Ein unmöglicher Mord – ein Stableford Krimi aus Yorkshire,
Rob Reef, Dryas Verlag
In seinem 3. Fall reisen 1938 Literaturprofessor und
Kriminalromanautor John Stableford und seine Gemahlin Harriet genannt Harry
nach Upper Biggins, um dort ein paar Tage bei Harriets Eltern zu bleiben. Ihr
Vater der Vikar von Upper Biggins feiert die Tage seinen 70. Geburtstag und
erwartet all seine Töchter zu Besuch. Während Stableford sich in die Tiefen der
schwiegerväterlichen Bibliothek vertieft, kommt Harriets jüngste Schwester
aufgeregt hereingestürmt. Im Rosenbeet hat sie einen Golfball mit
Hakenkreuzsymbol gefunden. Das erstaunt umso mehr, als der Park des anliegenden
Anwesens Annandale Grange seit dem Krieg 1916 verwildert. Er wurde damals zum
militärischen Sperrgebiet erklärt, weil die Royal Engeneers dort geheime
Kriegsforschung betrieben.
Als dann auch noch das fast nie benutzte Telefon im
Pfarrhaus klingelt und Dr. Percy Holmes, Psychiater und Stablefords Mitstreiter
in seinen bisherigen Ermittlungen, ihn und seine Gattin für den darauffolgenden
Tag zum Bankett in Dinnerkleidung einlädt, kennt das Staunen keine Grenzen
mehr. Was macht ausgerechnet Percy bei Harriets Kindheitsfreundin Bella und
ihrem Vater Sir Edmund Rogis?
Percy erläutert seinem Freund John, dass der Golfplatz von
Annandale auf Geheiß des War Office wiederhergestellt wurde. Es soll dort ein
streng geheimes und politisch hochbrisantes Golftournier ausgetragen werden, da
Adolf Hitler nach dem Verlust des im August 1936 in Baden-Baden ausgetragenen
Tourniers um den „Golfpreis der Nationen“, eine Revanche fordert. Während es
dem Führer darum geht, die von ihm gestiftete Trophäe „heim ins Reich zu
bringen“ ist sich die britische Regierung der brisanten politischen Situation bewusst.
Dr. Percy Holmes als geheimer Mitarbeiter des War Office, ist mit der Überwachung
des Tourniers unter Ausschluss der Öffentlichkeit betraut und Stableford soll
ihm zur Hand gehen. Doch als beim abendlichen Bankett der Gastgeber Sir Edmund
unvermittelt zusammenbricht und am nächsten Tag ein Mord vor aller Augen
geschieht, der eigentlich unmöglich erscheint, ist Fingerspitzengefühl und
Kombinationsgabe gefragt.
Wie bereits in den klassischen englischen Kriminalromanen
ermittelt hier kein Kommissar, die Befugnisse und technischen Möglichkeiten
sind somit noch beschränkter, als dies 1938 ohnehin der Fall war. Dies macht
einen Teil des intellektuellen Reizes aus. Statt mit High-Tech und Wissenschaft
ermittelt Stableford mit seinem messerscharfen Verstand, seiner unglaublichen
Allgemeinwissen und geht mit seinen sprachlich verklausulierten
Spitzfindigkeiten seinen Mitermittlern bisweilen auf die Nerven.
Aber auch die Kombination aus einem
Literaturwissenschaftlers, der sich für Kriminalromane begeistert, der von
seinem Freund einem Psychiater im Dienste des War Office immer wieder in
Ermittlungen hineingezogen wird, ist ein Garant für interessante Gespräche, die
den Leser an der kniffeligen Aufklärungsarbeit teilhaben lassen.
Ein wahrer Leckerbissen für Liebhaber klassischer englischer
Whudunnits, der durch fundierte Recherche und interessante kleine Details
überzeugt. Es war der wirklich beste Krimi, den ich in letzter Zeit gelesen
habe.
Rob Reef verzichtet auf dramatische Effekte, es gibt keine
Verfolgungsjagden und doch ist dieser Krimi richtig spannend. Man zermartert
sich stets das Gehirn, wer es denn wie und warum gewesen sein könnte. Hier ist
die Art der Ausführung so schier unglaublich, daß auch Stableford das Motiv und
die Möglichkeit außer Acht lässt und sich vor allem auf das „wie“ konzentriert.
Bei der Auflösung des „wie“ habe ich mal wieder einiges über damaliges Know-How
und Kriegslist gelernt. Diese historisch fundierten Feinheiten mag ich. Aber
nicht nur diese. Die Hauptpersonen sind wirklich liebenswert und dabei sind sie
nicht mal besonders schrullig oder skurril, man mag sie einfach. Es macht Spaß
ihrer persönlichen Entwicklung zu folgen, auch wenn Dr. Holmes Herzensdame Lady
Penelope diesmal nur erwähnt wird und nicht selbst Teil der Geschichte ist.
Da es ein Golf-Krimi ist, befindet sich im Anhang auch ein
Golf-Glossar, sowie eine sehr hilfreiche Karte mit Lageplan von Annandale.
Keine Sorge, dieser Krimi erfordert keine besonderen Golfkenntnisse, auch als
Nicht-Golfer kann man ihn lesen und genießen. Versprochen!
Ein feiner, Krimi im klassischen englischen Stil, der kein
„Gedöns“ wie der Rheinländer sagen würde, benötigt, um zu überzeugen. Er
besticht durch Eleganz und Köpfchen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen