Ein Tropfen vom Glück, Antoine Laurain, ungekürzt gelesen von Steffen
Groth, DAV
Im Jahre 2017 wird Hubert Arnodie von Dieben in seinem Keller, des altehrwürdigen
bourgeoisen Mehrfamilienhauses in einem angesehenen Pariser Viertel
eingesperrt. Er hatte gerade inmitten des Plunders, der sich seit der Erbauung
durch seinen Vorfahren dort angesammelt hatte, eine alte Flasche Wein aus dem
Jahre 1954 entdeckt. Der etwas schrullige Hubert befürchtet die Nacht dort
verbringen zu müssen, als ausgerechnet der amerikanische Arbnb Tourist Bob ihn
hört und die junge Restaurateurin Magalie und den ebenfalls jungen Barman
Julien zu Hilfe holt. Erleichtert lädt Hubert seine Befreier zu sich auf ein
Glas des alten Weines ein. Es wird trotz der Altersunterschiede und der ganz
verschiedenen sozialen Hintergründe und Lebensabschnitte ein sehr netter und
langer Abend. Als sie ihn für beendet erklären, stellen sie fest, daß sie im Paris
des Jahres 1954 gelandet sind, dem Jahrgang des Weines und eines Jahres voller
Ufo-Sichtungen. Julien erinnert sich, daß sein Großvater damals auch ein Ufo in
der Weinregion-Beaujolais sah, ein Umstand der ihn für immer prägte. Er schrieb
sogar ein verkanntes Buch darüber, da er einen Zusammenhang zwischen
Ufo-Erscheinungen und Zeitreisen sah. Auf dem Weg zu diesem Ufo-Experten lernen
sie sich, das damalige Paris und seine legendären Stars kennen, bis sie
letztlich das Glück finden.
Dies ist eine leichte charmant-beschwingte Zeitreise in das Paris der 50er
Jahre, in dem man unbefangen den ganz Großen ihrer Zunft wie Audrey Hepburn,
Hubert de Givenchy, Jean Gabin, Edith Piaf und Francois Truffaut begegnen
konnte. Mit Staunen und Genuss erleben die Vier das Pulsieren der Stadt und vor
allem Hubert überwindet die inneren Grenzen seines Denkens, Bob findet Hilfe in
einem Beichtstuhl und Julien überkommt endlich seine eigene Schüchternheit
gegenüber Magalie, genannt Abby (aufgrund der frappierenden Ähnlichkeit zur
liebenswert exzentrischen Forensikerin aus der amerikanischen Serie NCIS).
Das Klappcover ist sehr liebevoll gestaltet z.T. Mit alten schwarz-weiß
Fotografien an der Seine und in Cafés. Es werden sofort Szenen aus alten Filmen
der damaligen Zeit vor dem inneren Auge wach.
Es ist eine charmante Wohlfühlgeschichte, bei der mir besonders die
unbefangenen Begegnungen mit den großen Legenden ihrer Zeit und das Eintauchen
in die historischen Markthallen „Les Halles“ (heute liegt unter ihnen die
größte Pariser Metrostation, die man unbedingt meiden sollte) gefallen haben.
Leider hat dieser Charme es nicht geschafft mir das Herz zu wärmen und echte
Emotionen hervor zu rufen. Das mag vielleicht an überzogenen Erwartungen
liegen, aber meist bin ich auf diesem Gebiet recht flexibel. Ich denke aber,
daß es vor allem am Sprecher Steffen Groth liegt. Steffen Groth ist ein sehr
bekannter und viel gesehener Fernsehschauspieler Jahrgang 1974, gutaussehend
und sympathisch, dessen Stimme mir in Kombination mit seiner Optik nie Probleme
bereitet haben. Hier versucht er jedoch die verschiedenen Charaktere vor allem
durch unterschiedliche Stimmen darzustellen, statt durch subtile Emotionen.
Besonders bei Bob und Hubert klingt er mir zu gepresst und beide klingen für mich
daher auf unterschiedliche Weise vertrottelt, der eine versnobt vertrottelt,
der andere amerikanisch-klischeehaft vertrottelt. Das hat bei mir eine
unerwünschte emotionale Barriere aufgebaut. Wenn man genau auf den Text achtet,
ist Bob eigentlich liebenswert, wenn auch sehr klischeebehaftet amerikanisch.
Aber sein viel zu breiter aufgesetzter Akzent ist mir bisweilen richtiggehend
auf die Nerven gegangen. Julien und Magalie gefielen mit deutlich besser,
ebenso wie die Promis mit ihren kurzen Gastauftritten. Auch an seiner
Erzählstimme habe ich nichts auszusetzen. Aufgrund der großen Bedeutung der
zwei Mithauptfiguren Bob und Hubert, ist diese Interpretation der sympathisch
angelegten Figuren ein echtes Manko. Die Aufnahmequalität und auch die Balance
sind absolut tadellos. Ich konnte Steffen Groth stets gut verstehen, ohne die
Lautstärke zu variieren.
Diese Geschichte dreht sich auf locker-leicht französische Art um
Savoir-Vivre, Lebensfreude, Freundschaft
und auch Liebe. Vier Gestrandete auf der unbewußten Suche nach dem Glück. Ich
könnte es mir sehr gut als Film vorstellen, hier wird immer wieder „Die
fabelhafte Welt der Amelie“ angesprochen, aber mir kam mehr „Zusammen ist man
weniger allein“ von Anna Gavalda oder „Wenn wir zusammen sind“ von Marc Levy in
den Sinn. Augenblicke voller Leichtigkeit und Lebensfreude und Freundschaft.
Für diese beschwingte Erzählweise ist der Pariser Antoine Laurain inzwischen
berühmt. Ihm gelang der Durchbruch mit „Liebe mit zwei Unbekannten“ und auch
„Der Hut des Präsidenten“ war ein weltweiter Bestseller. Für mich eigentlich
einer der Vertreter einer sehr willkommenen literarischen Gegenbewegung zu
vielen französischen Autoren, bei denen die Liebe oft kein gutes Ende nimmt,
ständige Dreiecksbeziehungen zu Drama und Depression pur führen. Stattdessen
konzentriert er sich auf positives Lebensglück, welches ich zwar gehört, hier
aber leider nicht gefühlt habe.
Daher kann ich dieser schönen Geschichte leider nur mittelmäßige 3 von 5
Sternen geben.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV-Verlag für das Rezensionsexemplar
dieses absoluten Wunschhörbuchs.
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