Montag, 20. Januar 2020

Ich will das nicht, Susanne Fülscher, Carlsen Clips



Ich will das nicht, Susanne Fülscher, Carlsen Clips

Die 15 jährige Zoe ist vor 4 Monaten mit ihrer Mutter von Augsburg nach Norddeutschland in die Heimat ihrer Mutter gezogen, nachdem ihr Vater sich neu verliebt hat. Ihre Mutter ist glücklich, wieder in der Nähe ihrer Eltern zu leben und bei ihren alten Schulfreundinnen. Doch genau das fehlt Zoe. Ihre beste Freundin seit der ersten Klasse, Emily vermisst sie ebenso wie ihre Leistungsturntruppe. Was soll sie hier, wo sie nur geärgert wird und sich einfach nur fehl am Platz fühlt? Doch das ändert sich, als ihre Sportlehrerin, die von ihrem turnerischen Können beeindruckt ist, ihr vorschlägt, sich doch mal die Zirkus-AG der Schule anzusehen. Skeptisch geht sie hin und ist sofort begeistert von der für sie neuen Akrobatik. Die Mädchen sind nett, besonders die gleichaltrige Fatou und auch Trainer Timo ist glücklich über den Neuzugang. Endlich fühlt sie sich zu einer Gruppe zugehörig, doch Timo gibt ihr Rätsel auf. Sind seine Berührungen Zufall, oder ist er zudringlich? Sie weiß nicht, wie sie reagieren soll und fürchtet die AG zu gefährden.

Zoe mit ihrer zurückhaltenden Art und ihrer Unsicherheit, seit dem Verlust ihrer gewohnten Umgebung ist einem sofort sympathisch. Um so mehr freut mach sich mit ihre, dass es ihr in der Akrobatik-Gruppe so gut gefällt. Anfangs scheint alles super, aber langsam schleichen sich Zweifel ein, besonders als Emily, ihre beste zu Freundin in den Ferien zu Besuch kommt und von ihren Beobachtungen berichtet. Sensibel und doch eindringlich kippt die Stimmung. Das junge Glücksgefühl kommt ins Wanken, aber noch könnte alles nur ein Missverständnis sein.

Die Grenzen zwischen Missbrauch und Zufällen sind oft fließend und gerade unsichere Menschen, was bei Teens meistens der Fall ist, tun sich schwer mit dem Deuten der Anzeichen. Niemand will so selbstverliebt erscheinen, dass jemand so beliebtes und bewundertes wie der sympathische, gutaussehende Trainer etwas von einem will. Doch dieses Buch bestärkt darin, lieber einmal skeptischer zu sein, als sich in Gefahr zu bringen und im Zweifel auch mal eine Unhöflichkeit in Kauf zu nehmen. Sehr schön kann man in Zoes Seelenleben blicken, fühlt ihr hin- und hergerissen sein. Man kann sie so gut verstehen!

Zoe hat Glück im Unglück, denn als sie sich traut, sich zu wehren, findet sie Unterstützung und ihr wird geglaubt. Das macht sie stark. Doch nicht jedem Opfer geht es so und so stellt Autorin Susanne Fülscher klar, dass es Sache der Opfer ist zu entscheiden, ob sie Anzeige erstatten wollen, oder nicht. Natürlich ist es wichtig, solche Typen zu stoppen und somit auch weitere Mädchen zu schützen, doch nicht jedes Opfer kann dies und hat dazu sie Kraft. Sie urteilt nicht und das ist wichtig. In solchen Situationen sind Verständnis, Glaube und Unterstützung gefragt. Es ist nicht der böse Unbekannte, der im Dunkeln lauert, die Opfer sind nicht Schuld, weil sie sich zu freizügig kleiden oder geben. Es sind die Täter, die die Schuld tragen, die Grenzen überschreiten. Ihnen stark entgegenzutreten ist wichtig, denn sie suchen sich die Schwachen aus und bringen ihre Opfer in Situationen, in denen sie sich schwach und verletzlich fühlen. Das kann jeder passieren, dessen sollte man sich stets bewusst sein, ohne deswegen überängstlich zu werden und das Leben an sich vorbei gehen zu lassen. Man spürt genau wie wichtig Susanne Fülscher dieses Thema ist, das sie bereits in ihrem Roman #fingerweg, in einer längeren Form angesprochen hat.

Das Besondere an diesem Buch ist neben dem Thema seine Kürze. Auf knapp etwas über 100 Seiten wird Zoes Geschichte erzähl. Kurz und doch nicht zu kurz, es gibt so viel Raum für Emotionen! Es ist ein unglaublich wichtiges Thema für Heranwachsende, da sie besonders verletzlich und verwundbar sind, aber leider auch oft echte Lesemuffel. Die Reihe Carlsen Clips widmet sich daher Themen für Teens im Hosentaschenformat, die man jederzeit mit sich rumschleppen kann und einfach durch den packen Stil und die altersgerechten Themen auch Nichtleser fesseln können. Nach 100 Seiten können sie feststellen, das Lesen gar nicht weh tut, sie aber nun etwas haben, was ihnen auf der Seele brennt und worüber sie vielleicht gerne mit ihren Freunden sprechen möchten. Ein tolles Konzept und ein tolles Format, gerade auch für Schüler die viel Zeit mit Warten an Bushaltestelle o.ä. Verbringen.

Ich liebe dieses Buch und bin so begeistert von dieser Reihe, dass ich meiner Großen auch welche zustecken werde. Mit 12,5 Jahren, ist sie aber noch etwas zu jung und sollte noch so ein bis anderthalb Jahre warten...

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Susanne Fülscher und dem Carlsen Verlag für unser Rezensionsexemplar.

2 Kommentare:

  1. Ich habe von Susanne Fülscher auch bereits #fingerweg und nun ganz frisch Ich will das nicht, gelesen. Ich kann deine Begeisterung für diese beiden Geschichten nur verstehen. Die Autorin hat das Thema perfekt umgesetzt und gibt jungen Frauen Mut, sich zur Wehr zu setzen.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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  2. Ja, #fingerweg, hat mich auch gepackt. Sehr sensibel erzählt!

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