Der Blütenjäger (ein Laura Kern Thriller) Catherine Sheperd, gelesen von
Beate Rysopp, 1 MP3 484 Minuten ungekürzt, Audiobuch Verlag
Dies ist der vierte Fall von Laura Kern und für mich der erste:
Laura Kern ist Spezialermittlerin beim LKA Berlin und wird hinzugezogen,
wenn es kniffelig wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn wie aktuell zwei sehr
junge Frauen, kurz nacheinander erschossen im Spanndauer Forst gefunden werden.
Beide barfuß und mit funkelnden Abendkleidern, eine Blüte neben sich und ein
Foto, welches sie in provozierenden Tanzposen in der Disco zeigt. Ist dies der
Beginn einer Mordserie und heißt das, daß weitere Morde zu erwarten sind?
Während der Ermittlungen tappen die Kriminalisten lange im Dunkeln, doch Laura
spürt die Dämonen der Vergangenheit sich nähern. Sie verbindet mit den jungen
Opfern mehr, als ihre Kollegen ahnen, daher kniet sie sich besonders in die
Arbeit. Es scheint eine Verbindung zwischen den Opfern zu geben, daher wird die
Psychologin Dr. Niemeyer hinzugezogen, um ein Täterprofil zu erstellen. Dennoch
scheinen alle Überlegungen im Sande zu verlaufen, bis sie mit ihrem attraktiven
Kollegen Taylor nachts bei einer illegalen Überwachung ein weiteres Opfer
findet und dieses auf eine weitere Vermisste hinweist. Der Zeitdruck ist nun
enorm!
Auch ohne Vorkenntnisse zur Reihe bin ich gut in den Fall hineingekommen.
Laura offenbart dem Hörer ihr traumatisches Geheimnis, daß selbst ihre Kollegen
und ihr Liebhaber Taylor nicht kennen
dürfen. Zu empfindlich ist auch nach 20 Jahren ihre Seele noch in Bezug auf das
Erlebte. Für Neueinsteiger ist eine solche Schlüsselszene natürlich optimal.
Laura ist verschlossen, aber durchaus sympathisch und engagiert. Gerne
arbeitet sie mit anderen zusammen, gerade wenn sie wie hier, völlig im Dunkeln tappt,
da kann jeder neue Gedanke hilfreich sein. Sehr lange folgt man den Opfern
nacheinander durch den dunklen Wald, verfolgt von einem Peiniger, den sie nicht
sehen. Über Wurzeln stolpernd, einer vergeblichen Hoffnung auf Rettung folgend.
Man lernt die Opfer in ihrer Gefangenschaft kennen, wie sie Kontakt zu einander
aufnehmen und begreifen, daß sie auf Vorrat gefangen werden, damit sie ahnen,
welches Schicksal ihnen bevorsteht. Die wachsende persönliche Bindung
untereinander, machte das Grauen vor der bevorstehenden Jagd auf sie
unerträglicher.
Zudem werden Rückblicke zu einem Familiendrama vor 20 Jahren eingeblendet,
in welchem die konsultierte Psychologin Dr. Niemeyer behutsam versucht Jungen,
die eine Tragödie erlebt haben, bei der Freilegung ihrer Erinnerungen zu
helfen. Doch wie gehören die beiden Fällen zusammen? Der Hörer beginnt sich zu
fragen, was sie verschweigt.
Man folgt den Ermittlern in die Welt der Discotheken und zwielichtiger
Gestalten. Nicht nur der Besitzer des Clubs ist suspekt und Laura zutiefst
unsympathisch. Es bieten sich auch weitere Verdächtige an, aber keiner scheint
so richtig zu passen.
Der Thriller baut seine Spannung aus dem Element der Verzweiflung, dem
Wissen der Opfer, dass ihre Zeit bald abläuft und dem stetig wachsenden
Ermittlungsdruck auf. Wie eine Blüte entblättert sich Hinweis für Hinweis,
unter Druck aber mit der erforderlichen Zeit, bis sich am Ende die Ereignisse
überstürzen. Es geht um Psychologie und Geheimnisse aus der Vergangenheit,
nicht um Ekel. Für einen Thriller ist dieser Fall recht unblutig und der Hörer
steht auch nicht mit am Seziertisch. Dennoch fiebert man mit und möchte wissen,
wer denn die Grausamkeit besitzt junge Frauen zu fangen, zu Jagen und aus dem
Hinterhalt zu erschießen.
Soweit fand ich die Geschichte auch schlüssig. Was mich während des Hörens
aber immer beschäftigte, war die Frage, weshalb Taylor der nun gerade seinen
Profilinglehrgang beendet hat, kein eigenes Profil erstellt, sondern gleich
eine externe Psychologin? Er ist ein gewiefter Ermittler mit brillanten
Verstand und logischen Überlegungen, aber das gerade Erlernte, wird noch nicht
einmal ansatzweise eingebracht. So uneigenständig im Denken, daß er wegen einer
beigezogenen Spezialistin auf eigenes Denken verzichtet, erscheint er mir
nicht. Er ist sich seiner Fähigkeiten eigentlich durchaus bewußt, ohne falsche
Scheu.
Mit diesem Band der Reihe wechselt die Sprecherin von Svenja Pages zu Beate
Rysopp. Svenja Pages ist auch eine gute Wahl, die ich mir sehr gut vorstellen
kann, aber auch Beate Rysopp finde ich gelungen. Der Prolog beginnt aus Sicht
des jüngsten Opfers, was mich etwas zweifeln ließ, denn nach Partymäuschen
klingt sie nicht so recht, dafür ist ihre warme Stimme zu reif, aber für die
erfahrene Ermittlerin, die bisweilen zwischen ihren eigenen Ängsten,
Bedürfnissen und ihrer eigenen Anspruchshaltung hin- und her gerissen ist,
passt sie sehr gut. Sie schafft es gekonnt die Klaviatur der Gefühle stimmlich
in voller Bandbreite abzurufen. Wie alt Laura Kern ist, erfährt man zumindest
in diesem Fall nicht.
Catherine Shepherd ist ein Künstlername. Die Autorin lebt und schreibt am
Niederrhein, wo auch ihre ersten Thriller spielten.
484 Minuten rätselhafte Spannung, bei der ich gebannt mitfieberte und über
mögliche Täter und Zusammenhänge nachgrübelte. Ungekürzt.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Audiobuch Verlag für schlafreduzierte
Nächte, in denen ich weiter hörte und dem Klang von Beate Rysopps Stimme
lauschte, für dieses spannende Hörrundenexemplar.
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