Höllgrotten, Monika Mansour, emons Verlag
Eine junge Konoglesin wird tot unter der Lorzentobelbrücke aufgefunden.
Offensichtlich ist sie von der Brücke gesprungen. Tat sie dies freiwillig oder
wurde sie dazu gezwunden? Die Obuktion wirft mehr Fragen auf, als dass sie
klärt. Ein kleiner Schriftzug zwischen den Zehen führt die Kriminalpolizei zu
der 23 jährigen Natalie Krieger. Die Tochter aus wohlhabendem Hause ist durch
das genetisch bedingte Fehlen eines Halogens, das für die Elastizität und
Geschmeidigkeit der Haut verantwortlich ist, sehr stark beeinträchtigt. Man
nennt diesen Gendefekt EB, die Betroffenen heißen Schmetterlingskinder, denn
ihre Haut ist so empfindlich wie die Flügel eines Schmetterlings. Jede
Aktivität im Freien ist ein Risiko. Da sie sich nicht nur von ihren
Angestellten pflegen und verarzten lassen will, hat sie eine Hilfsorganisation
für Gewaltopfer auf der gesamten Welt gegründet, die aus dem Untergrund, über
das Darknet funktioniert. Doch was hat die tote Kongolesin mit Natalie zu tun
und steht das im Zusammenhang mit dem Einbruch in die Villa der Kriegers? Seit
diesem Einbruch ist ihr Vater noch besorgter und hat ihr einen Bodyguard
zugestanden, auch wenn er mit der Wahl des Bodyguards nicht ganz glücklich ist.
Tom ist vorbestraft und mehr drahtig und sehnig, als ein Hüne. Auch er sieht
sich nicht als Idealbesetzung. Das kümmert Natalie aber wenig.
Eine Heldin, die keine Heldin sein kann, weil jede Verletzung tödlich sein
kann, eine Heldin, die weiß, daß sie früh sterben wird und die daher keine
Angst vor dem Tod kennt, ist sehr reizvoll. Dabei vereint Natalie diese
Kühnheit, mit einer gewissen Sturheit, da sie von der Richtigkeit ihres
Handelns überzeugt ist und weil sie es gewohnt ist, daß ihr Vater und ihre
Angestellten ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen ist interessant. Vor allem
weil im Laufe der Ermittlungen sich immer wieder die Frage stellt, ob Natalie
wirklich eine Heldin ist oder doch nur eine verwöhnte Göre, die nicht damit
leben kann, wenn nicht alle ihre Wünsche wahr werden und die anderen ihr Glück
nicht gönnt? Auch Tom hat privat so einiges an Balast mit sich
herumzuschleppen. Nach der Scheidung hat ist seine Ex-Frau nun mit einem Anwalt
liiert und setzt alles daran ihn von seinen Töchtern zu trennen und
gleichzeitig so viel Geld wie möglich aus ihm herauszupressen. Ein tragischer
Vorfall mit Anfang zwanzig hat sein Leben aus der Bahn geworfen. Auch Natalies
anderen Angestellten tragen alle dunkle Geheimnisse mit sich herum, die sie mit
ihr in absoluter Loyalität verbinden. Die menschliche Ausgangskonstellation
wird noch durch eine empathiearme Kriminalkommissarin mit mangelnden
Führungsqualitäten ergänzt, An und für sich, ist alleine diese Kombination
ziemlich explosiv, doch der Fall hat noch weitere Fallen. Emeline, die Tote
floh nicht einfach aus dem stark von Bürgerkriegen gebeutelten, rohstoffreichen
Land. Sie war auf einer Mission. In Rückblicken zwischen den aktuellen
Ermittlungen kann man in Emelines Aufzeichnungen ihren Weg und ihre Motivation
nachspüren. Diese Erinnerungen geben tiefe Einblicke in den Wahnsinn, der den
Kongo zu zerreißen droht und die dortigen humanitären Katastrophen. Der übrige
Teil des Buches ist in dritter Person verfasst, was sehr gut, zu den ständig
aufkeimenden Zweifeln an der Integrität einiger Beteiligten passt. Neben der
reizvollen Ausgangskonstellation wird dieser Fall wirklich packend und spannend
erzählt. Es ist ein Krimi, in dem es durchaus auch mal zur Sache geht und der
Blutfluss ist nicht nur durch Natalies Krankheit verursacht. Kein Krimi für zarte
Nerven, grenzt er doch bisweilen an einen Thriller. Aber allein schon die
Schilderungen der Umstände im Kongo sind weit von einem Cosy Krimi entfernt.
Sehr packend, sehr rätselhaft und sehr gut konstruiert. Nun möchte ich
unbedingt mal in die Gegend um Zug in der Schweiz und mir die Höllgrotten
anschauen, oder auch nicht (mein körpereigener Frostschutz, mag keine dunklen,
kalten Höhlen ;)) da ich doch eher hitzebeständig, als frostresistent bin. Umso
schöner für mich, diese Gegend literarisch zu bereisen.
Das Schicksal des Kongos und seiner Bevölkerung hat mich sehr berührt,
während die Ermittlungen wirklich packend waren. Sehr zu empfehlen, für
Krimileser, die auch mit dem Thrillergenre liebäugeln. Eines meiner Highlights
in der letzten Zeit und daher ganz klar 5 von 5 Sternen.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim emons-Verlag für dieses
Rezensionsexemplar.
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