Mord auf Entzug, Werner Gerl, Allitera
Die burschikose Kommissarin Irene Rosen ist seit 5 Jahren
von ihrem Ex-Mann Karl, einem untreuen korrupten jetzt Ex-Polizisten getrennt.
Ihre Onlinedates sind sehr ernüchternd und nüchtern wohl nur schwer zu
ertragen, daher hört sie das Telefon nicht, als sie zum Einsatz in die
Nobelentzugsklinik Katharsis gerufen wird. Ihr gedanklich schon pensionierter
Kollege übernimmt den frischen Tatort rund um den Leichnam des ermordeten
Klinikleiters und als sie mit deutlicher Verspätung dort ankommt, scheinen sich
ihre schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Neben der alternden Diva Lola
Ries trifft sie dort auch auf den Verschwörungsautor Ferner, Popstar und
Frauenschwarm Thommy Martin und ihren damaligen Trennungsgrund Topmodel Diana
Hofer. Obwohl sich die vier Patienten gegenseitig nicht ausstehen können
verbünden sie sich jedoch gegen die toughe Kommissarin, deren Zuspätkommen
anhand des Knutschflecks am Hals Anlass für lautstarke Spekulationen gibt. Wie
gut, daß der neue Kollege Andrea Popolo dies nicht miterleben muss, da er
vorerst der trauernden Witwe einen Besuch abstatten soll und anschließend deren
Anwalt. Auch wenn die Witwe ein wasserdichtes Alibi hat, so scheint mit ihr
etwas nicht zu stimmen. Dafür verrät die Klinikpsychologin Irene Rosen sofort,
was wohl ihrer Meinung nach nicht mit ihr stimmt. Daran hat die Kommissarin
erst einmal zu knabbern, während sich der Kommissaranwärter Popolo über einen
Undercovereinsatz hautnah an seinen Lieblingspromis freut.
Kommissarin Rosen ist burschikos und hält alle durch Ironie
auf Distanz. Dennoch finde ich sie sehr liebenswert und mag ihren Humor, er ist
so angenehm anders, als dieses Gezicke zwischen den weiblichen Patientinnen des
Kartharsis oder die Übersexualisierung der lustigen Witwe. Besonders gefallen
hat mir, daß sie auch bereit war sich selbst in Frage zu stellen. Und wenn sie
einmal eine Witterung aufgenommen hat, lässt sie nicht locker, sehr zum
Missfallen des Herrn Kriminalrats.
Ich hatte ja bei diesem Buch etwas Angst, es könnte so
Clichée überladen sein, daß es mich so langweilen würde wie die Filme Rossini
und Late Night Show. Zum Glück war dem nicht so.
Auch wenn die süchtigen Promidamen natürlich die gängigen
Vorurteile bedienen, sind sie dennoch keine Abziehbilder, sondern klar
charakterisiert, wenn auch nicht sehr sympathisch.
Lola Ries würde mir im wahren Leben wohl total auf den Geist
gehen, aber hier finde ich ihre Sprüche doch bisweilen sehr lustig.
Es sind aber auch Kleinigkeiten, die mir an diesem Buch so
gefallen. Als Irene Rosen sich auf Anraten der Psychologin Laura Groß versucht
auf ihre weibliche Seite zu besinnen, folgen interessante Gedanken zu Make up,
Maniküre und Styling. Die ließen mich grinsen. Gibt es wirklich Männer, die auf
künstliche Nägel stehen? Wahrscheinlich schon, denn wie dieses Buch zeigt, ist
ja auch der Geschmack hinsichtlich des bevorzugten Frauentyps zum Glück nicht
bei allen Männern gleich.
Aber nein, dies ist nicht unbedingt ein Frauen Krimi,
anfangs dachte ich gar, es sei ein echter Männerkrimi.
Sehr gut fallen hat mir, daß alle Dreck am Stecken haben.
Dadurch sind die Fährten sehr verwirrend, die Kommissarin muß ermitteln, welche
verwirrenden Ungereimtheiten oder Indizien zu welcher Tat oder welchem
Geheimnis gehören. Im Katharsis lauert das Böse quasi hinter jeder Ecke und
auch wenn die Kommissarin eigentlich „nur“ einen Mord aufklären soll, findet
sie noch deutlich mehr größere und kleinere Straftaten. Dabei befällt mir, daß
die Taten nicht nur von den Promis begangen wurden und nicht einfach weil
Promis böse und überheblich sind. Es ist oft die Sucht die aus Verzweiflung
oder vermeintlicher Ausweglosigkeit zu den Taten trieb.
Ein wirklich toller Krimi der von mir ganz klar 5 von 5
Sternen erhält, von denen ich aber leider einen wieder abziehen muss, weil die Druckqualität,
das Lektorat und das Einbandmaterial qualitativ zu wünschen übrig lassen.
Druckfehler kommen in fast allen Büchern vor, aber hier standen öfters mal
falsche oder zu viele Wörter (Wortverdoppelungen) in einem Satz. Das hat gerade
bei der spannenden Aufklärung echt genervt, daher „nur“ gute 4 von 5 Sternen
für einen 5 Sterne Krimi.
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