Wühl dich glücklich, Schaff Dir einen Biogarten zum Ernten, Freuen und
Teilen, Andrea Heistinger, Löwenzahn Verlag.
Ein Bio-Garten als ganzheitliches Erlebnis, als Ort zum Leben und Genießen
und nicht, um seinen Ehrgeiz auszuleben. So ist dieses Buch nicht auf
Perfektionismus angelegt, sondern als Anregung gedacht. Es spendet Ideen und
ermutigt mal neue Wege zu gehen und die Grenzen des Bekannten zu überschreiten.
Blumen und Kräuter haben die gleichen Bedürfnisse, aber der Platz ist begrenzt?
Macht nichts, man kann sie auch mixen, erlaubt ist was gefällt und warum auf
etwas verzichten, was man liebt, nur weil es nicht in gängige Schemata fällt.
Daher gibt es hier Tipps für ganz viel Handarbeit, eben zum Wühlen, Buddeln
und Mulchen. Es werden Gartenlieblinge vorgestellt, aber eben auch unbekanntere
Sorten, an deren Entdeckung man seine Freude haben kann, sowohl bei
Gemüsesorgen Pak Choi, als auch bei den Früchten, wie der nackten Mini-Kiwi. Dabei
geht es um Beispiele, die nie abschließend gemeint sind. Bei der Kiwi haben ja
einige ihre Zweifel, daß man die hier so anbauen kann, aber Neuseeland ist ja
auch keine tropische Insel. Wenn man sich aber schon an die Kiwi wagt, könnte
man ja auch mal über Feigen nachdenken (vorausgesetzt man lebt in
entsprechenden Gebieten wie dem Breisgau, dem Nahetal, dem Rheintal... also
durchaus klimatisch milde Gebiete ohne allzu harte Fröste).
Das es den Garten als ganzheitliches Erlebnis sieht, ist das mit der
Struktur des Buches auch so eine Sache. Ja, es gibt eine Struktur, ja es gibt
ein Inhaltsverzeichnis, aber einige Pflanzen stehen nicht da, wo ich sie
erwarte. So findet sich der Salbei nicht im Kapitel Tea-Time-Beet sondern
gemeinsam mit dem Rosmarin (hier wird Rosmarintee für seine belebende Wirkung
empfohlen, statt Kaffee und es gibt ein ganz einfaches Rezept für
Rosmarin-Pinienkern-Salz) bei „Langzeitbeziehunge: einmal pflanzen – mehrmals
ernten“, was auch für den Thymian gilt, aber der steht dann auch wieder bei dem
Tea-Time-Beet. Tja, Pflanzen lassen sich ebenso ungern in Schubladen stecken,
wie Gärtnerinnen. Dabei sind hier durchaus auch verschiedene Beettypen, für
verschiedene Gärtnerpersönlichkeiten empfohlen. Auch hier gilt, fühlt man sich
gleich zu mehreren Typen hingezogen, z.B. sowohl ein Einfach-Losleger als auch
nachhaltiger Netzwerker, so genau weiß man nicht immer. Aber es ist so amüsant
und kurzweilig geschrieben, dass das Verschwimmen der Grenzen nichts macht. Ich
habe es tatsächlich völlig unstrukturiert gelesen, einmal durch, was ich
normalerweise bei Sachbüchern eher meide, weil ich ja nicht alles gleich
spannend finde... Andrea Heistinger schreibt sehr locker und humorvoll. Sie
betont immer wieder, daß man die lieben Pflänzchen auch mal in Ruhe wachsen
lassen sollte, wofür sie nicht dringend eines Gärtners benötigen und gibt
ironische Ratschläge zur Pflanzenpflege. Sollte die Leserin hier die Ironie
nicht erkennen, die nicht gekennzeichnet ist, ist ihr Garten ganz schnell
hinüber. Allerdings ist die Ironie wirklich offensichtlich, wenn empfohlen
wird, frisch gesetzte Pflanzen nicht zu gießen.
