Dienstag, 11. Januar 2022

Stella und der Mondscheinvogel, Catherine Fisher, gelesen von Uve Teschner, Argon Verlag, 1 MP3 4 h 10 min. ungekürzt

 

Stella und der Mondscheinvogel, Catherine Fisher, gelesen von Uve Teschner, Argon Verlag, 1 MP3 4 h 10 min. ungekürzt

Nach dem Tod ihrer Eltern wächst Stella freudlos im Waisenhaus auf, bis sie zu einer mürrischen Großtante kommt. Doch auch diese stirbt und nun meldet sich ihr unbekannter Patenonkel, und lädt sie in sein Herrenhaus in Wales ein. Stella ist ganz aufgeregt, denn solange sie sich erinnern kann hat sie noch nie in einer Familie gelebt und freut sich besonders auf Sohn Tomos. Am Bahnsteig vertraut ihr ein seltsamer dürrer Mann ein Paket an, das sie auf keinen Fall öffnen darf und das sie bis zu seiner Rückkehr hüten soll. Als er nicht wieder auftaucht nimmt sie es mit nach Wales. Dort trifft sie einen gedrückten Haushalt in Trauer an. Über Tomos wird geschwiegen, die verbliebenen Dienstboten tragen Trauer und der Admiral und seine Frau weilen in London. Von festlicher Weihnachtsstimmung ist nichts zu spüren. Stella ist tief enttäuscht und öffnet das verbotene Paket. Sie setzt aus ihm einen mechanischen Vogel zusammen, der behauptet ein verzauberter Prinz zu sein. Trotz seiner Warnungen begibt sich Stella auf die Suche nach Tomos, da die Zeit ihn zu retten an Weihnachten endet. Mutig taucht sie in eine magische und gefährliche Welt ein, gefolgt vom zeternden Mondscheinvogel.

Oft empfinde ich Geschichten über abgelehnte Waisenkinder als sehr trostlos, mit Ausnahme der unerschütterlichen Anne Shirley. Aber auch wenn alles nicht so nach Stellas Wünschen und Hoffnungen abläuft, ist sie doch widerborstig und einfallsreich genug, als dass ich die Atmosphäre zwar düster, aber nie deprimierend empfand. Klar, Stella ist eine begeisterte Leserin und vor allem Verehrerin von Sherlock Holmes und möchte eines Tages Schriftstellerin werden. Auch als armes Waisenmädchen fordert sie energisch ihr Recht auf Bildung ein und sucht noch verzweifelt nach ihrem Platz in dieser für sie bisher freudlosen Welt. Kein Wunder also, dass sie anfängt den mysteriösen Verbleib von Tomos zu untersuchen. Auch wenn es gefährlich ist, was bleibt ihr sonst in dieser Einsamkeit zu tun? Das finde ich ausgesprochen sympathisch, auch wenn die Haushälterin sie ständig wegen ihrer forschen, etwas widerspenstigen Art tadelt, bleibt sie sich treu.

Der Anfang ist wirklich sehr vielversprechend und geheimnisvoll, als dieses einsame Mädchen verlassen auf dem kalten Bahnsteig steht. Leider fand ich gerade den Teil in welchem sie sich in Begleitung des ständig meckernden, eingebildeten Mondscheinvogels in die verborgene Welt der magischen Feenwesen eindringt, etwas kurz im Verhältnis zu dem atmosphärisch sehr dichten „Vorgeplänkel“. Dieser Teil ist nicht nur besonders winterlich und geheimnisvoll, sondern auch besonders spannend. Hier werden sämtliche Handlungsfäden miteinander verknüpft und Stellas Fragen, die ihr bislang ständig im Kopf herumschwirrten endlich beantwortet. Ihre Hartnäckigkeit hat sie nicht nur ans Ziel gebraucht, sondern auch wirklich belohnt. Endlich hat sie ihr Glück gefunden! Auch wenn sie natürlich am Ende keinen Prinzen heiratet, wie in einem Märchen, ist aber gerade die Auflösung zum Schluss absolut märchenhaft.

Uve Teschner klingt natürlich nicht wie ein junges Waisenmädchen, doch seine angenehme, besonnene Stimme, gibt der Geschichte etwas märchenhaftes und lässt besonders die eigenartig frostigen Hausangestellten zu Leben erwecken, ebenso wie den krähenkrächzigen Mondscheinvogel. Sobald er den Part der Kinder übernimmt verjüngt sich seine Stimme und wird mal verträumt, mal trotzig, mal entschieden. Seine lebendige Interpretation empfand ich als sehr kurzweilig.

Catherine Fisher entführt klar und verständlich und dennoch bildhaft die jungen Hörerinnen ab 9 Jahren in eine andere Zeit mit knisternden Feuern, Kutschen, Dienstboten, Privatlehrern und in der Bildung für Mädchen nicht selbstverständlich war, sondern ein Privileg. Ihre junge Heldin ist in ihren modernen Einstellungen ihrer Zeit weit voraus! Sie beschwört ein winterliches Ambiente herauf, dessen Kälte nicht nur von Eis und Schnee, sondern auch von Trauer und Verzweiflung genährt wird.

Die Gestaltung des Hörbuchs finde ich wunderschön: winterlich verträumt und doch unkitschig, gleichzeitig auch fantasievoll. Da war ich sofort gebannt und wollte es hören. Ich mag das dunkle, ruhige Grün.

Ein geheimnisvoll magisches Wintermärchen ab 9 Jahren.

Vielen lieben Dank an den Argon Verlag für unser winterlich magisches Hörexemplar!

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

Fisher - Stella und der Mondscheinvogel - Hörbuch - Argon Verlag (argon-verlag.de)

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