Lost in Fuseta, Spur der Schatten, Ein Portugal Krimi, Gil Ribeiro, gelesen
von Andreas Pietschmann, Argon Verlag
Der deutsche Austauschkommissar Leander Lost fühlt sich in Fuseta, Portugal
angekommen. Als Asperger Autist ist das für ihn keine Selbstverständlichkeit,
aber im Kommissariat ist er auch seinen Kollegen Graciana Rosado und Carlos
Estevez ans Herz gewachsen, dank des Einfühlungsvermögens von Soraya, Gracianas
Schwester. Alles könnte so schön sein, wäre da nicht das unerklärliche
Verschwinden von der örtlichen Kollegin Theresa, die zuletzt mit Leander Lost
telefoniert hatte. Warum ausgerechnet mit ihm? Seine Erklärung, stürzt die
Kollegen noch mehr in Verwirrung und der Fall um Theresa wird deutlich
komplizierter als gedacht. Gut, daß sie die Begleitung einer Journalistin aus
der früheren portugiesischen Kolonie Angola an den wichtigtuerischen Kollegen
Duartes abgeben können. Doch die Journalistin Flores, die eingeladen wurde eine
Rede vor dem Parlament zu halten, während sie auch ihre väterlichen Wurzeln
aufspüren will, scheint doch keine so einfache Aufgabe zu sein. Denn Portugals
Kolonialvergangenheit ist doch nicht so abgeschlossen, wie man meint. Alte Seilschaften
bestehen fort und greifen auch heute noch in die Politik ein.
Als Asperger-Autist mit fotografischem Gedächtnis ist Leander Lost nicht
einfach ein weiterer schrulliger Ermittler. Er ist anders, analytisch,
detailgenau, gnadenlos ehrlich und empathisch eine Niete. Irgendwie erinnert
mich das ein wenig an Sherlock Holmes, ob er wohl auch Asperger-Autist war?
Damals dürfte diese Diagnose seinem Autor nicht bekannt gewesen sein. Leander
Lost ist allerdings frei von Sucht und er bemüht sich redlich innerhalb seiner
Fähigkeiten „menschlicher“ zu werden. Natürlich geht er auch diese Aufgabe rein
rational analytisch an, ohne auch nur seine Überlegungen in Frage zu stellen,
denn seine Logik kann doch unmöglich falsch sein? Doch da jeder Mensch mit anderen
interagiert, kommen natürlich auch für ihn unberechenbare Komponenten dazu:
Gefühle! Wer denkt denn an so was! Leander und seine Stärken und Schwächen,
sind mir unheimlich ans Herz gewachsen. Ich hoffe, doch sehr, daß ich nächsten
Jahr wieder seine Ermittlungen an der eigentlich sehr ruhigen Algarve begleiten
darf. Erzählt wird übrigens in der dritten Person, allerdings so geschickt, daß
ich dennoch oft das Gefühl hatte, daß man in die Gedanken der Hauptpersonen
hineinblicken kann.
Neben den wirklich wunderbar sensibel dargestellten Ermittlern, die ich mit
Ausnahme von Duartes, alle sehr mag, gefällt es mir sehr gut, daß sich Autor
Gil Ribeiro jedes mal eines anderen brisanten und aktuellen Themas annimmt, das
den jeweiligen Morden zu Grunde liegt. Es sind nicht einfach Morde auch
Eifersucht, sondern groß angelegte Nester voller Korruption, Macht und Gier.
Die Vergangenheit lässt sich eben nicht ausblenden und Portugal war einst eine
bedeutende Kolonialmacht, bis die Spanier dem ein Ende bereiteten. Außerdem
gibt es natürlich wieder kulinarische Einblicke in die Region, während die
Protagonisten kochen.
Andreas Pietschmann ist für mich einfach die perfekte Besetzung für diese
Reihe. Sein Portugiesisch klingt für mich wirklich akzentfrei (ich bin aber
auch wirklich keine Koryphäe auf dem Gebiet) und mit seiner wohlklingenden
Stimme schafft er es gekonnt sowohl die sensiblen Momente, als auch
spannungsgeladene Situationen zu verstärken. Besonders angenehm finde ich, daß
die weiblichen Protagonistinnen nicht mit übertriebener Fistelstimme gesprochen
werden. Sie sind erkennbar weiblich, aber nicht verstellt. Daran zeigt sich für
mich die schauspielerische Klasse einer Stimme (nichts gegen sein Gesicht, aber
das spielt ja bei einem Hörbuch keine Rolle).
Diese Kombination aus Lokalkolorit, politisch brisantem Kriminalfall an der
beschaulichen Algarve, einem wirklich ungewöhnlichen Ermittlerteam und einen
perfekt auf diese Reihe abgestimmten Sprecher lässt mich diese Reihe lieben und
auf eine Fortsetzung hoffen.
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