Eine kurze Weltgeschichte für junge Leser – von den Anfängen bis zum
Mittelalter, Ernst H. Gombrich, gelesen von Christoph Waltz, Argon Verlag 5 CDs
342 Minuten ungekürzt
Dieser Band beginnt mit einem von der Enkelin des Autors geschriebenen
Vorwort, das erzählt, wie es kam, dass ihr Großvater diesen Klassiker schrieb.
Eigentlich sollte er nämlich ein englisches Geschichtsbuch für Kinder aus dem
Englischen ins Deutsche übersetzen, da es derartiges auf Deutsch noch nicht
gab. Doch er fand, das von ihm zu übersetzende Werk so schlecht, dass er dem
Verleger vorschlug, ein eigenes besseres Werk auf Deutsch zu schreiben. Der
Erfolg hält über Jahrzehnte an und lediglich der zweite Teil, musste viele
Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, um weitere Kapitel bis zur europäischen Union
ergänzt werden. Im Jahre 2001 verstarb er.
Ernst H. Gombrich ist studierter Kunsthistoriker und so fließt in seine
Darstellung der Geschichte auch immer etwas Kunstgeschichte mit ein, z.B. wenn
er über die Höhlenmalerei der Steinzeitmenschen, die Wandmalereien in den
ägyptischen Pyramiden, die Jagdszenen auf griechischen Vasen oder die Schönheit
in der Schlichtheit der Akropolis preist. Aber es ist keine kunstgeschichtliche
Abhandlung, man könnte es auch einfach ganzheitlich nennen, denn auf die
prägenden Kulturformen der jeweiligen Zeit wird eingegangen, auch auf Sport,
Theater, Musik und Religion. Dabei wird eben auch geschildert, dass es
teilweise die Religion eines kleinen Volkes ist, die ihm geschichtliche
Bedeutung verleiht. Dabei kommen eigentlich auch alle großen Volksreligionen
und Kulturen zu Wort. Besonders beeindruckend fand ich die Erklärung des
Orakels von Delphi. Mir war bisher nicht bekannt, dass das Orakel durch Erdgase
völlig benebelt war und daher eher unklar gelallt, als gesprochen hat... So
wird wie in diesem Beispiel auch oft die Herkunft gewisser Redensarten erklärt,
was die Kinder wirklich interessant finden und die Eltern bisweilen auch nicht
wussten. Meine größte Sorge bereiteten mir die religiösen Schilderungen, wobei
ich ausgerechnet Buddha und Lao-Tse gemeinsam mit meinem Pubertier hörte. Beim
Zuhören wurde mir heiß und kalt, als ich begriff, dass sie ja die Meditation
von Buddha und Lao-Tse, das Streben nach dem Nichts, dem Nirwana oder auch den
Zustand eines Käfers zu erreichen, einfach mit Chillen übersetzen könnte. Zum
Glück ist das nicht passiert, ich bekam nie die Ausrede fürs Nichtstun zu
hören, dass sie nach Höherem strebe ;) Die Jüngere freute sich, ihr aktuelles
Reli-Referatsthema wieder zu entdecken: Der Auszug der Juden aus Ägypten. Im
Gegensatz zum Text in ihrem Relibuch, war dieses Kapitel für sie aber gut
verständlich. Aber auch wenn er den Buddhismus und Lao-Tse erläutert und die
Bedeutung des Judentums, der ägyptischen und
griechischen Götter, so wird doch offenbar, daß er eindeutig Christ ist
und von der christlichen Kirche in seinem Selbstverständnis geprägt. Da ich
selbst dazu gehöre und diese Werte an meine Kinder weitergebe stört es mich
nicht, könnte bei einigen aber nicht gut ankommen. Ich habe erfreut
festgestellt, dass meine Schulbildung doch gründlich war. Ich habe alles schon
mal im Unterricht gehabt, aber immer nur ausschnittsweise und nie als
ineinandergreifende Zusammenhänge. Daher wird auch auf die Philosophen
eingegangen, wie auch Diogenes, der ja doch auch verblüffende Ähnlichkeiten mit
Buddha und Lao-Tse aufweist und auch mit dem modernen Trend des Minimalismus.
In seiner Dinge werden aber wohl noch nicht einmal 100 Dinge Platz gefunden
haben, aber er war schon für Alexander den Großen beeindruckend. Für mich
beeindruckend, war die Fähigkeit dieser großen Herrscher riesige Reiche über
Jahre zu beherrschen, ganz ohne die Mittel der modernen Kommunikation. Das
macht mich schon neugierig, wie sie das denn eigentlich angestellt haben, in
Zeiten, in denen Briefe monatelang unterwegs waren. Ach ja, die Leistung der
einzelnen Völker Schriftsprachen zu entwickeln wird übrigens auch jeweils unter
die Lupe genommen.
Sehr erstaunlich finde ich, dass dieses Hörbuch, obwohl seine Vorlage
bereits so alt ist (1935) noch immer von Kindern gut verstanden wird, auch wenn
der Wortschatz stetig im Wandel begriffen ist. Da die Buchvorlage aus dem Jahre
1935 stammt, ist sie nicht mehr immer unbedingt politisch korrekt, für heutige
Verhältnisse. Erstaunlicherweise, hat meinen Mann das überhaupt nicht gestört.
Wer aber vermeiden möchte, dass die Kinder Begriffe wie „Neger“ hören, der
sollte hier nicht zugreifen. Es ist ein historisches Dokument.
Mein Mann war von Christoph Waltz als Sprecher ganz angetan. Er spricht
wohl moduliert und nie monoton. Da macht es Freude zuzuhören. Seinen kleinen
österreichischen Einschlag finde ich charmant. So, wie in vielen seiner frühen
Filme, klingt er hier nicht wie ein Bösewicht, sondern einfach freundlich, wie
ein netter Onkel, der einem Kind etwas erklärt. Oft hat man auf Deutsch nicht
die Gelegenheit einem Oscar-Preisträger zu lauschen.
Es ersetzt kein Geschichtsbuch und kein Lernen für die Schule. Aber dieses
Hörbuch kann etwas ganz Wichtiges: Kindern Geschichte als ganzheitliches
Subjekt nahe zu bringen, zu verdeutlichen, dass es mehr um Zusammenhänge und
das große Ganze, als um einzelne Jahreszahlen geht. Klar, es werden auch
Jahreszahlen genannt, aber vom einmaligen Hören, prägt man es sich ja nicht
ein. Daher werden oft auch zeitliche
Parallelen und andere zeitliche Zuordnungen geschaffen. Es weckt vor allem
Interesse und das finde ich wertvoll. Das in der haptisch angenehmen Pappbox
beiliegende Booklet lässt einen das Gehörte besser zu merken, da man auch
einiges noch nachlesen kann. Das finde ich sehr hilfreich. Ab 10 Jahren
wirklich zu empfehlen.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim Argon Verlag für unsere kurzweilige
Erweiterung des Horizonts!
Hier könnt Ihr schon mal reinhören:
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