Das Adenauer Komplott, Sebastian Thiel, Gmeiner
Köln 1944 Oberstleutnant Maximilian Engel, Kampfpilot a.D.
als Kriegsversehrter beginnt am Sinn des Krieges zu zweifeln -leider
volltrunken und mit einem Aufputschmittel vollgedröhnt noch dazu lautstark in einer
strammen Nazi-Kneipe.
Er wird daraufhin von der Gestapo verhaftet und in den
gefürchteten El-De-Bau gebracht, aus dem es kein Entkommen gibt. Doch plötzlich
taucht die geheimnisvolle Luisa auf und bietet ihm die Freiheit an, sollte er
es schaffen den ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer aus dem
Lager der Messehallen Deutz zu befreien.
Dieser Kontakt zu Adenauer wird Engels Leben auf immer
verändern, ebenso die Begegnung mit Luisa. Denn als Adenauer wieder als
Oberbürgermeister von Köln installiert ist, erkrankt dessen Fahrer und da fällt
seine Wahl sofort auf Max, welcher fortan dem legendären Pragmatiker nicht nur
mit seinen Fahrkünsten zur Seite steht.
Dieses Buch beginnt wie ein Agententhriller und endet auch
wie ein solcher. Dazwischen ist er ein Lehrstück der Geschichte und des
politischen Kalküls. Ein Mahnstück gegen das Vergessen und ein Erinnern an die
Wurzeln dieser Republik. Es macht klar, daß es damals auch ganz anders hätte
kommen können, hätte nicht der damals schon betagte Adenauer angenommen, daß es
einfach keinen Besseren für den Job des Republikgründers und Hungervermeiders
gab. Wen die Frage noch weiter interessiert, der kann auf einen der
Recherchelinks gehen, auf die der Autor zurückgegriffen hat: http://www.sueddeutsche.de/politik/innovationen-im-ersten-weltkrieg-erfindungen-die-das-leben-erleichtern-1.1956058-10
Die Schicksale von Max, Luisa und Adenauer werden eng
miteinander verzahnt. Das ist so spannend und kurzweilig, wie Geschichte und
Politik es durchaus sein können, werden sie gut erzählt und das ist hier
durchaus der Fall. Dies ist aber auch wichtig, weil es immer weniger Zeitzeugen
gibt, die sich erinnern, die Erinnerung verblassen und werden verfälscht (mir
wurde immer vom Drachenfels aus Rhöndorf zu seinen Füßen gezeigt, wo Adenauer
lebte und habe es nie hinterfragt. Nun weiß ich, Rhöndorf ist ein Teil von Köln
und sicher nicht südlich von Bonn ;)) Durch das Schicksal von Adenauer, dem es
als Pragmatiker und überzeugtem Katholiken darum ging den Menschen was in den
Magen und Brennstoff für die Öfen zu bieten, ohne die Kölner Parks dabei zu
roden, beginnt auch wieder der Dialog in der eigenen Familie, sofern dies noch
möglich ist. Das Buch hat nämlich noch einen weiteren Vorteil: es ist relativ
groß gedruckt, so daß es auch meist noch diejenigen lesen können, die damals
zumindest einen Teil der Zeit miterlebt haben. Für jüngere Menschen ist die
Schrift aber durchaus auch sehr angenehm zu lesen. Eigentlich wollte ich das
Buch an meine Kölner Tante Jahrgang 1935 weitergeben, aber durch die vielen
Gespräche beim Mittagessen über diese Zeit, über meine Opas, Omas, meinen Schwiegervater
der mit 17 frohgemutes in den Krieg zog und in russische Gefangenschaft geriet,
wollen nun alle dieses Buch lesen, auch weil es relativ groß gedruckt ist.
Wunderbar werden sowohl Adenauer, als auch Max und Luisa
nicht als Helden verklärt, sondern als Menschen mit Stärken, aber auch mit
Schattenseiten dargestellt. Adenauer wußte genau was er tat und wen er wie zu
nehmen hatte.
Für mich war es sowohl interessant, die Entbehrungen und die
Andauerschen Spezialitäten mal aus einer anderen Perspektive, als von meiner
Oma zu hören (den Verwandten meines Vaters ging es relativ gut) oder von meiner
Mutter, die immer noch eine Abscheu vor einigen Lebensmitteln und Gerichten
hat.
Dieses Buch macht diese Erlebnisse lebendig und gibt dabei
wirklich faszinierende Einblicke in die geschickt eingefädelten Ränkespiele
Adenauers, eines wirklich ausgebufften Fuchses und Taktierers.
Zudem gewährt es auch wirklich Informatives zum Schicksal
des ziemlich zerbombten Kölns, das Adenauer durch Verhandlungen mit den Amerikanern,
noch vor der offiziellen Kapitulation, vor noch größerem Schaden bewahrte.
Spannend ist auch die Frage herausgearbeitet, ob die Teilung
Deutschlands zu vermeiden war, ohne sie jedoch zu beantworten.
Der Autor ist mit Jahrgang 1983 selbst kein Zeitzeuge und
kann sich wohl auch an die DDR nicht wirklich erinnern. Dennoch lässt er diese
Zeit unheimlich spannend und fundiert zu Leben erwecken. Stilistisch
ausgezeichnet verbindet er die quasi Agententhrillerteile mit dem Politkrimi.
Für Liebhaber intelligenter Spannung, die Fragen nach dem
Warum, weshalb, wieso in Geschichte und Politik stellen oder dem zumindest
nicht abgeneigt sind. Daher vergebe ich gerne begeisterte 5 von 5 Sternen.
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