Tofu der Superhund, Judith Allert, Nina Dullek, Ravensburger
Verlag
Lea ist das unkomplizierte wenig beachtete Sandwichkind von
Familie Grabowski. Mutter Grabowski träumt während des Spülens von den warmen
Wellen der Südsee, Vater Grabowski steckt mit der Nase in der Zeitung und sucht
nach Rabattmarken und Autoangeboten, Sarah fixiert ihr Handy in der Hoffnung
auf eine Nachricht vom süßen Simon und der kleine 4 jährige Fupp, der Angst vor
sämtlichen Tieren hat, trägt um den Hals ein Handtuch und wäre soooo gerne ein
Superheld. Kein Wunder, daß nur Lea den Brief bemerkt, der morgens auf dem
Tisch landet. Sie haben eine Erbschaft von Onkel Reginald bekommen! Allein das
Wort Erbschaft lässt die Träume der Grabowskis zu Hochform auflaufen! Endlich
ein Heim ohne den fiesen Vermieter Mecker-Meier! Ein neues Auto, Strände,
Superheldenkostüme….
Stattdessen gibt es nur eine eigenwillige
Promenadenmischung, während ein Wächter auf das Haus aufpassen soll! Was hat
sich Reginald dabei nur gedacht? Aber ein Hund im Haus, das würde Mecker-Meier
nicht dulden, er muß ins Tierheim! Lea, die immer bescheiden war, erkennt
jedoch das Potenzial, daß in diesem Hund steckt und findet als einzige heraus,
was dieser Hundefutterverächter denn überhaupt mag. Heimlich schmuggelt sie den
Hund aus dem Tierheim in ihre Wohnung. Ob das wohl gut geht?
Der Schreibstil ist sehr ironisch, reflektiert. Auf
Meta-Ebene macht sich die Autorin Judith Allert über die Macken der Menschheit,
Familien im Speziellen, spießigen Nachbarn oder seelenlosen Fernsehshows
lustig. Das Lesealter 8-10 Jahre sollte man daher also wirklich ernst nehmen,
weil jüngere Kinder die Ironie nicht verstehen werden und ihnen daher auch der
Spaß an der Geschichte abhandenkommen wird. Dafür ist dieser Stil für mich als
Vorlesende aber ein echtes Schmankerl gewesen. Meine Kinder merken ja schon, ob
mir ein Buch beim Vorlesen Spaß macht, oder ich mehr rumleiere, so wie der
Notar, der den Grabowskis das Testament bei der Eröffnung vorleiert und daher
passender Weise Herr Leier heißt. Es sind einfach diese sprachlichen
Feinheiten, die jüngeren Kindern bei aller Tierliebe entgehen würden.
Die Illustrationen von Nina Dullek die so farbenfroh das
Cover ziert, kommt innerhalb des Buches als größere schwarz-weiß Vignette zu
Kapitelbeginn zum Vorschein. Diese sind gewohnt witzig und ergänzen wundervoll
die angefressene Radieschen-Vignette um die Seitenzahlen, aber für ein
Vorlesebuch ist es wirklich nicht genug bebildert. Dieses Buch ist nicht als
Vorlesebuch gedacht, sondern wirklich für die Altersgruppe 8 – 10 Jahre, dann
hat man auch richtig Freude am Buch und wird nicht enttäuscht.
Sehr gut gefallen hat uns Lea, die sich als vernachlässigtes
unproblematisches Mittelkind die Treue und Liebe des Hundes besonders zu
schätzen weiß. Allerdings sieht sie in ihm mehr als nur einen Hund, er ist für
sie ein vollwertiges Familienmitglied, daß es zu schützen gilt, insbesondere
vor ihren Eltern, die keine Haustiere wollen und insbesondere dem bösen
Mecker-Meier!
Der vegetarische Hund Tofu schafft es, die Familie aus ihren
Träumen zu reißen und ins (Familien-)Leben zurück zu bringen. Zuvor waren alle
irgendwie unglücklich und verpaßten die Schönheit und die Glück, die das Leben
bietet, während Tofu ihnen beibringt, daß man auch an Kleinigkeiten großen Spaß
haben kann und Liebesbriefe viel romantischer als Textnachrichten sind ;)
Etwas schade fand ich jedoch, wie jeder seine Hoffnungen auf
den kleinen Hund projetzierte und der arme Hund sehr viele Kunststücke lernen
sollte, ohne daß seine Bedürfnisse berücksichtigt wurden. Der arme Tofu war
irgendwann einfach nur platt und erschöpft. Das Trainingsprogramm für Tofu
könnte auch bei der Zielgruppe der 8 bis 10 Jährigen falsche Hoffnungen wecken.
Zum Glück war meinen Kindern klar, daß wir unsere recht eigenwillige Katze
nicht trainieren, sondern sie einfach sein lassen, was sie ist, eine Katze.
Zum Glück sind die Grabowskis aber lernfähig und finden so
dann noch ihr Glück. Ich hoffe die anderen jungen Leser lernen auch daraus, daß
Tiere einfach Tiere bleiben sollen und genießen dieses Buch ebenso wie wir. Es
hat uns wirklich gut gefallen, auch wenn wir anfangs großes Mitleid mit der
vernachlässigten Lea hatten, bei der selbst das Schulschwänzen nicht sofort
auffiel. Für diese pädagogischen Skrupel wegen des Schuleschwänzens und
Tierüberforderns, gibt es einen Stern Abzug, es ist dennoch ein gutes Buch, das
wir gerne mit 4 von 5 Sternen weiterempfehlen.
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