Lil April – Eine Katastrophe jagt die nächste, Stephanie
Gessner, Magellan
Dies ist Band 2 der Lil April Reihe, dessen fröhlich oranges
Cover. Die 13 jährige Lil April, die eigentlich Lilaia heißt und genau wie ihre
5 Geschwister nach griechischen Göttern benannt wurde (klar, ihr Vater ist ja
schließlich Professor) lebt in München in einem für 6 Kinder und ein
griechisches Au pair Mädchen viel zu kleinen Haus. Na ja, Papa ist derzeit in
Oxford und sucht dort nach einem größeren Haus, denn er hat nun dort einen
Lehrauftrag und ist ganz begeistert. Ganz anders als seine älteren Kinder. Lil
hat sowie so das Gefühl alles hätte sich gegen sie verschworen. Ihr Freund
Dennis hat ohne Vorwarnung mit ihr Schluß gemacht, sie hat den zweiten Platz
bei einem Modezeichnungswettbewerb gewonnen, bei dem sie entgegen elterlichen
Verbotes teilgenommen hat (er ist erst ab 14!) und hat nun einen 1-wöchigen
Modeworkshop in Berlin gewonnen. Kaum hat sie das Geheimnis ihrer besten
Freundin Helli anvertraut, weiß es auch ihr großer Bruder Pego (eigentlich
Pegasos), der seit kurzem mit Helli zusammen ist und somit die ganze Schule! Na
toll, wie soll sie es nun ihren Eltern schonend beibringen, wenn alle ihr
gratulieren? Immerhin wird sie aufgrund dieses zweiten Platzes eingeladen die
Illustratorin des Kitty Kuriers, der Schülerzeitung des Anne Frank Gymnasiums
zu werden. Doch damit fangen die Probleme eigentlich an, damit und mit Pegos
Bitte ihr bei den Grafitti-Schablonen für den Kunstunterricht zu helfen, damit
er nicht sitzen bleibt. Auch wenn Pego im Moment echt schräg drauf ist, hilft
sie sofort und die Dinge nehmen ihren
scheinbar aussichtslos katastrophalen Lauf.
Dies ist ein Buch für Mädchen (aber nicht nur, aber eben
schon mehr als für Jungs) ab 11 Jahren. Sie sollten aber echt geübte Leser
sein. Die Schrift ist klein, die Kapitel zum Teil sehr lang und statt Bildern
gibt es Vignetten zu Beginn eines jeden Kapitels, deren Überschrift eigentlich
der jeweils erste Satz ist. Die Vignetten sind in Stil von Lils kleinen
Zeichnungen, die sie so gerne in ihren LLB-Skizzenbüchlein anvertraut.
Dies ist eine sehr schöne Geschichte wie sie das Leben
spielen könnte. Die Katastrophen sind tatsächlich möglich, auch wenn die wenigsten
Leserinnen so viele Geschwister haben dürften und wohl kein Umzug nach Oxford
bevorstehen dürfte. Neben den Zielgruppen spezifischen Themen wie erste Liebe
und beste Freundin, Solidarität und Verzeihen, geht es hier auch um den Geist
von Anne Frank der Schulpatronin. Jeder der diese Schule besucht, muß sich
nämlich in der 7. Klasse mit Anne Franks Tagebuch, von ihr liebevoll Kitty
genannt, befassen. Bei ihren Überlegungen, ob sie bei der Schülerzeitung
mitmachen möchte, stellt sich Lil nämlich die durchaus wichtige Frage, wer war
Anne Frank und was symbolisiert sie auch noch heute? Ich hoffe, daß diese
Geschichte viele Leserinnen dazu animiert, das wieder neuaufgelegte Tagebuch
von Anne Frank zu lesen, aber vielleicht noch nicht unbedingt mit 11 Jahren.
Auch sehr passend finde ich Pegos Wunsch Boxer zu werden und
die Schule zu schmeißen. Da erhält er erst einmal von seinen Eltern eine
Lektion über die Schulpflicht in Deutschland. Ja, es ist durchaus sinnvoll, daß
Schüler in die Schule gehen, auch wenn in der Pubertät einiges interessanter zu
sein scheint. Doch Lil und ihre Geschwister halten zusammen und sind kreativ,
auch wenn bei Lil das Smartphone bisweilen an der Hand angewachsen zu sein
scheint. Schön, daß Helli Lil sanft auffordert, daß Handy auch mal unbeachtet
zu lassen. Die Themen sind zeitgemäß und auch wenn es Professorenkinder mit
merkwürdigen Namen sind, gehen sie Probleme nicht immer optimal an und benehmen
sich bisweilen auch kindisch. Dennoch zeigt gerade Lil, wie wichtig es oft ist,
erst nachzudenken bevor man handelt. Gerade die FB-Aufrufe zeigen, daß
unbedachte vorschnelle Facebookaktion ungeahnte üble Folgen hat. Das ist besser
von einem Buch vor Augen geführt zu bekommen, als von Eltern gepredigt zu
bekommen oder eigene negative Erfahrungen zu machen.
Ein tolles Buch für geübte Leserinnen ab 11 Jahren. Wegen
des tollen Covers durfte ich es meiner Tochter jedoch vorlesen. Dafür eignet es
sich aufgrund der langen Kapitel und kleinen Schrift aber nicht wirklich. Es
sollte wirklich selbst gelesen werden und es lohnt sich unbedingt mit Band 1 zu
beginnen. Die vielen Geschwister ließen anfangs den Kopf schwirren und die
Begriffe LLB für ihre Skizzenbücher und HALF-für ihre beste Freundin versteht
man wohl auch deutlich besser, wenn man mit Band 1 beginnt. Da wäre ein
Personenverzeichnis mit der Erläuterung der wichtigsten Lil-Vokabeln für
Neueinsteiger echt hilfreich gewesen. Wegen dieser Schwäche ziehen wir einen
Stern ab, obwohl uns die Geschichte sehr gut gefallen hat. Ich konnte aber an
der Reaktion meiner bald 10 jährigen Tochter merken, daß sie sich anfangs über
die gleichen Punkte irritiert war wie ich. Da hilft nur: mit Band 1 beginnen!
Eine echte Leseempfehlung mit 4 von 5 Sternen.
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