Freitag, 31. Juli 2020

Zurück in Sommerby, Kirsten Boie, Oetinger Verlag, gelesen von Julia Nachtmann, Jumbo Verlag, 4 CDs 333 Minuten, gekürzt, ab 10 Jahren



Zurück in Sommerby, Kirsten Boie, Oetinger Verlag, gelesen von Julia Nachtmann, Jumbo Verlag, 4 CDs 333 Minuten, gekürzt, ab 10 Jahren

Es gibt Geschichten, die sind so schön, da braucht man einfach Buch und Hörbuch!

Dies ist die langersehnte Fortsetzung von Kirsten Boies Wohlfühlroman „Ein Sommer in Sommerby“. Damals verbrachten die Geschwister Martha, Mikkel und Mats eher unfreiwillig ihre Sommerferien bei der ihnen fremden Oma Inge auf ihrem abgelegenen Fleckchen Erde an der See. Nun ist ihre Mutter Leonie endlich gesund und die Eltern würden in den Herbstferien gerne mit ihnen in den Süden reisen, doch alle Kinder wünschen sich zurück nach Sommerby. Zurückzukehren ist irgendwie vertraut und doch hat sich einiges verändert. Die Stockrosen haben den Äpfeln und Zwetschgen Platz gemacht, es ist nicht mehr so lange hell und auch das Leuchtturmcafé hat seine Türen geschlossen. Wo Enes und Dilara nun wohl wohnen mögen? Warum hat Enes irgendwann Marthas Whats app nicht mehr beantwortet? Ob es nur ein Missverständnis war? Doch das Glück in Oma Inges urigen Häuschen auf der Landzunge wird ernsthaft bedroht. Offenbar ist es ihnen nicht gelungen den gierigen Makler vom Sommer ein für alle mal zu vertreiben, der es auf Inges Heim abgesehen hat. Nun legt er Papiere vor, die Inges Alleineigentum in Frage stellen und drängt sie zum schnellen Vertragsabschluss. Oma Inge scheint all ihrer Energie beraubt, aber Martha will den Kampf so schnell nicht aufgeben!

Bei Oma Inge scheint die Zeit still gestanden zu sein. Kein Telefon, kein Fernsehen, kein Internet und vieles wird repariert oder geflickt, statt es wegzuwerfen und zu ersetzen. Es muss ja nicht alles perfekt sein! So freut sich Martha auch wieder auf das abendliche Lesen nachdem sie im Sommer „Désirée“ verschlungen hat und auch die Brüder wollen wieder Gute-Nacht-Geschichten hören. Diesmal wird es Astrid Lindgrens „Pelle zieht aus“ geben und für sie „Vom Winde verweht“, einen anderen ehemaligen Lieblingsroman ihrer Mutter! So ist auch dieser Sommerby-Band eine Hommage an die Liebe zum Lesen und die Ermunterung, doch mal zu einem Klassiker zu greifen oder einfach analog zu leben. Tatsächlich habe ich in dem Sommer als ich 15 oder 16 wurde, sowohl „Désirée“ als auch „Vom Winde verweht“ gelesen und habe es geliebt! Übrigens mag ich beides auch noch immer! Doch es ist in Sommerby nicht so gemütlich, wie die Kinder es in Erinnerung hatten, denn der Makler taucht wieder auf, fast noch gnadenloser und dreister als im Sommer! Dadurch wird dieser Band schon ziemlich schnell, ziemlich spannend! Juristisch ist das alles etwas fragwürdig und ich habe immer wieder gedacht, „Mensch Inge, spring über Deinen Schatten und frag mal jemanden, der sich auskennt!“. Für Kinder ist das egal, sie merken es nicht, aber ich denke, dass das was Mats im Sommer passiert ist und was der Makler sich diesmal erlaubt, ist nach kindlichem Rechtsverständnis ein absolutes No-Go und so sieht es zum Glück auch die Rechtsordnung. Ich hoffe, das kindliche Rechtsempfinden wird hier nicht nachhaltig gestört, Kinder haben da nämlich meistens ein sehr feines Gespür.

Sehr gut gefällt mir, dass Inge nicht immer alles so tragisch sieht und den Kindern oft genug zeigt, dass man auch entschleunigter sehr gut leben kann. Allerdings würde ich Mats nicht so viel durchgehen lassen. Auch wenn heute Erziehung oft weniger streng ist, gibt es Grenzen dessen, womit ein Kind durchkommen sollte. Wirklich stark finde ich, wie Martha an ihren Herausforderungen reift. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt, sie übernimmt Verantwortung, nicht nur für ihre Brüder, sondern auch für ihre sture Oma. Ihr Bemühen zahlt sich aus und so endet auch dieser Band wieder mit einem absoluten Glücksgefühl! Nicht ganz unbeteiligt ist daran Nachbar Krischan, der mit seiner ruhigen Besonnenheit und geschickten Gesprächen mit den Kinder, diese oft in die richtige Richtung lenkt, sie darin bestärkt, so dass sie gar nicht anders können, als das Richtige zu tun!

Die kleinen Vignetten von Verena Körting zu jedem Kapitelbeginn fangen sehr schön die jeweilige Stimmung des kommenden Kapitels ein.

Julia Nachtmann gibt auch diesem Band eine sehr harmonische, aber auch lebendige Note. Sie variiert ihre Stimme, passt sie den Charakteren und den Stimmungen an. Man lebt richtig mit ihr auf der kleinen Landzunge, umtost von Wind und Wellen. So wohl die frischen jungen, die kindlich bockigen, aber auch die reifen und verstocken Dialoge packt sie gekonnt in ein vielschichtiges Hörerlebnis. Eine sehr gute Wahl für die Vielfalt an Charakteren, die die Spannung und das Wohlgefühl dieses Herbstabenteuers prägen. Dabei sind die Tonträger wieder jeder anders gestaltet, nicht nur andersfarbig, sondern auch mit anderen zur Geschichte passenden Motiven. Das Booklet greift weitere Motive des Buches und seiner Illustration von Verena Körting auf und enthält auch das Glossar mit den vielfältigen plattdeutschen Begriffe, die Oma Inge und ihre Nachbarn so gerne verwenden.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Jumbo Verlag für unser Hörexemplar und beim Oetinger Verlag für unser Leserundenexemplar.

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

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