Auf zerbrochenem Glas, Alexander Hartung, Amazon publishing
Kriminalkommissar Nik Pohl ist menschlich ganz unten. Nachdem er anfangs
ein brillanter Ermittler mit besten Karriereaussichten war, kam es zu einem
Bruch in seinem Privatleben, das auch seine Arbeitseinstellung mit runterriss.
Nun ist er ein wandelndes Risiko für seine Vorgesetzten und wird nur noch dort
eingesetzt, wo er nicht so viel Schaden anrichten kann. Er scheint völlig
gefühlskalt geworden zu sein, doch eines Abends wird er in seiner Stammkneipe
angesprochen und von einem Fremden zur Wiederaufnahme eingestellter
Ermittlungen in einem Vermißtenfall erpresst. Dieser Jon hat seine Hausaufgaben
gemacht und hat genau Niks einzige Schwachstelle erwischt, seine
alleinerziehende Nachbarin und deren benachteiligten Sohn. Für sie ist Nik
bereit alles zu tun, auch nach der verschwundenen Viola zu suchen, die ihn
eigentlich gar nicht interessiert. Doch schnell merkt er, daß er bei seinen
privaten Ermittlungen auf Widerstand stößt, auf Widerstand von oberster Stelle.
Eine Ermittlungen werden sabotiert, sein Leben gerät mehr als einmal in Gefahr
und nun wird es für Nik persönlich. Er gräbt immer tiefer und findet weitere
verschwundene Frauen, die Viola äußerlich verblüffend ähnlich sehen. Doch seine
Gegner ruhen ebenfalls nicht. Zum Glück ist Jon ein gewiefter Hacker, mit
ausreichend Privatvermögen, um Nik bei seinen immer gefährlicheren
Nachforschungen zur Seite zu stehen und auch noch einen privaten Pathologen
hinzuzuziehen.
Nik Pohl ist einfach abgewrackt und heruntergekommen. Sympathie für ihn zu
empfinden, fällt nicht so leicht, denn er selbst kann sich anscheinend auch
nicht mehr viel abgewinnen, er hat sich aufgegeben. Doch der geheimnisvolle Jon
hat erkannt was in ihm steckt und schafft es, Spuren seines alten Ichs
hervorzukitzeln. Auch Jon ist mehr geheimnisvoll, als daß er große Nähe zu
ließe. Ganz anders als der exzentrisch, exaltierte Pathologe Balthasar, der mit
seiner schrillen Art, Farbe und Licht in diesen düsteren Thriller bringt und
für ironische Aufheiterung sorgt.
Der Einstieg in Nik Pohls ersten Fall ist rasant und direkt und sofort wird
dem Leser klar, daß Nik Pohl nicht der einfachste und liebenswerteste Ermittler
ist. Nicht schrullig und behäbig, sondern gefühlsarm, direkt und ganz schön
gnadenlos. Wenn er erst einmal ein Ziel hat, dann beißt er sich fest und lässt
nicht locker, dabei geht er über Leichen, zumeist in Notwehr, was ihm auch in
ausgesprochen miesen Ausgangspostionen noch verhältnismäßig mühelos gelingt
(ich beneide ihn doch sehr um seine schnell heilende Nase, die hier so einiges
abbekommt). Allerdings verübt er auch finale Selbstjustiz, in einem Fall, der
meiner Ansicht nach in die immerwährende Sicherheitsverwahrung gehört, will man
sich nicht mit einem Psychopathen auf eine Stufe stellen. Gut, Nik hat es in
diesem Fall mit mehr als einem Psychopathen zu tun und nur einmal mordet er
kaltblütig, dennoch ist mir auch dieses eine Mal zu viel, das kostet einen
Stern Abzug, auch wenn der Thriller wirklich sehr spannend und undurchsichtig
ist.
Im Epilog nähert man sich Nik und seinen persönlichen Dämonen an. Es ist
wirklich geschickt eingefädelt und überrascht. Niks menschliche Seite wird
sichtbar und man erhält einen Einblick in all das was möglich ist, sollte seine
Suspendierung nicht aufgehoben werden.
Ich habe das Buch im Rahmen einer Lesenacht gelesen. Als ich immer müder
wurde, bin ich auf das für Prime-Kunden kostenlose ebook umgestiegen, um dann
auch noch für das für ebook-Leser kostengünstige Audible-Hörbuch umzusteigen.
Sehr praktisch, so kann man seinen Thriller für 2,95 € auch noch bei der
Hausarbeit weiter folgen. Die Amazonprodukte sind so aufeinander abgestimmt,
daß ich immer angezeigt bekam, auf welcher Seite ich nun bei dem Buch wäre, so
das ich nahtlos wechseln konnte. War der Akku des Kindle Fire leer, griff ich
wieder zum Buch. Nicht zwingend nötig, aber ein lustiges Gimmick. Die Stimme
des Sprechers war angenehm, aber kein Stimmakrobat. Insgesamt fand ich ihn in
Ordnung.
Wer harte, spannende Thriller mag, ist hier genau richtig. Gefühl und
Romantik kommen hier eher weniger auf, es ist Jagdtrieb pur! Wegen meiner
Abneigung gegenüber Selbstjustiz, 4 von 5 Sternen.
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