Freitag, 25. Oktober 2019

Interview mit Dagmar Geisler, Illustratiorin und Autorin



Interview mit Dagmar Geisler, Illustratiorin und Autorin

Liebe Dagmar, das Bilderbuch „Mein Körper gehört mir!“, das sich dem Schutz von Kindern vor Missbrauch widmet, feiert dieses Jahr 25 jähriges Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch! Inzwischen wurde der Band um die Themen des Rechts am eigenen Bild und Schutz der seelischen Unversehrtheit ergänzt. Bestanden diese Probleme vor 25 Jahren noch nicht, oder fehlte damals eher das Bewusstsein dafür?

Liebe Dani, ja, das stimmt. „Mein Körper gehört mir“ ist 25 Jahre alt geworden und dabei ist das Thema so aktuell wie eh und je.
Ich habe das Buch vollständig überarbeitet und eine für mich wichtige Ergänzung zugefügt. Und zwar geht es hier um die elektronischen Medien und um die Gefahren, die damit auf das Kind zukommen können. Die seelische Gesundheit war auch vor 25 Jahren schon wichtig. Aber damals war es weniger wahrscheinlich, dass ein Kind viel zu früh, mit Inhalten konfrontiert wird, die es so nachhaltig verstören können, wie das heute mit der ständigen Verfügbarkeit von Smartphones und  Tablets der Fall ist. 


Das Thema ist ernst, die Illustrationen sind freundlich. War das damals für pro familia und den Loewe Verlag selbstverständlich, oder musstest Du dafür Überzeugungsarbeit leisten?

Wir haben das damals ja gemeinsam erarbeitet und die Freundlichkeit, die du ansprichst war für mich ein wichtiger Aspekt, der von den anderen nicht in Frage gestellt wurde. Mir und auch der pro familia war und ist es wichtig, Kinder zu stärken und zu ermutigen, ohne ihnen Angst einzujagen.


Leider ist das Thema immer noch aktuell, hast Du bei Deiner Arbeit den Eindruck, dass die Eltern inzwischen ein Bewusstsein entwickelt haben, dass man dieses Thema nicht zu früh ansprechen kann?

Ich beobachte unterschiedliche Entwicklungen. Einserseits ist das Thema inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es ist nicht mehr so tabuisiert und es wird offen darüber gesprochen. Das fing vor 25 Jahren erst so langsam an.
Andererseits gibt es jetzt wieder vermehrt Eltern, die ihre Kinder am liebsten davon fernhalten wollen und deshalb das ganze Thema Sexualität ausklammern wollen, bis die Kinder älter sind. Da ist eine neue Unsicherheit entstanden. Das finde ich schade, denn ich finde es gut, wenn Kinder sehr früh und bevor sie irgendetwas Verstörendes über andere Kanäle zu sehen oder zu hören bekommen haben, ein Gefühl dafür entwickeln konnten, dass man darüber in liebe- und verständnisvoller Art und Weise sprechen kann.  


Ich finde es prima, dass in „Mein Körper gehört mir!“ auf keine Gruppe mit dem Finger gezeigt wird. Täter eines Missbrauchs, sind Kindern meistens zuvor schon bekannt, nicht jedoch die Gefahr, die von ihnen ausgeht. War der Gedanke für Euch in einem Bilderbuch zu grauenhaft, um darauf hinzuweisen?

Nein, das würde ich nicht sagen. In dem Buch geht es ja darum, Kinder zu stärken und dafür zu sensibilisieren, ihre eigenen Grenzen wahrzunehmen. Sie sollen wissen, dass sie das Recht haben zu unerwünschten Berührungen „Nein“ zu sagen und sich jederzeit Hilfe zu holen, wenn etwas geschieht, das ihnen Angst macht oder sie nicht einordnen können. Was wir nicht wollen, ist ein grundsätzliches Misstrauen zu schüren.


Inzwischen bist Du auch Autorin und mit Deiner Reihe „Emotionale Entwicklung ab 5 Jahren“ sehr erfolgreich. Suchst Du Dir die Themen für die Reihe inzwischen selbst aus?

Ja, darüber freue ich mich sehr. Diese Reihe ist inzwischen sehr etabliert und so kann ich dort auch Themen unterbringen, die mir am Herzen liegen. Gerade habe ich zum Beispiel ein Buch darüber gemacht, was passiert, wenn Eltern sich trennen. Es heißt: Was, wenn Eltern auseinandergehen.
Ich finde es gut, dass der Verlag mir hier Vertrauen schenkt, auch wenn so ein Buch vielleicht im ersten Moment keine riesigen Absatzzahlen verspricht.


Wie ist es dazu gekommen, daß Du inzwischen zu einigen Deiner Bücher auch die Texte verfasst?

Der Wunsch meine eigenen Geschichten zu schreiben entstand schon, als ich in der dritten Klasse war. Dass ich Illustration studiert habe, war eigentlich ein Umweg. Aber einer, den ich nicht bereue. Meine Geschichten kann ich jetzt in Text und Bild entwickeln. Das macht mir großen Spaß.



Gibt es noch ein Thema, das Dir ganz dringend unter den Nägeln brennt?

Das gibt es noch eine Menge. Die Möglichkeit, Erwachsenen und Kindern dabei zu helfen, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Scheu vor „schwierigen“ Themen zu verlieren, treibt mich dabei immer weiter an.

Vielen lieben Dank für Deine Zeit!

Ich danke dir für deine einfühlsamen Fragen.

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