Die Richterin und die tote Archäologin, Ein Südfrankreich Krimi, Liliane
Fontaine, Piper
Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt erholt sich langsam von den
Schrecken des Anschlags auf ihr Leben, als sie sonntags an einen neuen Tatort
gerufen wird. Ihre alte Schulfreundin, zu der der Kontakt abgebrochen war, die
Archäologin Flavia Leone, wurde erstickt auf einer Grabungsstätte in der Nähe
von Montpellier aufgefunden. Nachträglich wurde ihr die Replik einer antiken
Totenmaske auf ihr Gesicht gelegt. Mathilde entdeckt ein Nest des Ehrgeizes,
der Missgunst und der geheimen Liebschaften. Keines der augenscheinlichen
Motive vermag Mathilde und ihr Team zu überzeugen. Außerdem ist ihr junger
Cousin Sébastien mit Downsyndrom verschwunden. Weil anscheinend keiner für ihn
Zeit hatte, hat er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Commandant Rachid
Bouraada plagen ganz eigene Dämonen, die ihn in einen tiefen Gewissenskonflikt
zwischen seiner Familie und seinem Beruf stürzen. Nur der junge Lieutenant
Felix Tourrain schwebt im 7. Himmel, er ist verliebt, wie nie zuvor.
Ein Krimi mit ganz viel Südfrankreich-Feeling, wobei sich diesmal der
geographische Schwerpunkt vom Hinterland von Nimes die Küste entlang Richtung
Montpellier, La Grande Motte und Sète verlagert. Das sonnige Feriengefühl wird
hier wirklich um sehr interessante Infos und Fakten zu der Gegend, die
wunderbar beschrieben ist, bereichert. Gerade durch das Setting der
archäologischen Grabungen gibt es immer wieder Anlass, in die Geschichte des
Landes Einblick zu nehmen. Ich empfinde es als sehr schönen Rahmen für diesen
Krimi, der durch die persönlichen Probleme der Protagonisten zusätzlich gewürzt
wird. Auch der erste Fall der Reihe, der nicht vollständig abgeschlossen werden
konnte, da die Reichen und Mächtigen sich gegenseitig zu schützen wissen, wird
wieder in Erinnerung gerufen. Es ist offensichtlich, daß Mathilde und ihr Team
so schnell nicht aufgeben werden, aber derzeit gibt es keine neuen Spuren und
als ein zweiter Toter aufgefunden wird, wird die Situation noch verwirrender.
Die Autorin streut immer wieder Fragmente von Motiven und Möglichkeiten ein,
doch keine mag recht zu passen und mancher anfangs verheißungsvoll erscheinende
Ermittlungsansatz verläuft dann doch im staubigen Sande der Grabungen. Genügend
unsympathische Gestalten, denen man eine Enttarnung als Täter wünschen könnte,
sind auf jeden Fall vorhanden. Dennoch ist dies, trotz des sehr ernsthaften
Themas, daß der Tat zugrunde liegt, eher ein Wohlfühlkrimi. Er ist mehr vom
Sonnenschein, Weingenuss und der Landschaft, als von Grausamkeiten und
Blutströmen geprägt. Selbst der Showdown erinnert mehr an Agatha Christie, und
kommt gänzlich ohne Verfolgungsjagden und quietschende Reifen aus. Die Lösung
steckt im Detail, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich den entscheidenden
Hinweis, im Eifer um Aufklärung überlesen habe, oder ob dieses Detail nicht
benannt wird. Diesen Fall konnte ich nicht lösen, ich hatte nur so ein
merkwürdiges Bauchgefühl. Die Lösung führt allerdings die Brisanz des Falles
wieder vor Augen und bindet den Prolog irgendwie in die Geschichte mit ein,
auch wenn man ihn sich meiner Meinung nach hätte sparen können. Für mein
Empfinden hat er mehr atmosphärischen Nutzen und regt zum Nachdenken über viel
zu wenig beachtete Verbrechen an, ist für den eigentlichen Krimi allerdings
ohne Belang.
Liliane Fontaine, die auch als Liliane Skalecki Krimis mit
historisch-kritischem Bezug veröffentlicht, schreibt die Südfrankreich Krimis
unter ihrem Mädchennamen. Aufgrund ihrer französischen und deutschen Wurzeln
kennt sie sich in beiden Welten sehr gut aus und lässt ihre Beobachtungen immer
wieder in den Roman mit einfließen. Da ich diese Gegend ebenfalls sehr liebe,
empfinde ich es als wirkliche Bereicherung, die mich immer mal wieder
schmunzeln lässt. Der Stil ist angenehm fließend und dabei sehr bildlich. Die
Beschreibungen von Land und Leuten finde ich sehr treffend.
Ein guter Krimi mit sympathischen Ermittlern in einer traumhaften Gegend.
Ich hoffe, ich werde der Reihe noch lange folgen können, denn der Schluss lässt
Großes erwarten!
Ich bedanke mich ganz herzlich bei #netgalley für das Rezensionsexemplar,
daß mir auch im Winter angenehmes Sommerurlaubsfeeling verschaffen konnte.
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