Zurück in
Sommerby, Kirsten Boie, Oetinger Verlag, gelesen von Julia Nachtmann, Jumbo
Verlag, 4 CDs 333 Minuten, gekürzt, ab 10 Jahren
Es gibt
Geschichten, die sind so schön, da braucht man einfach Buch und Hörbuch!
Dies ist die
langersehnte Fortsetzung von Kirsten Boies Wohlfühlroman „Ein Sommer in
Sommerby“. Damals verbrachten die Geschwister Martha, Mikkel und Mats eher
unfreiwillig ihre Sommerferien bei der ihnen fremden Oma Inge auf ihrem
abgelegenen Fleckchen Erde an der See. Nun ist ihre Mutter Leonie endlich
gesund und die Eltern würden in den Herbstferien gerne mit ihnen in den Süden
reisen, doch alle Kinder wünschen sich zurück nach Sommerby. Zurückzukehren ist
irgendwie vertraut und doch hat sich einiges verändert. Die Stockrosen haben
den Äpfeln und Zwetschgen Platz gemacht, es ist nicht mehr so lange hell und
auch das Leuchtturmcafé hat seine Türen geschlossen. Wo Enes und Dilara nun
wohl wohnen mögen? Warum hat Enes irgendwann Marthas Whats app nicht mehr
beantwortet? Ob es nur ein Missverständnis war? Doch das Glück in Oma Inges
urigen Häuschen auf der Landzunge wird ernsthaft bedroht. Offenbar ist es ihnen
nicht gelungen den gierigen Makler vom Sommer ein für alle mal zu vertreiben,
der es auf Inges Heim abgesehen hat. Nun legt er Papiere vor, die Inges
Alleineigentum in Frage stellen und drängt sie zum schnellen Vertragsabschluss.
Oma Inge scheint all ihrer Energie beraubt, aber Martha will den Kampf so
schnell nicht aufgeben!
Bei Oma Inge
scheint die Zeit still gestanden zu sein. Kein Telefon, kein Fernsehen, kein
Internet und vieles wird repariert oder geflickt, statt es wegzuwerfen und zu
ersetzen. Es muss ja nicht alles perfekt sein! So freut sich Martha auch wieder
auf das abendliche Lesen nachdem sie im Sommer „Désirée“ verschlungen hat und
auch die Brüder wollen wieder Gute-Nacht-Geschichten hören. Diesmal wird es
Astrid Lindgrens „Pelle zieht aus“ geben und für sie „Vom Winde verweht“, einen
anderen ehemaligen Lieblingsroman ihrer Mutter! So ist auch dieser Sommerby-Band
eine Hommage an die Liebe zum Lesen und die Ermunterung, doch mal zu einem
Klassiker zu greifen oder einfach analog zu leben. Tatsächlich habe ich in dem
Sommer als ich 15 oder 16 wurde, sowohl „Désirée“ als auch „Vom Winde verweht“
gelesen und habe es geliebt! Übrigens mag ich beides auch noch immer! Doch es
ist in Sommerby nicht so gemütlich, wie die Kinder es in Erinnerung hatten,
denn der Makler taucht wieder auf, fast noch gnadenloser und dreister als im
Sommer! Dadurch wird dieser Band schon ziemlich schnell, ziemlich spannend!
Juristisch ist das alles etwas fragwürdig und ich habe immer wieder gedacht,
„Mensch Inge, spring über Deinen Schatten und frag mal jemanden, der sich
auskennt!“. Für Kinder ist das egal, sie merken es nicht, aber ich denke, dass
das was Mats im Sommer passiert ist und was der Makler sich diesmal erlaubt,
ist nach kindlichem Rechtsverständnis ein absolutes No-Go und so sieht es zum
Glück auch die Rechtsordnung. Ich hoffe, das kindliche Rechtsempfinden wird
hier nicht nachhaltig gestört, Kinder haben da nämlich meistens ein sehr feines
Gespür.
Sehr gut
gefällt mir, dass Inge nicht immer alles so tragisch sieht und den Kindern oft
genug zeigt, dass man auch entschleunigter sehr gut leben kann. Allerdings
würde ich Mats nicht so viel durchgehen lassen. Auch wenn heute Erziehung oft
weniger streng ist, gibt es Grenzen dessen, womit ein Kind durchkommen sollte.
Wirklich stark finde ich, wie Martha an ihren Herausforderungen reift. Sie
spürt, dass etwas nicht stimmt, sie übernimmt Verantwortung, nicht nur für ihre
Brüder, sondern auch für ihre sture Oma. Ihr Bemühen zahlt sich aus und so
endet auch dieser Band wieder mit einem absoluten Glücksgefühl! Nicht ganz
unbeteiligt ist daran Nachbar Krischan, der mit seiner ruhigen Besonnenheit und
geschickten Gesprächen mit den Kinder, diese oft in die richtige Richtung
lenkt, sie darin bestärkt, so dass sie gar nicht anders können, als das
Richtige zu tun!
Die kleinen
Vignetten von Verena Körting zu jedem Kapitelbeginn fangen sehr schön die
jeweilige Stimmung des kommenden Kapitels ein.
Julia
Nachtmann gibt auch diesem Band eine sehr harmonische, aber auch lebendige
Note. Sie variiert ihre Stimme, passt sie den Charakteren und den Stimmungen
an. Man lebt richtig mit ihr auf der kleinen Landzunge, umtost von Wind und
Wellen. So wohl die frischen jungen, die kindlich bockigen, aber auch die
reifen und verstocken Dialoge packt sie gekonnt in ein vielschichtiges
Hörerlebnis. Eine sehr gute Wahl für die Vielfalt an Charakteren, die die Spannung
und das Wohlgefühl dieses Herbstabenteuers prägen. Dabei sind die Tonträger
wieder jeder anders gestaltet, nicht nur andersfarbig, sondern auch mit anderen
zur Geschichte passenden Motiven. Das Booklet greift weitere Motive des Buches
und seiner Illustration von Verena Körting auf und enthält auch das Glossar mit
den vielfältigen plattdeutschen Begriffe, die Oma Inge und ihre Nachbarn so
gerne verwenden.
Wir bedanken
uns ganz herzlich beim Jumbo Verlag für unser Hörexemplar und beim Oetinger
Verlag für unser Leserundenexemplar.
Hier findet
Ihr eine Hörprobe:
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