Henry Smart (2) :
Götteragent im Einsatz, Frauke Scheunemann, Oetinger Verlag
Henry Smart (13) sitzt in San
Francisco in der Schule und ist sogar über den langweiligen Matheunterricht
froh, um sich von dem aberwitzigen Heldenabenteuer des letzten Sommerurlaubs in
Bayreuth zu erholen. Die Rettungsaktion mit den Helden der Nibelungensage war
zwar aufregend, aber auch anstrengend. Doch ausgerechnet jetzt wird Henry durch
Walküre Hilda zu einem neuen Agentenfall abgeordert. D'Artagnan aus der Pariser
Niederlassung hat einen Zwergenüberfall auf den Louvre gemeldet, das kann nur
heißen, das dort weiteres Nibelungengold lagert, aus welchem Zwergenkönig Alberich
einen Ring zum Erhalt der Weltherrschaft zu schmieden gedenkt. Doch die Zwerge
haben den goldenen Kelch von König Annas Zofe bereits in ihrer Gewalt. Um das
Schlimmste zu verhindern, müssen die Nibelungenagenten mit Hilfe von Norne Urd
in die Zeit reisen, um den Kelch an sich zu bringen, solange es geht. Dabei
müssen aber tunlichst den Lauf der Geschichte nicht verändern, was mit einem
hirnlosen Begleiter wie Muskelprotz Siegfried alles andere als einfach ist.
Meine damals 10 jährige Tochter hat Band 1 geliebt und Band 2 sehnlichst
entgegen gefiebert. In Band 1 bekam man die Helden der Nibelungensage wunderbar
verständlich präsentiert. Das ist sehr geschickt und unterhaltsam gemacht, wird
aber für Band 2 vorausgesetzt, zumindest werden die Zusammenhänge nicht mehr
groß erklärt. Es empfiehlt sich daher dringend mit Band 1 zu beginnen, wenn
Band 2 auch für sich steht und alleine verständlich ist. Man versteht die
Nibelungen dann nur nicht so gut. Diesmal dreht es sich jedoch um D'Artagnan,
die Musketiere Athos, Aramis und Portos, Kardinal Richelieu, König Louis XIII
und seine Gemahlin Anna von Östereich. Meiner Tochter war dieser Klassiker von
Alexandre Dumas noch kein Begriff, daher hat Frauke Scheunemann diesmal eine
noch größere Bildungslücke meiner Tochter unterhaltsam geschlossen, mit einem
Agentenabenteuer das gekonnt einen Literaturklassiker mit dem Agentengenre
mixt. Wie schon James Bonds Q gibt es auch für Wotans Männer einen Gadget
Ausstatter namens Loge, der als Unsterblicher natürlich noch ganz andere
Möglichkeiten zu seiner Verfügung hat als Q. Eine Erfindungen heißen immer Loge
gefolgt von einer ziemlich großen Zahl. Da ist es gerade mir nicht immer ganz
leicht gefallen den Überblick zu behalten, aber das macht nichts, denn man
merkt ja ziemlich schnell durch seinen Einsatz in der Not, was dieses Gadget
diesmal kann. Walküre Hilda hat sich für eine Gestalt in Henrys Alter (13)
entschieden und sich geschworen, keine ihrer göttlichen Kräfte einzusetzen,
sondern sich auf ihre Intelligenz und Loges Trickkiste zu verlassen. Aber wie Frauen und Mädchen nun mal so sind,
gelingt es ihr nicht immer sich an ihre eigenen Prinzipien zu halten. Das macht
diese Heldin doch auch irgendwie herrlich menschlich.
Henry erzählt die Geschichte auch dieses Mal aus seiner persönlichen, rein
subjektiven Perspektive, in der Ich-Form, im Präsens. Man fühlt sich also
unmittelbar im Geschehen drin, wenn man Henrys bisweilen verzweifelten oder
abschätzigen Gedanken folgt (ja, Siegfried ist hier der Depp vom Dienst und bekommt
ganz schön sein Fett weg. Selbst schuld, so herablassend, wie er Henry
gegenüber auftritt!).
Diese Reihe hat Frauke Scheunemann extra für ihren Sohn entwickelt, der
endlich auch mal einen männlichen Helden in den Büchern seiner Mutter finden
wollte. Er hat es auch auch nicht so leicht mit drei Schwestern, ist er mit
seinem Vater in der Familie in der Unterzahl. Im letzten band empfanden wir ja
Hilda dennoch als die eigentliche Heldin des Buches, aber Henry hat eine Menge
dazu gelernt und sich stark entwickelt (wahrscheinlich hat dies Sohnemann auch
so empfunden).
Mein Mann ist ja völlig verwundert, wieso eine promovierte Juristin denn
Kinderbücher schreibt, aber ehrlich, ich kenne keine Juristin mit 4 Kindern,
promoviert oder nicht, die in einem entsprechenden Beruf arbeitet (da muß sich
in der Gesellschaft noch was ändern). Wir sind zumindest sehr froh, daß Frauke
Scheunemann sich für die Schriftstellerei entschieden hat, wobei sie auch
Frauenromane schreibt, z.T. Zusammen mit ihrer Schwester unter dem Pseudonym
Anne Hertz.
Wir als Rheinländer finden es super, daß mit Henry Smart neben all den
Romanen über die Götter der Antike für Kinder und Jugendliche, endlich auch mal
die Nibelungen zu ihrem Recht kommen. Dabei geht es echt spannend und sehr
witzig zu. Denn Helden hin oder her, da wird nicht weniger gefrotzelt und
gestichelt, als unter uns Normalsterblichen.
Sehr kurzweilig und spannend, hat es uns richtig gepackt und meine Tochter
hat wieder neue Helden kennengelernt! Wir hoffen ja unbedingt auf eine
Fortsetzung und geben begeisterte 5 von 5 Sternen.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim Oetinger Verlag für dieses heiß
ersehnte Rezensionsexemplar.
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