Modermoor Castle (1) Die Jagd nach dem verschwundenen Löffel, Chris
Priestley, gekürzt gesprochen von Volker Hanisch, Jumbo Verlag 2 CDs
Modermoor Castle ist eine Internatsschule für nicht ganz so schlaue Jungs,
aus nicht ganz so reichem Hause in einem nicht ganz so attraktiven, abgelegenen
Teil von England. Diese besuchen Mufford und sein Freund Sponge, zwei nicht
ganz so coole, wenig sportliche und auch sonst eher unbedeutende Schüler. Die
zwei sind es also gewohnt, daß das Leben kein Zuckerschlecken und manchmal
recht merkwürdig ist. Doch derzeit ist es noch merkwürdiger als sonst. Sie
beobachten einen Wikinger mit Helm über den Sportplatz laufen, der silberne
Löffel des Schulahnen verschwindet aus der Vitrine, der wertvolle Schuldiamant
bleibt jedoch unangetastet und auf dem Dachboden geht es auch nicht mit rechten
Dingen zu. Zu guter Letzt droht der lästige Direktor, der immer und überall
unerwartet auftaucht, an, daß die Weihnachtsferien ausfallen, wenn nicht der
silberne Schullöffel wieder auftaucht! Da beschließen Mufford und Sponge aus
dem Schatten der Durchschnittlichkeit hervorzutreten und das mysteriöse
Verschwinden des Schullöffels aufzuklären! Ihr erster Fall und in dem wimmelt
es gleich von Werwölfen, Zeitreisen, Wikingern und schönen Fräuleins!
Chris Priestley ist für seine Grusel- und Schauergeschichten bekannt und
preisgekrönt. Kombiniert mit Detektivermittlungen und Zeitreise wäre es die
optimale Kombination für meine Tochter – dachte ich. Doch beide Töchter lehnten
dieses Hörbuch aufgrund der Covergestaltung ab! Sie erklärten mir auch, daß sie
das Cover total unlogisch fänden, denn die 2 vorne sähen aus wie die totalen
Angsthasen, als hätten sie Angst vor ihrem eigenen Schatten und wer hat denn
schon Angst vor sich selbst? Tja, um das zu verstehen, muss man die Geschichte
schon lesen oder hören....
Da habe ich es eben alleine, zum Einschlafen gehört. Keine gute Idee. Denn
diese Geschichte ist dafür nicht zu gruselig, sondern zu britisch und zu
komplex. Im Halbschlaf ist mir wahnsinnig viel entgangen, sowohl der komplex
verschachtelten Zeitreisestruktur konnte ich nicht folgen, als auch der schräge
englische Humor ist mir doch glatt entgangen. Dieser Humor ist die absolute
Stärke der Geschichte und macht sie eigentlich mit jedem Hören lustiger, im
Sinne von Monty Pyton, denn einige Wortspiele erinnerten mich schon an die
Volksfront von Judäa, äh, der judäischen Volksfront.
Sponge und Mufford sind herrliche Anti-Helden, allerdings sind viele
Anspielungen nun wirklich sehr englisch. Der Namenswitz und die Eigenart
englischer Internate ist deutschen Kindern ja nicht unbedingt ein Begriff, wie
z.B. die Besonderheit sich unter Jungs mit dem Nachnamen bzw. Scherzformen des
Nachnamens zu titulieren. Denn natürlich heißt Sponge nicht wirklich Sponge (=
Schwamm). In diesem schwerwiegenden Kriminalfall wurde doch tatsächlich der
sprichwörtliche silberne Löffel gestohlen! Der Löffel der als Andenken an den
ursprünglichen Burgherren verehrt wird, frei nach dem Motto, wer suchet, der
findet, irgendwas wird man schon in einer Vitrine ausstellen können, um bei den
Eltern Eindruck zu schinden. Neben dem Kriminalfall machen die Freunde noch
eine andere Entdeckung. Man kann in die Zeitreisen! Das ist gar nicht so
ungefährlich, wie sie feststellen müssen, denn jede Zeitreise greift in den
Lauf der Dinge ein und verändert auch die Gegenwart. Sehr schön und anschaulich
dargestellt, so daß auch die Zuhörer mit Mufford und Sponge darüber nachdenken,
ob Zeitreisen wirklich so wünschenswert sind.
Inzwischen hat meine Jüngste es gehört, nachdem ich schon andere junge
Testhörer engagieren wollte. Sie fand es ganz interessant, zu gruselig als
Einschlafgeschichte und dafür auch zu anspruchsvoll mit den verschachtelten
Handlungsebenen. Man sollte der Geschichte schon die volle Aufmerksamkeit beim
ersten und zweiten Mal widmen können, z.B. auf langen Autofahrten, oder wenn
man krank im Bett liegt oder sich langweilt. Nur so entgeht einem der britische
Humor nicht, der ja besonders für Kinder nicht so alltäglich ist.
Volker Hanisch war mir als Sprecher bislang überhaupt kein Begriff, aber er
hat sich als ausgezeichnete Wahl für diese Reihe herausgestellt. Er schafft es
brilliant, den britisch-lakonischen Ton zu treffen und sowohl die Stimmung, als
auch die Absurdität zu pointieren.
Ein Hörbuch, daß man wohl mehr als einmal hören muß, um es richtig schätzen
zu können, das diese Mühe aber auch belohnt, denn beim genauen Hinhören ist es
sehr witzig und die Gefahren der Zeitreisen werden voll bewusst!
Ein wirklich empfehlenswertes Hörbuch ab 9 Jahren, für Kinder, die offen
sind für Geschichten, die nicht unbedingt dem Mainstream entsprechen und mit
seinen Anti-Helden viele Klischees auf den Kopf stellt!
Vielen lieben Dank an
den Jumbo Verlag!
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