Dienstag, 24. Juli 2018

Mord erster Klasse – Ein Fall für Wells & Wong (3) Robin Stevens, Knesebeck



Mord erster Klasse – Ein Fall für Wells & Wong (3) Robin Stevens, Knesebeck

1935 Schulferien. Nach den Ereignissen in Fallingford zu Daisy Wells Geburtstag an Ostern, hat Hazel Wongs Vater entschieden, dass es besser für die beiden knapp 14 jährigen Mädchen ist, die Ferien unter seiner Obhut zu verbringen. Also besteigt der Hong Konger Privatbanker mit den zwei Jungdetektivinnen und seinem Sekretär Maxwell und Dienstmädchen Hetty den Orientexpress. Auf der Strecke zwischen Paris nach Istanbul kann er den Mädchen viel von Europa zeigen und erklären und im ersten Klasse Abteil wird man sich schon in bester Gesellschaft reisen. Doch schon beim Einsteigen stellen sich die Mitreisenden als schillernd und bisweilen alles andere als angenehm dar. Ein Entfesselungkünstler, eine MI6 Agentin undercover (aber Daisy und Hazel noch aus Fallingford bekannt), ein Medium, ein erfolgloser Krimiautor, eine steinreiche Erbin mit ihrem unfreundlichen Gatten und ebenso unangenehmem Dienstmädchen, eine emigrierte russische Gräfin mit ihrem Enkelsohn Alexander (14), sowie der österreichische Schaffner des Calais – Simplon – Istanbul Waggons werden unfreiwillig durch einen Mord auf jugoslawischem Boden zu einer Schicksalsgemeinschaft. Jeder misstraut jedem, Polizisten besteigen in Jugoslawien nicht den Zug und der mit den Ermittlungen beauftragte Hobbydetektiv erweist sich als elender Stümper. Wie sollen Hazel und Daisy da nur ihr Versprechen einhalten und nicht ermitteln?
 
Dieser 3. Fall, der Jungdetektivinnen, die sich als würdige Ermittlerinnen im Geiste von Holmes & Watson fühlen, spielt ein Jahr nach dem Erscheinen von Agatha Christies fulminaten Klassiker. Er ist eine echte Hommage an dieses Krimivorbild. Ein Mord in geschlossener Gesellschaft auf engstem Raum und eigentlich völlig unmöglich und dennoch ist er geschehen. Da helfen keine Indizien, da hilft nur Logik. Auch wenn Daisy meint, das logische Denken für sich gepachtet zu haben, zeigt die naschfreudige Hazel, wie unersetzlich ihre Geistesblitze bisweilen sind. Von wegen Watson! Es macht richtig Spaß mit zu ermitteln, da der Fall absolut logisch ist und genügend Hinweise gestreut sind, um den Fall ebenfalls lösen zu können. Er liegt nicht völlig auf der Hand, aber wer das Vorbild mit Hercule Poirot kennt und Sherlocks Ermittlungsmethoden, wird sicher noch vor unseren reizenden Jungdetektivinnen den Fall lösen können. Den Fall, nein, vielmehr die Fälle, denn es gibt ja nicht nur einen Mord, sondern auch einen geheimnisvollen Spion. Denn 1935 spitzte sich die Lage in Europa infolge von Hitlers Machtübernahme deutlich zu. Sehr schön, wie diese historisch-politischen Entwicklungen für die jungen Leser mit eingearbeitet wurden. So wird auch den heutigen Jugendlichen durch Hazel als Hong-Kong-Chinesin bewußt gemacht, wie es sich anfühlt, allein auf Grund des Aussehens anders behandelt zu werden.
 Außerdem finden sich wirklich schöne Anspielungen an britische Agentengeschichten, die auch älteren Lesern richtig Spaß beim Lesen bereiten.

Um den jungen Lesern zeitgeschichtliches leichter verständlich zu machen befindet sich im Anhang  Daisys Orient-Express-Führer in welchem Daisy für heutige Leser ungewöhnliche Begriffe erklärt werden. Während der Hauptteil aus Hazels Sicht erzählt wird, schließlich ist sie die Schriftführerin der Detektei Wells & Wong, erklärt hier Daisy in Ich-Form Begriffe wie „Scharlatan: ein Lügner, der für Geld so tut, als wäre er etwas, was er nicht ist.“ Sehr schön und ausführlich, wäre es mir jedoch lieber gewesen, wenn dieser Teil vorangestellt worden wäre, wie bereits der Übersichtsplan über die Waggons und ihre Belegung und das Personenverzeichnis, da sich kein Hinweis auf diese Erläuterungen vorne gibt. Wer aber bereits die früheren Fälle der zwei kennt, der weiß, wo er danach suchen muß. Die Waggon-Pläne fand ich bei der Rekonstruktion des Falls sehr hilfreich und wirklich schön zeitgemäß.

Ein echtes Schmankerl für Freundinnen des logischen Kombinierens und echt britischer crime-time historischen Ambiente.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Knesebeck-Verlag für diesen herrlichen Krimispaß!

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