Drei Meter unter Null, Marina Heib, gelesen von Anna
Thalbach, Random House Audio
Sie wächst in den letzten Jahren der DDR auf, bei
liebevollen Eltern, die ihre blühende Fantasie belächeln, bis sie immer mehr
aneckt, weil sie einfach anders ist, als andere Kinder. Sie liebt den
Spreewald, diese mystische Landschaft in dem alles möglich sein könnte. Segeln
unterstreicht ihren Freiheitsdrang und ihre erste Heldin ist Pippi Langstrumpf,
das stärkste und mutigste Mädchen der Welt. Allerdings kommt sie nicht gut mit
ihrer indoktrinierten Kindergärtnerin und den übrigen Kindern zurecht. Immer wieder
fällt sie durch gewalttätige Übergriffe auf. Als die Einweisung ins Kinderheim droht, zieht die Familie nach
Leipzig. Auch dort kann sie sich nicht gut einfügen. In der Schule wird sie
ausgelacht, weil ihr Berufswunsch Pippi Langstrumpf ist, eine Buchheldin, die
für den DDR-Geschmack zu aufmüpfig ist. Immer wieder versucht sie verzweifelt
normal zu sein und doch bricht es immer wieder aus ihr heraus. Mit 34 hat sie
es fast gelernt sich so weit anzupassen, daß sie nach eifrigen Studien der
Informatik und der Fremdsprachen, ein erfolgreicher IT-Coach ist. Sie ist groß
blond, gutaussehend, gebildet und erfolgreich. Dennoch wirft sie alles hin und
beschließt aus ihrer Normalität auszubrechen und Mörderin zu werden, sich den
Dämonen zu stellen, die sie immer wieder heimsuchen, ihr den Schlaf rauben und
sie zu Gewalttätigkeiten treibt. Systematisch widmet sie sich der Vorbereitung
ihres Rachefeldzuges. Wie ist sie so geworden und warum verspürt sie immer das
Bedürfnis das Tier in sich herauszulassen?
Anna Thalbach liest unglaublich lebendig und eindringlich.
Bisweilen etwas rotzig, respektlos, passend zur völlig unangepassten
Ich-Erzählerin. Doch was stimmt mit ihr nicht? Warum tickt sie so? Wie kann
jemand mit so viel Talent, liebevollen Eltern und gutem Aussehen, sich so gar
nicht einfügen? Nach und nach legt Anna Thalbach die vielschichtige Gefühlswelt
der Ich-Erzählerin frei, erklärt, wie sie wurde, was sie war, auch wenn sie
sich niemals selbst fand.
Die Erzählweise springt durch die Zeit in ihrer Entwicklung.
Stück für Stück wird ein bißchen ihrer zerstörten Seele frei gelegt. Doch was
hat sie so zerstört, verstört? Dies könnte langweilig oder wirr werden. Doch
Anna Thalbach läßt den Zuhörer nicht mit den Gedanken abschweifen, sie schaffte
es, das Gehör und den Verstand ab dem ersten Satz zu fesseln. Auch wenn zu
Beginn nicht wirklich viel passiert, ist man sofort gebannt. Man spürt, daß man
in eine außergewöhnliche Seele blicken kann, ein Blick der erschreckend,
abstoßend und doch faszinierend ist. Wie kann ein Mensch zu zerstört und
gefühllos werden und das schon so früh? Darin liegt die Spannung dieses
Thrillers, mehr als in den akribisch geplanten Morden, die doch von Emotionen
getragen stets ein wenig aus dem Ruder geraten. Aber zuvor trainiert sie mit
einem Profikiller Disziplin, Selbstüberwindung, Kampfkunst, Reflexe,
Beobachtung. Sie wird zum Raubtier, daß Wölfe jagt. Doch je mehr sie zum Wolf
wird, desto einsamer wird sie und irgendwann wird sie sich wünschen, wieder ein
Mensch zu sein, doch es gibt kein Zurück mehr. Der 1. Mord wird sie verändern.
Sie wird nie wieder die sein, die sie mal war. Doch wußte sie nie, wer sie ist.
Mit eiskalt analytischem Verstand beobachtet sie ihre Umwelt. Ihre treffenden
und gnadenlosen Beobachtungen der Welt der ach-so normalen sind treffend,
bissig, witzig auf böse Art. Trotzdem sind diese Beschreibungen herrlich und
lassen auch zwischen all diesen Morden lächeln.
Ein ungewöhnlicher fesselnder Thriller, ein Einblick in die
Zerstörungskraft der Gewalt und Grausamkeit an Frauen und Kindern. Nichts für
zarte Nerven, und dennoch kein sinnloser Blutrausch. Sie geht zielgerichtet
vor, auf ihrem Racheplan gegen 4 Männer, deren Verbrechen sich erst am Ende dem
Hörer offenbart haben, ebenso wie der entsetzliche Irrtum dem die
Ich-Erzählerin unterlag. Bis zum Schluss fesselnd und voller Überraschungen.
Perfekt für nächtliche Autofahrten, Anna Thalbach ist das beste Mittel gegen
den gefährlichen Sekundenschlaf am Steuer.
Für Fans von Psychologisch perfiden Thrillern, die auch ohne
Action auskommen. Betörend verstörende 5 von 5 Sternen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen