Emilia und der Junge aus dem Meer, gelesen von Sascha Icks, DAV
Dieses Hörbuch beginnt mit einem Zitat aus Andersons kleiner Meerjungfrau
und Berthold Brechts Drei-Groschen-Oper, das ist durchaus berechtigt, da
inhaltliche Ähnlichkeiten sicherlich auch bewußt in Kauf genommen wurden.
Emilia ist 10 Jahre alt und die Tochter des Leuchtturmwächters. Nachdem sie
gerade 2 Wochen lang zur Schule ging, wurde sie wieder herausgenommen, da ihre
Mutter schwer erkrankte und sie sie pflegen sollte. Nach ihrem Tod, musste sie
sich um ihren Vater kümmern. Der ertränkte seinen Kummer über den Verlust
seiner Frau und seines Unterschenkels (über diesen Vorfall schweigt er sich
aus) in Schnaps. So ist Geld stets knapp und Nahrung auch. Als ein Sturm
aufzieht, stellt Emilia fest, daß sie keine Streichhölzer mehr haben. Sie zieht
trotz des Unwetters los, doch die Hölzer werden ins Meer geweht und ein Unglück
geschieht. Da der Leuchtturmwächter seiner Aufgabe nicht nachkam, muß er für
den Schaden aufkommen. Er wird für 7 Jahren im Turm eingesperrt und Emilia muß
im Gruselhaus des schwarzen Admirals arbeiten, als Dienstmädchen. Das Haus ist
herunter gekommen. Genau zu ihrer Ankunft wird der langjährige Diener Josef zu
Grabe getragen und fast alle Dienstboten verlassen fluchtartig das Haus. Denn
Josef versorgte seit Jahren das Monster im Turmzimmer. Nun traut sich niemand
mehr in dieses Zimmer, nur Emilia, die die Sehnsucht nach dem Leuchtturm in das
höchste Zimmer des Hauses zieht. Was sie dort entdeckt, verändert ihr Leben,
ihres und das aller Mitglieder des Haushalts.
Die Geschichte beginnt über eine lange Zeit skandinavisch traurig
melancholisch. Nur die Stimme von Sascha Icks und die Zusicherung der
Bloggerbetreuerin des Verlages, daß es eine wunderschöne Geschichte sei haben
mich weiterhören lassen (meine Familie zeigte da mehr Durchhaltevermögen).
Geschichten in denen Kinder in großer Armut leben und von den Verantwortlichen
rücksichtslos und gemein behandelt werden, sind nicht so mein Fall. Doch nach
und nach zog mich diese märchenhafte, merkwürdige, ungewöhnliche Geschichte in
ihren Bann. Die Härte und die Kälte, die Emilia, genannt Lämpchen in dem
Admiralshaus entgegenschlägt, hat mich schon etwas mitgenommen. Doch nach und
nach schafft es das Mädchen mit ihrer Herzensgüte und ihrer Freundlichkeit aus
ihren Mitmenschen das Beste heraus zu kitzeln. Immer mehr Menschen, denen sie
begegnet lassen sich von ihrer entwaffnenden Art anstecken. Auch das „Monster“
dessen Geheimnis sie nach und nach lüftet und das sie dadurch befreit, vertraut
sich ihr an.
Bei dem Titel hatte ich mir etwas völlig anderes vorgestellt. Es ist
immerhin ein niederländisches Kinderbuch und die niederländischen Filme auf
Kika sind immer echte Mutmacher und spenden Trost. Anfangs spendet niemand
Emilia Trost und gerade diese Trostlosigkeit fand ich schwer erträglich. Bei
den angekündigten Piraten dachte ich eher an Peter Pan, aber es ist doch eher
der eingangs zitierte Anderson der zum Tragen kommt und in eine fantastische Welt
voller Abscheu und Liebe entführt. Auch wenn das Cover eher an kleine Kinder
denken lässt, ist es für solche nicht geeignet. Bisweilen ist die Geschichte
ganz schön gruselig und ab 10 Jahren ist wirklich absolut passend. Die Autorin
ist wohl selbst von dem Märchen der kleinen Meerjungfrau fasziniert und der
Frage nachgegangen, was wohl so aus einer Meerjungfrau noch hätte werden
können, wenn sie nicht das gar zu garstige Ende von Anderson ereilt. Dieses
Märchen geht hart aber herzlich aus. Nein, niemand heiratet, aber Freiheit und
Wiedersehen sind auch Werte, die keineswegs geringer sind.
Sascha Icks ist absolut faszinierend in ihren sanften gleitenden Übergängen
von sanft, über bedrohlich zu verängstigt oder selbstsicher. Ihre Stimme
beherrscht die gesamte Klaviatur der Emotionen, aber auch der Charaktere in
ihrer Vielschichtigkeit. Auch die russischen siamesischen Zwillinge bekommt sie
absolut überzeugend hin, ohne daß es aufgesetzt oder übertrieben klingt. Sie
klingt einfach so, wie diese Geschichte klingen muss! Zudem ist ihre Stimme
wunderschön warm, weich und wohlklingend. Es ist ein Genuss ihr zuzuhören.
Diese Geschichte ist ganz anders, völlig eigen, einfach unvergleichlich.
Die Schönheit von Sascha Icks Vortrag lässt mich fast meine persönlichen Animositäten
vergessen, die aber meine persönlichen sind. Meine Große mochte gerade die
gruseligen, unheimlichen und spannenden Stellen sehr, während mein Mann vor
allem die leisen, sensiblen Stellen mochte.
Die Jüngste fand es geheimnisvoll.
Ein Hörbuch das absolut im Gedächtnis bleibt und aus der Masse
heraussticht, sowohl stimmlich, als auch inhaltlich.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV-Verlag für über 7 Stunden
ungekürzte Höremotionen.
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