Lilly, die Lesemaus, Asja Bonitz, Illustration Mele Brink, Edition
Pastorplatz
In Lillys Familie wird Lesen sehr geschätzt. Wer Lesen kann ist schon groß
und kann Verantwortung übernehmen, z. B. für ein Haustier. Als Lillys große
Schwester Nele eines Tages schon so flüssig liest, dass die Eltern gebannt
lauschen, fahren sie alle zusammen in die Tierhandlung und Nele darf sich ein
Tier aussuchen. Lilly findet das total unfair. Sie kann doch nichts dafür, daß
sie jünger ist und man ihr im Kindergarten das Lesen nicht beibringt. Sie
könnte sicher ebenso gut auf dieses süße kleine Meerschweinchen aufpassen, wie
Nele auf die von ihr gewählte Ratte. Das ist so ungerecht! Dabei hat sie sich
doch so dafür eingesetzt, daß Nele sich eine Ratte als Haustier aussuchen darf,
obwohl Mama sie ekelig fand. Aber Nele setzt sich nie für sie ein und immer
kann sie alles besser und wird gelobt! Das ist richtig unfair und so beschließt
sie ihrem Haustierglück mit einer Mogelei auf die Sprünge zu helfen.
Als jüngere Schwester einer großen Schwester, die auch immer fast alles
besser konnte, hat Lilly sofort mein Herz erweicht. Allerdings erhielten wir
damals ein Haustier, um Verantwortung zu lernen, unabhängig von unseren übrigen
Talenten. Besonders tierliebe Kinder können sich auch als Vorschulkinder
verantwortungsvoll um ein eigenes Tier kümmern, während es andere selbst als
Erwachsene nicht wirklich auf die Reihe zu bekommen scheinen oder wollen. Daher
empfinden wir diese Ungerechtigkeit für Lilly doppelt hart. Kinder haben schon
in jungen Jahren einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und so werden sich
viele jüngere Geschwisterkinder sofort mit Lilly identifizieren können. In
ihrer Verzweiflung greift sie zu einer List, die natürlich ans Licht kommt und
auf wenig Verständnis stößt. Doch hier kommt es zu einer Wendung, Nele fühlt
sich schuldig und beschließt Lilly zu helfen Lesen zu lernen, denn das ist ja
eigentlich gar nicht so schwer und gemeinsam macht es auch noch Spaß. So findet
die Geschichte auch in der Hinsicht ein gutes Ende, als die Schwestern sich
endlich besser verstehen und enger zusammenrücken.
Eine sehr kindgerechte Geschichte, die dem kindlichen Erfahrungshorizont
entspricht und Mut macht nicht aufzugeben, sondern einfach zu üben, üben, üben!
Damit Leseanfänger motiviert werden, ist die Geschichte von rund 70 Seiten in
mehrere Kapitel aufgeteilt und auf jeder Seite (nicht nur Doppelseite) farbig
illustriert. Die Illustrationen von Mele Brink, selbst eine jüngere Schwester,
sind witzig frech und passen genau zum Text (an dem Punkt sind wir nämlich echt
pingelig). Die Schrift ist groß und kontrastreich, könnte unserer Meinung nach
für 6 Jährige gerne noch etwas größer sein. Je größer die Schrift, desto
einfacher fällt es den Kindern. Die Sprache ist frei von komplizierten fremden
Wörtern und vor allem ohne Fremdwörter. Dadurch können Kinder ohne Frustration
das selbst entzifferte auch wirklich verstehen.
Asja Bonitz hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiert und in
neuerer deutscher Literatur promoviert. Seit 2010 hat sie sich als Autorin und
Werbetexterin selbstständig gemacht. Bei der Edition Pastorplatz sind bereits
Myka und die Versteckschule, Ballula Kugelfee und das Staubmaushaus erschienen.
Die Ausstattung dieses Erstlesebuches für Kinder ab 6 Jahren, ist besonders
hübsch. Neben dem Lesebändchen gibt es noch eine weitere Besonderheit. Die
Dialoge sind farbig abgesetzt, wobei jeder Sprecher eine eigene Farbe erhält.
Dadurch kann man es auch besonders gut vorlesen oder wenn man es mit einem Leseanfänger
gemeinsam liest, kann man z.B. das Kind ausschließlich die Dialoge, die ja
besonders viel Spaß machen, alleine lesen lassen, während der Erwachsene den
Erzähler übernimmt.
Ein liebevoll geschriebenes und gestaltetes Kinderbuch zum Vor- und Selbstlesen
ab 6 Jahren, das wir sehr gerne weiterempfehlen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Autorin für dieses schöne
Rezensionsexemplar.
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