Samstag, 2. Juni 2018

Höllgrotten, Monika Mansour, emons Verlag



Höllgrotten, Monika Mansour, emons Verlag

Eine junge Konoglesin wird tot unter der Lorzentobelbrücke aufgefunden. Offensichtlich ist sie von der Brücke gesprungen. Tat sie dies freiwillig oder wurde sie dazu gezwunden? Die Obuktion wirft mehr Fragen auf, als dass sie klärt. Ein kleiner Schriftzug zwischen den Zehen führt die Kriminalpolizei zu der 23 jährigen Natalie Krieger. Die Tochter aus wohlhabendem Hause ist durch das genetisch bedingte Fehlen eines Halogens, das für die Elastizität und Geschmeidigkeit der Haut verantwortlich ist, sehr stark beeinträchtigt. Man nennt diesen Gendefekt EB, die Betroffenen heißen Schmetterlingskinder, denn ihre Haut ist so empfindlich wie die Flügel eines Schmetterlings. Jede Aktivität im Freien ist ein Risiko. Da sie sich nicht nur von ihren Angestellten pflegen und verarzten lassen will, hat sie eine Hilfsorganisation für Gewaltopfer auf der gesamten Welt gegründet, die aus dem Untergrund, über das Darknet funktioniert. Doch was hat die tote Kongolesin mit Natalie zu tun und steht das im Zusammenhang mit dem Einbruch in die Villa der Kriegers? Seit diesem Einbruch ist ihr Vater noch besorgter und hat ihr einen Bodyguard zugestanden, auch wenn er mit der Wahl des Bodyguards nicht ganz glücklich ist. Tom ist vorbestraft und mehr drahtig und sehnig, als ein Hüne. Auch er sieht sich nicht als Idealbesetzung. Das kümmert Natalie aber wenig.

Eine Heldin, die keine Heldin sein kann, weil jede Verletzung tödlich sein kann, eine Heldin, die weiß, daß sie früh sterben wird und die daher keine Angst vor dem Tod kennt, ist sehr reizvoll. Dabei vereint Natalie diese Kühnheit, mit einer gewissen Sturheit, da sie von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt ist und weil sie es gewohnt ist, daß ihr Vater und ihre Angestellten ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen ist interessant. Vor allem weil im Laufe der Ermittlungen sich immer wieder die Frage stellt, ob Natalie wirklich eine Heldin ist oder doch nur eine verwöhnte Göre, die nicht damit leben kann, wenn nicht alle ihre Wünsche wahr werden und die anderen ihr Glück nicht gönnt? Auch Tom hat privat so einiges an Balast mit sich herumzuschleppen. Nach der Scheidung hat ist seine Ex-Frau nun mit einem Anwalt liiert und setzt alles daran ihn von seinen Töchtern zu trennen und gleichzeitig so viel Geld wie möglich aus ihm herauszupressen. Ein tragischer Vorfall mit Anfang zwanzig hat sein Leben aus der Bahn geworfen. Auch Natalies anderen Angestellten tragen alle dunkle Geheimnisse mit sich herum, die sie mit ihr in absoluter Loyalität verbinden. Die menschliche Ausgangskonstellation wird noch durch eine empathiearme Kriminalkommissarin mit mangelnden Führungsqualitäten ergänzt, An und für sich, ist alleine diese Kombination ziemlich explosiv, doch der Fall hat noch weitere Fallen. Emeline, die Tote floh nicht einfach aus dem stark von Bürgerkriegen gebeutelten, rohstoffreichen Land. Sie war auf einer Mission. In Rückblicken zwischen den aktuellen Ermittlungen kann man in Emelines Aufzeichnungen ihren Weg und ihre Motivation nachspüren. Diese Erinnerungen geben tiefe Einblicke in den Wahnsinn, der den Kongo zu zerreißen droht und die dortigen humanitären Katastrophen. Der übrige Teil des Buches ist in dritter Person verfasst, was sehr gut, zu den ständig aufkeimenden Zweifeln an der Integrität einiger Beteiligten passt. Neben der reizvollen Ausgangskonstellation wird dieser Fall wirklich packend und spannend erzählt. Es ist ein Krimi, in dem es durchaus auch mal zur Sache geht und der Blutfluss ist nicht nur durch Natalies Krankheit verursacht. Kein Krimi für zarte Nerven, grenzt er doch bisweilen an einen Thriller. Aber allein schon die Schilderungen der Umstände im Kongo sind weit von einem Cosy Krimi entfernt.
Sehr packend, sehr rätselhaft und sehr gut konstruiert. Nun möchte ich unbedingt mal in die Gegend um Zug in der Schweiz und mir die Höllgrotten anschauen, oder auch nicht (mein körpereigener Frostschutz, mag keine dunklen, kalten Höhlen ;)) da ich doch eher hitzebeständig, als frostresistent bin. Umso schöner für mich, diese Gegend literarisch zu bereisen.

Das Schicksal des Kongos und seiner Bevölkerung hat mich sehr berührt, während die Ermittlungen wirklich packend waren. Sehr zu empfehlen, für Krimileser, die auch mit dem Thrillergenre liebäugeln. Eines meiner Highlights in der letzten Zeit und daher ganz klar 5 von 5 Sternen.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim emons-Verlag für dieses Rezensionsexemplar.

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