Friedhof der Krustentiere, Ein Küsten Krimi, Krischan Koch, Der
Audio Verlag, 5 CDs 6 h 20 min. ungekürzte Autorenlesung
Dieser Titel ist Programm, denn ich empfinde ihn als Hommage an
Stephen King und es ist nicht nur der Titel, der dem Meister des Horrors
huldigt. Aber keine Sorge, auch wenn dieser Band deutlich gruseliger als der
vorherige war, ist es immer noch ein humorvoller Krimi gespickt mit skurillen
Gestalten und friesischer Frische.
Halloween naht und Tadje, eine der Zwillingstöchter des inzwischen
zum Polizeihauptmeister beförderten Thies Detlefsen macht ihr erforderliches
Praktikum im frisch eröffneten Hotel auf der Hallig Westeroog. Der alte Kasten
zieht, die Heizung streikt und wunderliche Dinge geschehen. Die ersten Gäste
machen dort ein Seminar zum Thema „Hellsehen und Hellfühlen“ unter der Leitung
der ehemaligen Schulelternvorsitzenden. Doch es sind die seltsamen
Erscheinungen und die Geschichte dieses ehemaligen Kinderheimes, die Tadje
einen Schauer über den Rücken jagen. Der Sohn des Eigentümers hat vor 42 Jahren
dort seine Zwillingsschwestern ermordet. Aber auch an der Küste geht es nicht
geruhsam zu. Eine Einbruchsserie verunsichert die Bewohner, der neue
Starfriseur Eddi mit seinen scharfen Scheren bringt den Salon Alexandra zum
Beben und Tante Telse ist mit dem gelobten Mustang des Schimmelreiters
verschwunden. Bis beide gemeinsam im Watt wieder auftauchen, wobei der
geflutete Oldtimer in besserem Zustand ist, als die ermordete Tante. So hatte
sich Nicole Stappenbek ihre Rückkehr in die verschlafene Dorfwache nicht
vorgestellt!
Es klingt absurd, übertrieben und nach jeder Menge uriger
Gestalten, die man einfach ins Herz schließen muss, um mit ihnen über das Leben
und seinen Lauf zu lachen. Ein aufziehender Herbststurm erhöht nicht nur die
Schwierigkeiten der Ermittler immer und überall zugleich zu sein, er macht die
Situation auch dramatischer und unheimlicher. Nachdem es im letzten Band der
Reihe die Runde aus dem Imbiss nach Hamburg in die Großstadt verschlagen hat,
sind nun fast alle wieder da wo sie hingehören und es gibt ein Wiederhören mit
allen, die das fiktive Fredenbüll zu einem unvergesslich skurrilen Ort machen.
Aber natürlich kommen auch ein paar neue, interessante Charaktere hinzu, sonst
würde Fredenbüll bei der Anzahl der Leichen die Thies und Nicoles Weg
pflastern, bald aussterben. Sehr charmant fand ich auch, dass ein Trauernder
aus einem früheren Fall wieder die Bühne betritt und die Jugend zur
Digitalisierung der Verwandschaft beitragen will. Denn neben den klassischen
Gruselelementen aus Klassikern des Genres gibt es hier ein neues Grauen, das
der Moderne, die omnipräsente Alexa, die ihren eigenen Kopf hat, sich bestens
in der Fußballgeschichte auskennt, aber unbedingt den am Knie operrierten Piet
Paulsen, zur Ernährungsumstellung bringen und vom Imbiss fernhalten will. Denn
Alexa hört alles, aber eben nur, solange man in ihrer Nähe und nicht im Imbiss
ist! Diese Idee finde ich eine lustige Ergänzung, Alexa als Onkelsitterin. Denn
auch die Imbisstruppe wird nicht jünger, da wird man bisweilen
zwangsdigitalisiert, oder doch nicht? Da Alexa in Fredenbüll steht, ist sie
netterweise, genauso eigensinnig wie die übrigen Bewohner und nicht
vorhersehbar. So kann man sich auch von diesem Küstenkrimi des Halloweengrauens,
immer wieder erschaudernd überraschen lassen.
Nach zweifachem Sprecherwechsel und dem Ausscheiden von Hinnerk
Schönemann und Bjarne Mädel liest nun der Autor seine ungekürzten Werke selbst.
Klar, er weiß ja schließlich am Besten, wie er sich die Pointen gedacht hat,
aber er versteht sie auch wirklich entsprechend zu lesen. Nicht immer sind die
Autoren auch gute Sprecher, aber Krischan Koch, der eben neben Kurzfilmen,
Filmkritiken und Krimischreiben auch Kabarett macht, kann es halt. Dabei finde
ich es sehr positiv, dass ich anders als bei seinen Vorgängern, beim Klang
seiner Stimme kein Gesicht vor meinem inneren Auge habe und so meiner Fantasie
keine Grenzen bei der Visualisierung der bunt gewürften Truppe in Fredenbüll
und auf Hallig Westeroog gesetzt sind. Pointiert, aburd und frischisch trocken,
erweckt er diese Verbrechensserie des Grauens zum Leben.
Ich bin ja ein bekennender Fan von Tonträgern und die Hörbuchhülle
ist wieder so toll gestaltet, dass sie einfach ein Gewinn ist, außerdem findet
man auf ihr Rezepte aus der Geschichte. Wer diese liest wird feststellen, dass
der Autor auch gerne kocht und zwar mit Gefühl. Die Rezepte sind also auch für
Köche nach Gefühl, weil genaue Mengen- Zeit- und Temperaturangaben fehlen. Dadurch ist aber
auch klar: Variieren nach eigenem Geschmack erwünscht!
Eine frech-fröhliche Hommage an Stephen King und andere Klassiker
des Genres, eingebettet in die beliebte Küstenkrimireihe rund um Thies
Detlefsen und die skurrilen Gestalten aus dem Imbiss „De hidde Kist“. Deutlich
spannender und gruseliger als der Vorgänger, blitzt die gute Laune immer wieder
durch, wie die Sonne in dem aufziehenden Herbststurm über Fredenbüll.
Vielen lieben Dank an Der Audio Verlag für das lustige Hörbuch in
schwierigen Zeiten.
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
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#buchladenliebe
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