaufnahme zu den Einheimischen aufzubauen. Willow stellt sich daher den Mitbewohnern des Hauses vor. Anders als Willow, repräsentieren die Nachbarn nicht unbedingt den Durchschnitt. Da wäre Witwe M.M., die meint, mit einer gewissen Ikone nicht nur die Anfangsbuchstaben gemein zu haben, Klaus, ein Metall-Fan alter Schule, Karla, die etwas schwierige Kunststudentin, Chicago Hurensohn ein noch nicht aufgegangener neuer Stern am Rap-Firnament und Torben, ein Cineast und Kenner der Filmsparte ab 18 Jahren, so wie Ramid, der CEO mit Migrationshintergrundes der Trinkhalle an der Ecke. Eigentlich passt das alles so gar nicht zusammen, aber Willow geht so offen und unbedarft auf alle zu, daß schließlich sogar Karla ihn in ihr Herz schließt.

Willow ist eigentlich total unbedarft, was die Menschheit angeht und wundert sich zu Beginn vor allem, auch nach einem Jahr, hat er noch nicht alle Feinheiten durchschaut, aber schon eine Menge kennengelernt und sich gut angepasst. Das Schöne an Willow ist die Unbekümmertheit, mit dem er alles aufnimmt und sich an seine Aufträge heranwagt. Der Humor ist hier nicht von der Sorte, daß der dumme Außerirdische über Lichtschalter und Klospülungen staunt. Nein, Willow bekommt z.B. den Auftrag Kontakt zu Frauen aufzunehmen. Der Kioskbesitzer hält sich gleich für den optimalen Ansprechpartner, der Willow auch sogleich zu Weiterbildungszwecken sämtliche Frauenzeitschriften seines Sortiments aufs Auge drückt. Nach eingehender Lektüre begibt sich dann Willow an den Feldversuch. Seine Sprüche aus den Frauenzeitschriften, kommen bei der realexistierenden Damenwelt ebenso wenig an, wie die Aufreißsprüche, der er nach Filmabenden mit Pornofan Torben vom Stapel lässt. Klar, man weiß, daß Willow nun Blödsinn loslassen wird, wenn er versucht sich den Frauen zu nähern, aber wie Christian Ulmen das mit naiv-treuer Art so an die Frau bringt, da mußte ich sowohl hinterm Steuer, als auch beim Kochen laut loslachen. Das Schöne ist, daß man Christian Ulmen kennt und sein Image entspricht dem von Willow ganz herrlich. Er ist für mein Empfinden die absolut perfekte Wahl. Dadurch ist es nie schmierig oder anrüchig. Willow versucht stets seiner Aufgabe gerecht zu werden und sich einzudenken. Sei es bei seinen Versuchen Geld zu verdienen oder als Weggefährte des Old-School-Rappers Chicago. Stefan Rensch trifft dabei den Ton der zu parodierenden Gruppe hervorragend, aber ohne das man sagen muß „ja, so isses halt, ja und?“, er kombiniert die Phrasen und Clichés herrlich neu. So, wie auch Willow das Stadt-Marketing neu erfindet. Dabei kommen auch Themen wie das deutsche Vereinsleben, Oper, Kultur, Shoppingmalls, Köln-Chorweiler, Berlin und seine Party-Kultur, der Weihnachtsmann, die Gentrifzierung, Gleichstellungsbeauftragte, Sissi, Heinz-Ehrhardt und des Deutschen liebstes Haustier nicht zu kurz. Denn ja, Willow wird auch innerhalb dieses Jahres Halter eines Haustieres, auch wenn ihm dieses Konzept bis zuletzt sehr befremdet. Z.T. Ein herrlicher Nonsens, der uns selbst von außen über uns selbst lachen lässt.

Willow ist einfach schräg und wunderbar liebenswert, kein Wunder, daß jeder noch so skurrile Nachbar letztendlich an ihm hängt.

Autor Stefan Rensch ist Jahrgang 1979, dessen sollte man sich bewußt sein. Ich denke es hilft ungemein, wenn die Zuhörer so zwischen 1964 bis 1983 geboren sind, um die Anspielungen alle zu verstehen. Gerade die Bands aus dem Metall-Bereich sind jüngeren Zuhörern wahrscheinlich ansonsten kein Begriff, während Ältere wiederum mit Tocotronic herzlich wenig anfangen können. Es hilft auch sehr, das Düsseldorfer Umfeld zu kennen und die WDR-Radiolandschaft, sprich 1 Live. Sprich, o.k. Ich falle absolut ins Raster der Zielgruppe, so kommt es auch daß ich wirklich mehrfach laut und herzlich losgelacht habe, während ich einige gesellschaftskritische Parodien im Kino (z.B. Rossini und Late Night) zum Gähnen fand. Dieses Hörbuch fand ich sehr witzig, auch ohne den beschriebenen Berufsgruppen anzugehören, sondern zu denen, die laut Willows Zukunftsforschung absolut überflüssig, da durch Computer ersetzt werden (wie gut, daß ich bereits ein paar Beitragsmonate absolviert habe ;))

Das Hörbuch ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden, dessen Anspielungen man beim Anhören dieser Geschichte lachend versteht. Viel Spaß innerhalb dieses einen Jahres mit Willow in Deutschland, ehe ihn seine Forschungen wieder weiter führen. 

Vielen lieben Dank an Random House Audio, da hatte ich dank Euch richtig Spaß bei der öden Hausarbeit!

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