Neben der Beetanlage und der Bodenbeschaffenheit, legt dieses Buch einen
großen Schwerpunkt auf die Pflanzenpflege. Dabei gefällt mir sehr gut, daß sie
den Einsatz von Rasenschnitt zum Mulchen empfiehlt, damit Boden und Pflanzen
nicht austrocknen, statt Rindenmulch. Rasenschnitt hat man eigentlich immer und
weiß nie wohin damit. Sowohl Rasen mag kein Kompost, aber meine Kartoffeln und
Erdbeeren werden sich von nun an darüber freuen. Auch hier ist mir bei der
Pflege der Kartoffeln siedend heiß aufgefallen, daß ich ja immer das gleiche
Kartoffelbeet nehme. Das werde ich dieses Jahr wohl dann doch mal sein lassen.
Meine Kräuter bleiben aber weiterhin wo sie sich bisher glücklich gefühlt
haben, da möchte ich kein Risiko eingehen. Da der Deutschen Lieblingsgemüse die
Tomate ist, bekommt diese auch ein ganzes eigenes Kapitel mit Anbau, Pflege und
Wuchs- und Sortentipps. Die Richtigkeit dieser Empfehlungen kann ich aufgrund
der Fehler der vergangenen Jahre, aus denen ich gelernt habe, durchaus
bestätigen.
In grün unterlegten Kästchen mit weißer Schrift werden jeweils wertvoll
Tipps gegeben, während die wichtigsten Pflanzenfakten mit zartgrünen Ranken
markiert werden.
Blumen und Obstbäume kommen sehr kurz, die hätte man sich fast sparen
können, wären sie nicht wieder für das ökologische Ganze und die Nützlinge von
Interesse. Was blüht lockt nützliche Insekten an, diese fressen nicht nur viele
Schädlinge, sondern befruchten auch unsere Wunschgewächse. Insofern haben sie
in dieser Kombination dann doch eine Erwähnung verdient.
Am Ende des Buches findet sich ein hilfreiches Glossar, mit Begriffen, die
mir z.T. bisher nicht geläufig waren, die aber im Text verwendet werden. Es
handelt sich um Begriffe wie „einschlämmen“, die sich zum Teil, wenn man sie
nicht kennt, doch erahnen kann. Beim Lesen hatte ich stets das Gefühl, das ich
alles verstände und es insgesamt sehr verständlich formuliert ist. Sprachlich
ist es so ansprechend geschrieben, daß ich, gerade ich Buddellaune, gerne noch
mehr gelesen hätte. Autorin Andrea Heistinger hat aber bereits eine Vielzahl
weiterer Gartenbücher im Löwenzahn Verlag veröffentlicht, so daß Nachschub
unproblematisch möglich ist. Abschließend gibt es eine Liste mit Bezugsquellen,
nach deutschsprachigen Ländern geordnet. Außerdem werden zur weiteren
Veranschaulichung Schaugärten und offene Privatgärten aufgeführt und die
Mitwirkenden am Buch vorgestellt.
Haptik und Optik gefallen mir auch bei diesem Buch aus dem Löwenzahn Verlag
wieder ausgesprochen gut. Das blaue Lesebändchen garantiert, daß man nie sein
Augenmerk verliert. Der matte Druck ist umweltbewusst. Durch die wirklich
ansprechenden Fotos aus bisweilen ungewöhnlichen Perspektiven nimmt man dieses
Gartenbuch gerne auch nur zum Durchschauen in die Hand, wird sich aber
wahrscheinlich dabei festlesen.
Wieder ein ausgesprochen schönes Gartenbuch, dass man sehr gerne in die
Hand nimmt und anschaut und durchliest.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Andrea Heistinger und dem Löwenzahn
Verlag für die anregende Leserunde und das wunderschöne Rezensionsexemplar.
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