Sonntag, 28. Juli 2019

Teestunde mit Todesfall – Ein Fall für Wells & Wong (2), Robin Stevens, Knesebeck Verlag



Teestunde mit Todesfall – Ein Fall für Wells & Wong (2), Robin Stevens, Knesebeck Verlag

Fallingford April 1935: Die Osterferien des Internats Deepdean verbringt die 13 jährige Hongkong Chinesin Hazel Wong wieder auf dem Landsitz der Familie Wells, gemeinsam mit ihrer Freundin Daisy, deren 14. Geburtstag ansteht. Wie schon in den Weihnachtsferien hat auch Daisys älterer Bruder Bertie seinen Schulfreund Stephen wieder aus Eton mitgebracht. Außerdem sollen Großtante Saskia, Onkel Felix, ihre Schulfreundinnen Kitty und Küken zur Feier erscheinen und gänzlich unerwartet für Daisy erscheint der ebenso gutaussehende wie dreiste und unverschämte Mr. Curtis, ein viel zu guter Freund ihrer schönen Mutter Lady Hastings. Ebenso überraschend wurde eine neue Gouvernante Miss Alston eingestellt, um die Mädchen zu beschäftigen und ihnen auch während der Ferien etwas bei zu bringen. Während der Unterricht bei ihr außergewöhnlich viel Spaß macht, ist sie dennoch irgendwie keine rechte Gouvernante und gibt den Mitgliedern der Detektei Wells & Wong echte Rätsel auf. Diese treten allerdings in den Hintergrund, als Mr. Curtis bei Daisys Geburtstagskaffeekränzchen vor aller Augen vergiftet wird. Da es in Strömen regnet und niemand ohne eine Wasserspur zu hinterlassen ins Haus käme, kann der Täter nur aus dem Kreis der Hausbewohner stammen. Dieser Fall ist so persönlich, daß selbst Daisy nicht immer einen kühlen Kopf behalten kann, doch da kommt Hazels große Stunde.

Dies ist der zweite Fall der streng geheimen Internatsschülerinnen-Detektei Wells & Wong, mit einem weiteren Mord in den höheren Kreisen – wie ungebührlich!
Zu Beginn lernt der Leser Daisys Familie und die Dienstboten kennen. Die Stimmung ist gut, auch wenn Daisy sich ärgert, daß ihre Mutter sie behandelt wie ein Kind und offensichtlich dicke Luft zwischen ihren Eltern herrscht. Dies steigert sich noch, als Mr. Curtis auftaucht, der jedem außer Lady Hastings absolut  unangenehm ist. Es ist ein Fall einer geschlossenen Gesellschaft. Eigentlich kann es doch keiner der Anwesenden gewesen sein! Daisy und ihre Freundinnen standen zu weit entfernt, weil Daisy schmollte, daß ihre Mutter einen Kindergeburtstag zu ihrem 14. organisiert hatte, aber sonst hätte es jeder in diesem dichten Gedränge um die Kaffeetafel sein können und somit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß es jemand ist, der Daisy am Herzen liegt. Miss Alston verhält sich nun noch verdächtiger als bisher schon, aber welches Motiv könnte sie haben? Auch Onkel Felix, der unbedingt die Polizei heraushalten will wird immer undurchsichtiger. Tante Saskia stiehlt wie eine Elster, aber tötet sie deshalb auch gleich? Butler Chapmann scheint etwas beobachtet zu haben, was Lord Hastings tat und wird immer fahriger und Lord Hastings sieht immer schuldiger aus....Selbst Daisys Bruder und dessen Freund kommen als Täter in Betracht, hat doch besonders Bertie seine Mutter wegen Mr. Curtis zur Rede gestellt und sogar angebrüllt. Irgendwie scheint es diesmal besonders schwierig einen kühlen Kopf zu bewahren und rein logisch zu denken, wenn man persönlich betroffen ist.


Dieses Mal müssen Daisy und Hazel ihre Zimmergenossinnen Küken und Kitty einweihen. Dadurch bekommen sie viel mehr Kontur und Persönlichkeit als im Auftaktband im Internat, in dem die Anzahl der Verdächtigen deutlich größer ist. Das gefällt mir umso besser, da diese beiden auch noch im Halloween-Fall an der Deepdean wieder mitspielen werden. Besonders mag ich den ironischen Blick hinter die verstaubten Kulissen von Fallingford. Die angestaubte Pracht und in die Jahre gekommene Eleganz, des alten Adels, der so ein völlig anderes Selbstverständnis inne hat, als der Protz der Neureichen. Auch wenn der Fall vor fast 100 Jahren spielt und auf technische Ermittlungsmethoden verzichtet werden muss, ist Robin Stevens Sprache zwar nicht modern schnodderig, aber auch für heute Kinder und Jugendliche gut verständlich und leicht zu lesen, ohne dafür das Gespür für die Zeit zu verlieren, in welcher die Handlung spielt. Um dem Leser die eigenen Ermittlungen zu erleichtern, hat Hazel wieder einen Plan vom Grundstück und einen Grundriss der Stockwerke gefertigt, sowie ein Personenverzeichnis mit knapper Charakterisierung. Während der einzelnen Ermittlungsphasen erstellen Daisy und Hazel immer wieder Listen ihrer Verdächtigen mit Motiv und Gelegenheit und streichen nach und nach entlastete Hausbewohner ab. Manchmal stimme ich den beiden in ihrer Einschätzung nicht zu, aber sie haben ja auch kaum forensische Beweise. So macht es wieder richtig Spaß selbst mit zu rätseln und vielleicht sogar die Denkfehler der fast unfehlbaren Daisy, die sich hier sehr menschlich zeigt, aufzudecken.

Ein höchst vergnüglicher Fall, der dieses Mal keine besonderen historischen Bezüge zum Weltgeschehen hat, außer daß Hazel immer wieder darauf hinweist, wie offensichtlich unenglisch sie überall wegen ihres Aussehens auffällt und angestarrt wird. Die Größe des Empires ließ sich damals noch nicht so an der Vielfalt der Hautfarben der Bewohner Englands ablesen.

Ich liebe diese Reihe von Band zu Band mehr und wollte daher auch unbedingt noch den zweiten. Ob ich diesen Fall auch richtig gelöst hätte, wenn ich die Nachfolgebände nicht schon kennen würde, weiß ich nicht. Aber es ist wieder sehr kniffelig, die Hinweise sind alle eingestreut, da heißt es: mitknobeln!

Wieder ein gelungener kurzweiliger Band dieses eigenwilligen Ermittlerduos aus den Spuren von Sherlock und Watson.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Knesebeck Verlag für dieses Rezensionsexemplar und freue mich nun umso mehr auf den neuen Band „Mord hinter den Kulissen“ der im September erscheinen wird.

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