Die Morde von Morcone, Stefan Ulrich, ungekürzt gelesen von Philipp Schepmann, Headroom
Der Münchner Wirtschaftstrafrechtler Robert Lichtenwald
flüchtet in seinem Sabbatjahr vor seinem vermurksten Privatleben in sein
Landhaus in der idyllischen Maremma in der südlichen Toskana. Hier hatte er
sich mit seiner Frau Stefanie in diesem scheinbaren Paradies, ein Refugium
eingerichtet auf einem gräflichen Landgut, um ihre Ferien und den Lebensabend
zu genießen. Doch vor lauter Arbeit ist sein Leben an ihm vorbeigerauscht und
seine Frau davon gelaufen. Allerdings hängen Wolken über dem Paradies. Eine
Mordserie, die mit dem Tod einer hermaphroditischen Prostituierten begann und
dessen Opfer alle seltsame Buchstaben in die Haut geritzt bekommen haben,
erschüttert bald die Gegend. Jeden Montag fürchtet sich schon bald die
Bevölkerung davor, wo die nächste Leiche auftauchen könnte und wer das nächste
Opfer ist. Statt sich seine Wunden zu lecken, ziehen ihn der Graf von Morcone
und die ebenso attraktive, wie eigensinnige Lokaljournalistin und
Schreibwarenhändlerin Giada Bianchi in die Ermittlungen hinein. Obwohl die
Opfer scheinbar keinerlei Verbindungen untereinander hatten, zeichnet sich doch
langsam ein bizarres religiös fanatisches Motiv ab. Doch wer könnte dahinter
stecken?
Der Krimi beginnt gleich zu Beginn mit einem bizarren Mord.
Dennoch ist er kein blutrünstiger Reißer, sondern ein atmosphärisches Bild
dieser eher unbekannteren Gegend der Toskana, die noch nicht vom
Massentourismus überrollt wurde. Die Beschreibungen der Landschaft und
regionalen Eigenheiten nehmen jedoch nicht überhand, sondern zieren mehr die
Ermittlungen des ungleichen Gespanns aus Robert Lichtenberg und der jungen
Italienerin Giada. Als Einheimische, die nach einer privaten Bruchlandung mit
ihrem Sohn wieder in die Heimat zurückkehrte, hat sie Verbindungen in die
Reihen der Carabinieri. Aber es verbindet sie mehr mit den Fällen, denn
irgendwie scheinbar es auch eine persönliche Verbindung zu geben. Doch was kann
der ausgebrannte sich selbst bedauernde deutsche Wirtschaftsjurist mit dieser
Todesserie zu tun haben? Mir gefiel gut, daß Lichtenberg sich nicht aus
Langeweile begeistert in die Ermittlungen stürzt, sondern gegen seinen Willen
verwickelt wird. Daß eine Journalistin, die sich in der Toskana langweilt und
den wilden Zeiten in Rom nachtrauert, waghalsig den Spuren nachgeht, ist für
mich deutlich nachvollziehbarer. Dennoch sind die zwei ein gutes Gespann. Sie
ergänzen sich in ihren sehr unterschiedlichen Temperamenten und Giadi gibt
Lichtenberg etwas von seiner verlorengegangen Leichtigkeit und Energie zurück.
Die Suche nach dem Täter ist vor allem mysteriös und
geheimnisvoll. Es werden Spuren gelegt, Verdächtige verhaftet und wieder laufen
gelassen. Die ermittelnden Beamten spielen eher am Rande eine Rolle, als würden
die Carabinieri, die in Italien wohl keinen allzu guten Ruf haben, eher als
running gag in ihrer Ineffizienz auftauen. Trotz aller Möglichkeiten und
Mittel, kommen sie der Lösung nicht näher, da sie zu eingefahren denken. Diese
Taten eines Fanatikers sind jedoch für normale Menschen nicht nachvollziehbar.
So zieht sich die Schlinge immer enger um Lichtenberg und Giadi, ohne dass sie
es merken und es kommt zum spannenden und dramatischen Showdown.
Stefan Ulrich ist ein sehr atmosphärischer Toskana Krimi
gelungen, der trotz der heftigen Morde dennoch eine ländliche Ruhe ausstrahlt.
Sprachlich elegant und mit philosophischem Esprit gewürzt, durch die Gespräche
mit dem hochgebildeten Grafen und dessen Eremiten, ist dem Autor mit diesem
ersten Fall des frustrierten Münchner Wirtschaftsjuristen in der Toskana ein
interessanter Krimi, jenseits der Masse gelungen.
Philipp Schepmann, der mir bislang vor allem als Sprecher
der Hörbücher des Kleinen Drachen Kokosnuss bekannt war, liest mit angemessener
Betonung und warmer Stimme. Für mich mit rudimentären Italienisch
Aussprachekenntnissen klingen seine zahlreichen Zitate/Sätze und Namen sehr
authentisch gesprochen, sehr melodisch. Allerdings liegt hier auch die Crux. Es
ist schon eine Vielzahl von Personen, die jetzt nicht alle Einheitsnamen wie
Anna, Maria, Pepe oder Guiseppe tragen. Ein Personenverzeichnis im Inlay hätte
mir sehr geholfen, mich mit der Vielzahl an Personen zu Recht zu finden. Gerade
die Carabinieri, deren Dusseligkeit der Auflockerung der Stimmung dienen
sollten, habe ich durcheinander geworfen, weil ich ihre Namen nicht lesen
konnte. Hierdurch wurde für mich ein wenig Potenzial verschenkt.
Sehr gut gefallen hat mir aber neben der angenehmen Stimme
des Sprechers, die gute Taktung der Tracks zum Wiedereinstieg (wenn mal wieder
jemand in die Küche stürmt, während ich das Angenehme mit dem Nützlichen
verbinde) hat mir ebenso gefallen, wie die hervorragende Balance der
Lautstärke. Nachdem das bei meinen letzten Hörbüchern leider nicht immer der
Fall war, ist mir hier wieder aufgefallen, wir super angenehm und praktisch es
ist, wenn man die gesamte Geschichte mit einer einheitlichen Lautstärke
durchhören kann.
Ein guter interessanter und spannender Toskana-Krimi, den
ich gerne mit 4 von 5 Sternen weiterempfehle.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei den headroom sound
productions für diese anregende Unterhaltung, die ich rezensieren durfte.
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