111 Orte in der Provence die man gesehen haben muss, Ralf Nestmeyer, Emons
Südfrankreich ist wunderschön und daher bin ich fast jedes Jahr dort. Daher
ist es an der Zeit, mal was neues zu entdecken, die Augen auf kleine, feine
Details zu richten.
Die 111 Orte sind alphabetisch geordnet und sie beginnen daher mit den
größten Städten des hier dargestellten Teils der Provence: Aix-en-Provence (3 Orte) , Arles (6 Orte) und Avingnon (4
Orte). Arles bildet dabei den Schwerpunkt. Es ist auch wirklich wunderschön,
allerdings sollte man vorher wissen, daß das Parken dort nicht sehr leicht ist,
wir haben dort inzwischen unseren speziellen Parkplatz gefunden, da die
Durchfahrt der Altstadt mit großen deutschen Limousinen an einigen Stellen fast
unmöglich ist. So schön Arles auch ist, es ist im Sommer unglaublich heiß, man
benötigt unglaublich viel Wasser, viele Ruhepausen oder einen der seltenen
bewölkten Tage. Als Kind habe ich dort fast immer befürchtet verdursten zu
müssen und meinen Kindern geht es heute auch bisweilen noch so. Sehr schön
finde ich Ort Nr. 4 „Die Alycamps“ eine alte römische Begräbnisstätte von der
Rilke und Hugo von Hoffmannsthal bereits schwärmten. Klingt jetzt erst mal
nicht so spektakulär, allerdings sollte man wissen und das verschweigt der
Autor, daß es sich um von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe handelt. Dort
wird übrigens die Modeschau des Hauses Gucci 2019 stattfinden, da es sich um
die Geburtsstadt des legendären Designers Christian Lacroix handelt. Die
Zahlungen von Gucci für dieses Privileg an die Stadt, soll für den Erhalt der
Vielzahl römischer Stätten verwendet werden. (Diese Info stammt aus einer
aktuellen frz. Frauenzeitschrift, nicht diesem Buch).
Da Frankreich außer Mode natürlich auch noch Kunst, Musik und Kultur zu bieten
hat, gefiel mir der Blick in das Internierungslager in der Ziegelei von Les
Milles bei Aix-en-Provence in welcher bedeutende Exilkünstler wie Lionel
Feuchtwanger, Max Ernst und Golo Mann interniert waren. Dank der
Vichy-Regierung sind auch im unbesetzten, freien Süden zeitweise bis zu 3.000
Menschen jüdischer Herkunft dort interniert und teilweise von dort mit Zügen
nach Auschwitz deportiert worden. Die wenigsten haben dies überlebt. Gegenüber
der Ziegelei kann man noch einen der historischen Eisenbahnwaggons sehen, die
zur Deportation nach Auschwitz genutzt worden.
Dieser Leitfaden wendet sich aber nicht nur den Toten zu, sondern auch
alljährlichen Highlights und somit Ort Nr. 79 der Mont Ventoux, der härtesten
Bergetappe der Tour de France, an dem schon einige scheiterten oder
zusammenbrachen und dessen Bezwingung so viele Gemüter beschäftigt hat, daß ich
über diesen Ort letztes Jahr einen wirklich spannenden Krimi aus der
Radrennwelt gelesen habe.
Mit 8 Orten liegt das Hauptaugenmerk wohl auf Marseille, das heutzutage
auch wirklich für Besuche deutlich besser geeignet ist, als in meiner Kindheit.
Die Stadt hat in den letzten Jahrzehnten einiges für einen Imagewandel, weg von
der schmuddeligen Hochburg der Kriminalität vom Mittelmeer getan. An die lange
Geschichte der Kriminalität erinnert Ort Nr. 66, mit dem legendärsten
Gefangenen der Stadt, dem Graf von Monte Christo aus dem Meisterwerk von
Alexandre Dumas dem Älteren, dem die Flucht von der Gefängnisinsel Ile d'If dem
Ort des berrüchtigten Chateau d'If gelang. Da Marseille am Meer liegt, ist das
Klima dort auch im Sommer deutlich erträglicher als im Hinterland und es gibt
dort auch deutlich mehr zu entdecken, als man meint.
Die Auswahl ist sehr vielfältig und bunt gemischt, so das für jeden Geschmack
eine Menge zu entdecken ist. Allerdings ist das abgedeckte Gebiet auch sehr
groß und reicht für mehrere Urlaube, wobei man die zu besichtigen Orte auch im
Hinblick auf Jahreszeit und Klima wählen sollte.
Was ich sehr schade finde und was bei mir zu einem Punkt Abzug führt, ist
das einige Highlights, die im Vorwort erwähnt werden, wie z.B. der Pont du
Gard, das gigantische Aquedukt, daß das römische Nimes mit frischem
Gebirgswasser versorgte, oder die unendlich scheinenden Strände der Camargue
überhaupt nicht aufgeführt sind. Da er sie offensichtlich zur Provence
mitzählt, ist es ausgesprochen merkwürdig, sie außen vor zu lassen, sofern er
nicht einen weiteren Führer für die Camargue, das Languedoc-Rousillon plant.
Aber dann hätte er sie auch im Vorwort unerwähnt lassen sollen. Na gut, Ort Nr.
60 Les-Saintes-Maries-de-la-Mer gehört zur Camargue, da es sich aber so fernab
der übrigen hier aufgezählten Orte befindet, ist es nicht im Kartenanhang zu
finden. Wer diesen Ort besuchen möchte, sucht im Kartenmaterial vergeblich, er
wird sich keinen Eindruck von seiner Lage machen können. Solche Pannen dürfen
eigentlich nicht passieren.
Wirklich sehr interessant für alle, die die Provence schon kennen und neue
Inspirationen suchen, für Neulinge eine facettenreiche Ergänzung zu klassischen
Reiseführern.
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