Herzensbruder – Bruderherz, Andrea Schomburg, ungekürzte
Lesung mit Camilla Renschke, Headroom Sound Production, 3 CDs 3 h 13 min
Luise meint, sie wäre eine ganz normale Zwölfjährige, zwar
Einzelkind, aber mit netten Freundinnen und liebevollen Eltern. Nun gut, sie
sind etwas übervorsorglich, aber sie meinen es ja nur gut, auch wenn sie es
manchmal übertreiben. Doch dann geschehen zwei Dinge die ihr Leben verändern:
Ihre Mutter will, daß sie für den Besuch eines Freundes des Vaters das Haus
aufräumen, wobei sie ein altes Fotoalbum findet. Dabei entdeckt sie, daß sie
einen Zwillingsbruder namens Felix hatte, der wohl kurz nach der Geburt
gestorben ist. Ist das der Grund für ihre Sorge um sie? Warum haben sie ihr
nichts davon erzählt? Die Frage beschäftigt sie unentwegt. Auch noch als sie
sich heimlich zum Jugendtheater-Workshop anmeldet, den ihre Eltern ihr aus
Angst vor seltsamen Subjekten am Theater verboten haben. Als dort alle bei der
Vorstellungsrunde nach Geschwistern gefragt werden, erzählt sie von ihrem
coolen Zwillingsbruder Felix, dem Jugendtheaterstar und Hip-Hop-Champion. Alle
wollen ihn kennen lernen und so gerät Luise in echte Erklärungsnot, aus der sie
ausgerechnet Viktor, ihr verschlossener Klassenkamerad befreit.
Eine unglaublich einfühlsame und humorvolle Geschichte über
den Mut zur Wahrheit und dem Mut seine Träume zu verwirklichen. Es ermuntert
die Gedankenmauern einzureißen und als die Kreidestriche zu entlarven, die sie
eigentlich nur sind. Ja, Luise lügt ganz schön viel, aber erst, nachdem sie
merkt, daß ihre Eltern ihr etwas verheimlichen und sie fühlt sich dabei immer
und immer unwohler, vor allem weil sie merkt, daß jede Lüge die nächste
hinterher zieht. Meine Tochter (10) mag eigentlich keine Romanhelden, die
lügen, betrügen oder stehlen, aber bei Luise geschieht dies mit so vielen
Gewissensbissen und auch nur, weil sie etwas unbedingt machen möchte, daß ihr zwar
verboten wurde, aber völlig zu unrecht. Sie ist eine gute Schülerin und erfüllt
all ihre Pflichten, hat nette Freundinnen und eigentlich spricht nichts gegen
eine Teilnahme. Das Schauspiel als solches ist weder verboten, noch hat es
einen schlechten Einfluss, ihre Eltern machen sich nur Sorgen, weil die Gruppe
nicht direkt in der Nachbarschaft probt. Doch wer in der Großstadt lebt, muss
seinen Kindern auch mal etwas zutrauen, wenn sie älter werden. So erfüllt sich
Luise ihren eigenen Traum, den vom Theater, den davon, mal etwas ganz alleine
auf die Beine zu stellen, und den von einem großen Bruder, auch wenn Viktor
nicht älter ist als sie. Aber Viktor hat Lebenserfahrung und sie kann nicht nur
ihn kennenlernen, sondern auch viel von ihm. Für beide ist es ein Gewinn und
beide gewinnen durch den Anderen an Mut und Selbstvertrauen hinzu. Allerdings
müssen sie feststellen, daß ehrlich doch am längsten währt, da selbst in der
Großstadt man solch eine Posse nicht unendlich durchziehen kann, ohne
aufzufliegen und es ist auch ganz schön anstrengend! Das hat uns beiden sehr
gut gefallen. Kinder und Eltern werden ermutigt: miteinander zu reden, ehrlich
zu sein, einander mehr zu zutrauen und die Ängste im Kopf zu besiegen!
Dabei ist der Schreibstil von Andrea Schomburg wunderschön
leicht und selbstverständlich, trotz des ernsten Themas. Durch die
Ich-Erzählform fühlt man sich sofort angesprochen und die jungen Zuhörerinnen
können sich leicht mit ihr identifizieren. Meine Tochter wollte immer wissen,
wie es mit ihnen weitergeht. Wie das Theaterstück sich entwickelt und ob Luise
und Viktor auffliegen. Die Autorin hat jahrelang als Gymnasiallehrerin
gearbeitet, was sich an der guten Verständlichkeit der Geschichte zeigt. Kein
unbekanntes Wort, nichts, was ein Kind nicht auf Anhieb versteht, dafür aber
Gefühle, die direkt ins Kinderherz gehen. Diese Geschichte ist in Prosa
verfasst, was bei der Lyrik liebenden Autorin ungewöhnlich ist. Die Lyrik kommt
daher bei den Liedern ins Spiel, die Luisa für das Musical singt.
Camilla Renschke als Interpretin war mir kein Begriff, aber
ihr Foto auf dem Cover kam mir bekannt vor. Klar, sie spielte die Tochter von
Kommissarin Inga Lürsen im Bremen Tatort mit Sabine Postel und Oliver Mommsen!
Sie klingt jung, verletzlich und doch entschlossen, genau wie wir uns Luise
vorgestellt haben. Dabei hat sie eine warme sympathische Stimme der man gerne
stundenlang zuhört.
Da uns der Roman so gut gefallen hatten, haben wir uns
unbedingt auch das Hörbuch gewünscht, um diese Herzensmomente immer wieder
hören zu können.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Autorin für dieses
wunderbare Rezensionsexemplar.
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