Ich will das nicht, Susanne Fülscher, Carlsen Clips
Die 15 jährige Zoe ist vor 4 Monaten mit ihrer Mutter von Augsburg
nach Norddeutschland in die Heimat ihrer Mutter gezogen, nachdem ihr Vater sich
neu verliebt hat. Ihre Mutter ist glücklich, wieder in der Nähe ihrer Eltern zu
leben und bei ihren alten Schulfreundinnen. Doch genau das fehlt Zoe. Ihre
beste Freundin seit der ersten Klasse, Emily vermisst sie ebenso wie ihre
Leistungsturntruppe. Was soll sie hier, wo sie nur geärgert wird und sich
einfach nur fehl am Platz fühlt? Doch das ändert sich, als ihre Sportlehrerin,
die von ihrem turnerischen Können beeindruckt ist, ihr vorschlägt, sich doch
mal die Zirkus-AG der Schule anzusehen. Skeptisch geht sie hin und ist sofort
begeistert von der für sie neuen Akrobatik. Die Mädchen sind nett, besonders
die gleichaltrige Fatou und auch Trainer Timo ist glücklich über den Neuzugang.
Endlich fühlt sie sich zu einer Gruppe zugehörig, doch Timo gibt ihr Rätsel
auf. Sind seine Berührungen Zufall, oder ist er zudringlich? Sie weiß nicht,
wie sie reagieren soll und fürchtet die AG zu gefährden.
Zoe mit ihrer zurückhaltenden Art und ihrer Unsicherheit, seit dem
Verlust ihrer gewohnten Umgebung ist einem sofort sympathisch. Um so mehr freut
mach sich mit ihre, dass es ihr in der Akrobatik-Gruppe so gut gefällt. Anfangs
scheint alles super, aber langsam schleichen sich Zweifel ein, besonders als
Emily, ihre beste zu Freundin in den Ferien zu Besuch kommt und von ihren
Beobachtungen berichtet. Sensibel und doch eindringlich kippt die Stimmung. Das
junge Glücksgefühl kommt ins Wanken, aber noch könnte alles nur ein
Missverständnis sein.
Die Grenzen zwischen Missbrauch und Zufällen sind oft fließend und
gerade unsichere Menschen, was bei Teens meistens der Fall ist, tun sich schwer
mit dem Deuten der Anzeichen. Niemand will so selbstverliebt erscheinen, dass
jemand so beliebtes und bewundertes wie der sympathische, gutaussehende Trainer
etwas von einem will. Doch dieses Buch bestärkt darin, lieber einmal
skeptischer zu sein, als sich in Gefahr zu bringen und im Zweifel auch mal eine
Unhöflichkeit in Kauf zu nehmen. Sehr schön kann man in Zoes Seelenleben
blicken, fühlt ihr hin- und hergerissen sein. Man kann sie so gut verstehen!
Zoe hat Glück im Unglück, denn als sie sich traut, sich zu wehren,
findet sie Unterstützung und ihr wird geglaubt. Das macht sie stark. Doch nicht
jedem Opfer geht es so und so stellt Autorin Susanne Fülscher klar, dass es
Sache der Opfer ist zu entscheiden, ob sie Anzeige erstatten wollen, oder
nicht. Natürlich ist es wichtig, solche Typen zu stoppen und somit auch weitere
Mädchen zu schützen, doch nicht jedes Opfer kann dies und hat dazu sie Kraft.
Sie urteilt nicht und das ist wichtig. In solchen Situationen sind Verständnis,
Glaube und Unterstützung gefragt. Es ist nicht der böse Unbekannte, der im
Dunkeln lauert, die Opfer sind nicht Schuld, weil sie sich zu freizügig kleiden
oder geben. Es sind die Täter, die die Schuld tragen, die Grenzen
überschreiten. Ihnen stark entgegenzutreten ist wichtig, denn sie suchen sich
die Schwachen aus und bringen ihre Opfer in Situationen, in denen sie sich
schwach und verletzlich fühlen. Das kann jeder passieren, dessen sollte man
sich stets bewusst sein, ohne deswegen überängstlich zu werden und das Leben an
sich vorbei gehen zu lassen. Man spürt genau wie wichtig Susanne Fülscher
dieses Thema ist, das sie bereits in ihrem Roman #fingerweg, in einer längeren
Form angesprochen hat.
Das Besondere an diesem Buch ist neben dem Thema seine Kürze. Auf
knapp etwas über 100 Seiten wird Zoes Geschichte erzähl. Kurz und doch nicht zu
kurz, es gibt so viel Raum für Emotionen! Es ist ein unglaublich wichtiges
Thema für Heranwachsende, da sie besonders verletzlich und verwundbar sind,
aber leider auch oft echte Lesemuffel. Die Reihe Carlsen Clips widmet sich
daher Themen für Teens im Hosentaschenformat, die man jederzeit mit sich
rumschleppen kann und einfach durch den packen Stil und die altersgerechten
Themen auch Nichtleser fesseln können. Nach 100 Seiten können sie feststellen,
das Lesen gar nicht weh tut, sie aber nun etwas haben, was ihnen auf der Seele
brennt und worüber sie vielleicht gerne mit ihren Freunden sprechen möchten.
Ein tolles Konzept und ein tolles Format, gerade auch für Schüler die viel Zeit
mit Warten an Bushaltestelle o.ä. Verbringen.
Ich liebe dieses Buch und bin so begeistert von dieser Reihe, dass
ich meiner Großen auch welche zustecken werde. Mit 12,5 Jahren, ist sie aber
noch etwas zu jung und sollte noch so ein bis anderthalb Jahre warten...
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Susanne Fülscher und dem
Carlsen Verlag für unser Rezensionsexemplar.
Ich habe von Susanne Fülscher auch bereits #fingerweg und nun ganz frisch Ich will das nicht, gelesen. Ich kann deine Begeisterung für diese beiden Geschichten nur verstehen. Die Autorin hat das Thema perfekt umgesetzt und gibt jungen Frauen Mut, sich zur Wehr zu setzen.
AntwortenLöschenGanz liebe Grüße
Tanja
Ja, #fingerweg, hat mich auch gepackt. Sehr sensibel erzählt!
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