Geschichten von Henriette und Onkel Titus, von Peter Hacks, gelesen von
Carmen-Maja und Jennipher Antoni, Eulenspiegel Verlag
Die 12 jährige Henriette lebt bei ihrem Onkel Titus. Gemeinsam sind sie ein
eingespieltes Team und verstehen sich prächtig. Nur Nachbarin Frau Philipp mag
Henriette gar nicht leiden. Ständig hat diese etwas an ihnen auszusetzen, da
sie nicht leben und denken, wie Frau Philipp meint, daß „man“ es tun solle.
Dummerweise vergisst Onkel Titus das eines Tages und willig ein, Frau Philipp
zu heiraten. Henriette ist entsetzt und bittet ihren Freund den Tagedieb, den
Sonntag zu stehlen, den Tag, an dem die Hochzeit stattfinden soll. Montags ist
Frau Philipp dann fest überzeugt verheiratet zu sein und Onkel Titus merkt an
ihrem Zeter, daß es wohl eine Schnapsidee war. Nachdem das Miteinander- und
Übereinanderleben nun nicht mehr auf Dauer nicht mehr funktioniert, besteigen Henriette,
Onkel Titus und der Tagedieb ein Segelschiff nach Brasilien. Um sich die Zeit
der Überfahrt zu verkürzen, bittet der Kapitän sie, ihm jeden Tag eine
Geschichte zu erzählen, über die er dann den Rest des Tages nachdenken möchte.
So kommt es, daß die beiden ihm die aberwitzigen, märchenhaften Geschichten von
Henriette und Onkel Titus erzählen, aufgelockert durch spaßig verrückte
Gedichte.
Dies ist kein Hörbuch für den Massengeschmack, sondern märchenhafte Lyrik
gepaart mit Schildbürger Witz, etwas Till Eulenspiegel und jede Menge Peter
Hacks. Peter Hacks lebte von 1928 – 2003, war Dramatiker, Lyriker, Essayist und
schrieb Kinderbücher. Als Kinderbuchautor wurder er mit dem Deutschen
Jugendliteraturpeis für sein Gesamtwerk ausgezeichnet.
Onkel Titus ist Erfinder und somit ein Garant für echte Abenteuer, die ganz
ungeheuerliche Auswirkungen haben können, wie eine Nähmaschine, die zur
Denkmaschine umgebaut ist und Henriette fortan das Denken abnimmt. Auch wenn
ihre größte Stärke die Phantasie ist, so hatte sie doch genug Verstand, um
Leben und Schule zu meistern, bis sich sich das Denken abnehmen ließ. Der
Verstand ist eine Maschine, nur durch seine Verwendung bleibt er in Schuss und
muß von Zeit zu Zeit durch besonders knifflige Aufgaben geölt werden. Dies ist
noch immer aktuell, denn wie sehr geraten Kinder heute in Versuchung, das
Denken dem Internet zu überlassen, statt eigene Referate zu schreiben. Mit viel
Augenzwinkern und hintergründigen Humor gehen das Onkel/Nichte-Gespann durch
das Leben und erleben Merkwürdigkeiten, von denen man kaum zu Träumen wagt, die
aber immer stets eine zeitlose Wahrheit enthalten.
Auf 15 Tracks sehr unterschiedlicher Länge, denn die Gedichte wie z.B. das
von „Die Spazoren“ sind natürlich kürzer als die Geschichten von „Das
musikalische Nashorn“. Mal exotisch, mal heimisch unterhält das Mutter
Tochtergespann Carmen-Maja und Jennipher Antoni heiter und schmunzelnd mit viel
Sprachschauspiel. Ihre Stimmen sind für uns noch unbekannt und daher nicht mit
anderweitigen Rollen im Hörgedächtnis verankert. Man hört, daß sie gelernte
Bühnenprofis sind, doch auch wenn Carmen-Maja eine tiefe Stimme hat, wollte es
meiner Tochter nicht einleuchten, warum denn Onkel Titus nicht von einem Mann
gesprochen wird, wenn es doch schon zwei verschiedene Sprecher sind, was
wirklich gut gemacht ist. Das kann ich ihr auch nicht erklären, auch wenn ich
mehr weibliche Präsenz auf der Bühne, dem Bildschirm und hinter den Mikrophonen
durchaus begrüße. Im Inlet der CD erfährt man mehr über die zwei Sprecherinnen
und auch über den inzwischen verstorbenen Autor. Eine Altersempfehlung spricht
der Verlag auf dem Hörbuch nicht aus. Um die Ironie zwischen den Zeilen zu
verstehen, sollten die Kinder aber unserer Meinung nach schon in der 3. Klasse
sein. Jüngere Kinder werden die Geschichten für bare Münze nehmen, können aber
dennoch Spaß an ihnen und den Gedichten haben, allerdings ohne die Metaebene
begreifen zu können.
Ein Hörbuch für alle die Geist und Sinn für Unsinn gerne ölen und
schmunzeln möchten und dabei Spaß an Lyrik und Märchenhaftem haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen