Mit Pauken und Trompeten: Das Gespenst von Canterville,
Orchester Hörspiel, Oscar Wilde, Headroom
Ich liebe Oscar Wilde und habe mit dieser Geschichte
angefangen, die ich als Kind unglaublich traurig fand, da ich mir die Kraft der
Liebe noch nicht so vorstellen konnte, wohl aber den Tod. Daher war ich auf
diese Vertonung gespannt, da ich gerne klassische Musik mag.
Die amerikanische
Botschafter Otis zieht mit seiner Familie auf Schloss Canterville ein, wo schon
seit 400 Jahren Sir Simon spukt. Allerdings lassen sich die Amerikaner nicht
von ein wenig Kettenrasseln, Türen knallen und Blutflecken beeindrucken. Sir
Simon, ein eigentlich gar übler Bursche zu Lebzeiten, ist verzweifelt, das hat
er ja noch nie erlebt. Es ist doch seine Aufgabe die neuen Schlossbewohner zu
Tode zu erschrecken! Während die Zwillingssöhne der Familie Otis ihm fiese
Streiche spielen, hat ihre ältere Schwester Virginia ein weiches Herz. Sie hat
Mitleid mit Sir Simon, der das Spuken leid ist und sterben möchte, damit er
endlich Frieden findet. Kann sie ihn erlösen?
Empfohlen wird diese Aufnahme für die Altersklasse 6-7 Jahre
alt. Für meine sensible 8 Jährige ist dies aber ungeeignet. Es ist ja keine
klassische Spukgeschichte, sondern behandelt das ernste Thema der Erlösung
durch den Tod, die Kraft der Liebe. Ich war als Kind beim erstmaligen Lesen
sehr enttäuscht, weil ich damals einfach zu jung für diese Geschichte war. Für
Kinder in der Altersklasse 6-7 Jahre noch etwas abstrakt. Doch die Stimmen sind
ausgesprochen gut gewählt, Laura Maire spricht warm und lebendig. Der
Hörspielteil ist wirklich sehr sensibel umgesetzt, auch wenn ich die
Altersempfehlung nicht teilen kann. Die musikalische Umsetzung ist für Kinder
allerdings recht gewöhnungsbedürftig. Klassik für Kinder ist meist eingängig
und wohlgefällig. Auch nach mehrfachem Hören fing ich nicht an mitzusummen.
Dafür ist es dem Komponisten aber durchaus gelungen, den Grusel, den Sir Simon
nicht wirklich zu verbreiten vermag, musikalisch umzusetzen. Ich habe diese CD
mehrere Nächte hintereinander zum Einschlafen gehört und hatte wirklich keine
ruhigen Träume, bis ich mir eine andere Gute-Nacht-Geschichte suchte.
Thematisch hat der Komponist das Thema somit perfekt umgesetzt, allerdings für
meinen Geschmack zu perfekt für Kinder dieser Altersgruppe, die für Ängste
durch unbewußte Klänge sehr empfänglich sind. Die Musik ist also atmosphärisch
sehr passend, aber dann doch passender für Erwachsene oder ältere Kinder. Die
Musik ist nicht abstoßend, aber eben auch schon etwas anspruchsvoller. Für
jüngere Hörer ist es aber sehr gelungen, daß Laura Maire als Virginia anfangs
eine Einführung in das Stück gibt und dabei auch die Bassklarinette und ihren
Klang vorstellt. Das kleine Beiheftchen enthält noch Erläuterungen des
Komponisten Henrik Albrecht zur Einführung von Kindern in die klassische Musik.
Es wird der Aufbau einer Geige erläutert und ihre wichtige Rolle im Orchester,
die Bedeutung eines Tremolos, das Zupfen der Streicher, das Pizzicato genannt
wird und vieles andere. Klar, einigen Erwachsen und größeren Kindern ist dies
möglicherweise bekannt, aber sicher nicht allen. Dieses Werk richtet sich auch
an wissbegierige Zuhörer, die gerne auf anregende Weise dazu lernen und nicht
bloß konsumieren möchten. Diesem Anspruch wird diese Aufnahme zweifelsohne
gerecht.
Mir fällt die Bewertung mit Sternen sehr schwer, da die
Umsetzung mit Orchester sehr gelungen ist, wenn auch recht anspruchsvoll. Daher
ist sie wirklich sehr empfehlenswert ab mindestens 10 Jahren und auch für
Erwachsene. Oscar Wildes Geschichte ist zeitlos und wunderschön, für Kinder von
6 Jahren allerdings zu anspruchsvoll. Oscar Wilde verbindet Witz, Ironie,
Weisheit und Weitsicht wunderbar in dieser Geschichte. 6 Jährige vermögen die
Tragweite dieses modernen Märchens nicht in ihrer vollen Tiefe zu verstehen.
Für 6 Jährige daher nur 3 Sterne, für Kinder ab mind. 10
Jahren und Erwachsene allerdings 5 Sterne. Diese Umsetzung dieses gar nicht so
einfachen Stoffs von Oscar Wilde ist mit viel Liebe zum Detail und Kenntnis der
Vorlage erfolgt.
Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses wunderbare
Rezensionsexemplar bei Headroom Productions
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