Zu nah, Olivia Kiernan, gelesen von Sabina Godec
Chief Detective Frankie Sheehan ist bei ihren letzten Fall
schwer verletzt worden. Seelisch und körperlich machen ihr die Verletzungen
noch schwer zu schaffen. Sie ist gerade wieder im Dienst des Dubliner Police
Department, als ein neuer Fall herein kommt. Die angesehene Wissenschaftlerin
Eleanor Costello wurde erhängt in ihrem Schlafzimmer aufgefunden. Auf den
ersten Blick eindeutig Selbstmord, doch die Pathologie findet Hinweise auf
Fremdverschulden. Während Frankie und ihr Kollege Baz noch Eleanors Umfeld
erkunden, um heraus zu finden, wer sadistische Lust an brutalen Praktiken
empfindet, rückt der verschwundene Ehemann in den Focus. Doch der Fund einer
zweiten Leiche, macht das Rätsel noch verwirrender. Die junge Amy, die Frankie
noch persönlich aus ihrer Jugend kennt, wurde gefoltert und auf den Halloween
Scheiterhaufen geworfen. An ihrem Leichnam finden sich die gleichen
Auffälligkeiten wie bei Eleanor und das ist nicht ihre einzige Gemeinsamkeit,
denn Amy war Eleanors Studentin. Während Frankie und Baz versuchen Licht in das
Dunkel zu bringen, ehe weitere Leichen gefunden werden, steht auch noch
Frankies Aussage vor Gericht in dem Mordfall an, in welchem sie so schwer
verletzt wurde.
Die Stimme von Sabina Godec ist so wunderbar wandelbar, daß
ich richtig froh bin, mich für das Hörbuch entschieden zu haben. Mal rau und
unnahbar, mal brüchig, dann wieder warm oder verzagt. Das ganze Gefühlspektrum
liegt in ihrer Stimme, je nach Handlungsverlauf und handelnder Person und von
denen gibt es viele. Das ist gut, denn so tappt man als Hörer im Dunkeln, da es
so die Möglichkeit für eine Vielzahl von Verdächtigen gibt und Ermittlerteams
sind ja auch heute auf Forensik und Pathologie angewiesen. Ein
Personenverzeichnis hätte ich aber gerade wegen der Personenzahl und der
irischen Namen empfehlenswert gefunden. So habe ich ständig beim Hören über den
eigenartigen Namen des Kollegen gegrübelt, weil ich auf Baz, wie Baz Luhman
beim besten Willen nicht gekommen bin und mich diese Namensgrübelei unnötig
ablenkte. Die irische Atmosphäre hat mir hingegen gut gefallen und ist für mich
auch nicht alltäglich.
Während mich Frankies ständiges Qualmen und der Griff zur
Flasche bisweilen beim Hören den Zeigefinger heben ließen, mochte ich aber
ihren Versuch zur Wiederfindung ihres Seelenfriedens eine Bonsai zu pflegen und
überhaupt durchzubringen. Das fand ich ein wirklich schönes persönliches
Gimmick, das auch Frankies menschliche Seite durchschimmern ließ. Sprachlich
entspricht der Stil Frankies Charakter: klar und schnörkelos. Dieser Verzicht auf
romantische Nebenschauplätze lässt den Hörer sich ganz auf den Fall
konzentrieren, es ist auf den Punkt genau.
Interessant fand ich an dem Fall nicht so sehr die Täter und
Opfer die aus dem Milieu „alternativer Sexualpraktiken“ (welch Verharmlosung!) entstammen,
sondern die Verknüpfung von Giften, Gegengiften und Kunst. Ich werde wohl
künftig im Malkasten kein Preussischblau mehr anrühren können, oder Werke von
Chagall betrachten können, ohne an Frankie Sheehan zu denken. Auch wenn Frankie
mir persönlich mäßig sympathisch ist, ist es dennoch ein wirklich interessanter
Fall, den ich wirklich schnell hintereinander gehört habe, um zu wissen, wie es
weitergeht. Auf ein Hören der CD Nr. 6 bei Nacht habe ich dann aber doch
verzichtet, da ich ahnte, daß es nicht ganz unblutig enden würde. Toll fand
ich, daß der Täter mir erst ganz zu Schluss dämmerte, als es für Frankie schon
richtig brenzlig wurde. Wirklich ein
spannendes Finale, mit einem kniffeligen Fall, der etwas Konzentration bedarf.
Sollte die Reihe fortgesetzt werden, würde ich gerne weiter folgen und hoffen,
daß ich mich an einige der Namen erinnern kann. Aufgrund der Komplexität der
Personalstruktur, Tatverdächtigen, Opfer und Angehörigen, wäre der Hörgenuss
noch besser, wenn das mehrteilige Klappcover ein Personenverzeichnis aufgeführt
hätte, neben den Informationen zu der großartigen Sprecherin und der
vielversprechenden Autorin.
Ein herausragend gelesener, guter Thriller, dem ich daher
4,5 Sterne gebe und ihn gerne weiterempfehle.
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