Vom gleichen Blut, Alexander Hartung, Edition M,
Dies ist der zweite Fall für den Ex-Kripobeamten Nik Pohl, der an den
Schatten seiner Vergangenheit zu zerbrechen droht und die Ermittlungszwänge im
Staatsdienst nicht mehr ertragen hat. Seit dem ersten Fall ist der einsame Wolf
nun Privatermittler im Auftrag von Jon, einem jungen Privatier, der sein
Vermögen mit der App-Entwicklung erworben hat. Diesmal ist die Entführung der
14 jährigen Bauunternehmerstochter Greta Jon ein Dorn im Auge. Er wird den
Eindruck nicht los, daß die offiziellen Ermittlungsmöglichkeiten nicht
ausreichen werden, und seine Hackerkünste, sowie Niks Schnüfflerinstinkt
gefordert werden, um das Mädchen zu retten. Der exzentrische Pathologe
Balthasar ist ebenfalls mit von der Partie. Bei den Versuchen an die verdeckten
Hintergründe der Tat zu gelangen, stoßen sie auf eine Mauer des Schweigens, und
eine Schlägertruppe krallt sich Balthasar. Schon bald ahnt Nik, daß es sich nicht
nur um Greta, sondern um das Geheimnis ihrer Geburt geht, denn auch ein
weiterer Junge mit ihrem Geburtsdatum wird entführt. Alle Ermittlungsansätze
scheinen im Sande zu verlaufen, die Frustration der privaten Ermittler ist
nahezu greifbar.
Diesmal offenbart der knallharte und desillusionierte Nik, was sich im
ersten Band bereits ankündigte, den Grund für seinen Ausstieg, warum er, der
einst die Hoffnung der Kripo war, auf alle Regeln pfiff und ihm alles egal zu
werden schien. Denn der einsame Wolf hat einen weichen Kern und ein verwundetes
Herz. Hacker Jon gibt deutlich weniger von sich preis, während auch Balthasar
offenbar einige ungeahnte Talente seiner Kindheit im gutbürgerlichen Elternhaus
zu verdanken hat. Eine ziemlich schräge Truppe. Datenschutz ist für sie ein
Fremdwort, ebenso Privatsphäre. So sehr ich ihr Bestreben die entführten Kinder
zu retten verstehe, so sehr widerstreben mir durchaus viele ihrer
Ermittlungsmethoden. Warum diese zu Recht ungesetzlich sind, zeigt sich an der
Schneise der Verwüstung, die Nik hinter sich lässt. Es gibt einige Tote als
„Kollateralschaden“ zu beklagen, die nicht alle den Tod verdient haben, sondern
eigentlich das Herz am rechten Fleck hatten oder einfach nur zur falschen Zeit
am falschen Ort waren. Nik gefährdet ganz bewußt das Leben einiger, die er in
die Ermittlungen mit hineinzieht. Auch am Ende nach dem furiosen Showdown kann
ich daher nicht wirklich aufatmen, sondern frage mich, ob es das wirklich wert
war? Es ist kein Ende wie bei Donna Leon, bei dem am Ende, das Böse zwar in
einem Fall überführt ist, es aber dennoch keinen Unterschied macht, da es nie
schläft und es immer so weiter gehen wird. Es ist mehr, ein sehr teuer
erkaufter Sieg, der für mich kein Triumphgefühl zulässt, sondern einen schalen
Geschmack hinterlässt.
Alex Hartung streut immer wieder Hinweise ein und legt ablenkende
Nebelbomben, damit das Rätsel, was hinter der Tat eigentlich steckt und somit
die Frage geklärt wird, wer dafür verantwortlich ist, bis zum Ende offen
bleibt. Das ist sehr geschickt und auch sehr spannend. Logisch und in sich
schlüssig, arbeitet sich das Team durch jeden Hinweis, jede Finte. Dabei ist
vor allem der schrille Balthasar mit seinem nicht minder exzentrischen Papagei
ein Lichtblick, der die Düsternis von Niks Seele erhellt. Ich hoffe jedoch, daß
Geldgeber und Hacker Jon in Zukunft mehr Kontur bekommt. Für mein Empfinden ist
er als Charakter noch ausbaufähig. Dennoch ist auch dieser Thriller wieder
absolut packend und spannend geschrieben, ohne unnötige Längen.
Ein actiongeladener Kampf eines einsamen Wolfes, einer geschundenen Seele,
der die Grenzen der Bürgerlichkeit und des Beamtentums hinter sich gelassen
hat.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei netgalley für dieses Rezensionsexemplar!
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