Mörder mögen keine Matjes, Küstenkrimi, Krischan Koch, DAV 5
CDs 5 h 59 min ungekürzte Autorenlesung
Dies ist der 7. Fall der Reihe um Dorfpolizist Thies
Detlefsen und Kommissarin Nicole Stappenbek: Es ist Herbst in Fredenbüll, es
stürmt und die Stammbesetzung der Hidden Kist inklusive Schäferhündin Susi,
plant eine Tour nach Hamburg, um Imbissfreund Piet Paulsen zu besuchen. Der hat
gerade eine Knietransplantation hinter sich und vermisst schon seine Truppe und
Antjes Leckereien. Währenddessen entdeckt eine der Töchter von POM Thies
Detlefsen einen angespülten Container. Inhalt: Elektroschrott, eine Leiche und
ein exotisches Äffchen. Laut Frachtpapieren sollte das alles nach Ghana und
zwar von Hamburg aus. So zieht es nun ganz Fredenbüll in die große Stadt, was
an sich schon ein Abenteuer ist. Dennoch können die Freunde aus der Hidden Kist
es nicht lassen ihre Nase in Thies Ermittlungen zu stecken, dessen
Ermittlerqualitäten nicht jeder in der Elbmetropole zu schätzen weiß. Immerhin
trifft er ja auf Kollegin Nicole, die es der Liebe wegen mit ihrem kleinen Sohn
in die Hansestadt zog. Der hippe Schreiner Andrew, mit seinem Urbanstyle ist
Thies ein Dorn im Auge, der ist doch irgendwie verdächtig, so einer mit so'nem
komischen Dutt!
Wieder weisen die Ermittlungen in Richtung einer
Import-Export-Firma und einer alteingesessenen Reederei. Während der
großkarierte Kaufmann ein schmieriger Typ ist, ist Reeder und Konsul Steenberg
nordisch by nature. Dass die Geschäfte miteinander machen ist eigentlich nicht
vorstellbar. Auch sonst scheint Thies in der Villa Steenberg eine ihm völlig
fremde Welt zu betreten. Naja, immerhin ist die Frau des Konsuls wohl auch
Chinesin, vielleicht ist das ja auch ein Grund, für die Affenfamilie, die
durchs Haus turnt, ganz anders als Frau Steenberg.
Da der Tote im Container auf einer heißen Spur war, schaltet
sich mit Privatermittler Phil Kotke ein neuer Typ in die Observation ein. Der
ketterauchende Kotke scheint direkt aus einem Philipp-Marlow-Film entsprungen,
mit seiner Retro-Art und coolen Sprüchen. Thies ist beeindruckt, Nicole
genervt, aber was ihren Freund Andrew anbelangt, sind die zwei ja auch nicht
einer Meinung.
Ganz klar ist dies ein humoriger Küstenkrimi, indem die
verschrobenen Charaktere und ihre Eigenheiten im Vordergrund stehen, aber auch
an chinesischen Weisheiten und abgehalfterten Ermittlersprüchen fehlt es nicht.
So ist mir der Einstieg als Neuling nicht ganz leicht gefallen, da ich erst mal die Imbissstammgäste und übrigen
Fredenbüller kennen und schätzen lernen musste. Es sind ja schon einige, denn
der Imbiss ist gut besucht, außer dem Watt ist in Fredenbüll ja auch nicht ganz
so viel los – von den ständigen Leichen mal abgesehen. Dennoch ist man dort
mehr als nur pikiert, dass jeder Hamburger reagiert, als hätte er von ihrer
Heimat noch nie gehört! Ein running-gag, genau wie einige andere. Es steht die
Dorfgemeinschaft und das Lokalkolorit im Vordergrund. Die Ermittlungen scheinen
ins Stocken zu geraten. Wenn man jedoch nur genug Fredenbüller über die
Großstadt verteilt, können die erfahrenen Beobachter allerdings eine Menge
interessanter Details beisteuern und die Großstadt wird doch wieder zum Dorf.
Das sorgt bislang allerdings für weitere Verwirrungen. Denn worum geht es hier
überhaupt? Unerlaubte Müllexporte? Drogen? Erpressung? Die Möglichkeiten
scheinen unendlich und so tappt der mittüftelnde Krimihörer mit der
Dorfgemeinschaft um die Wette im Dunkeln, denn worum es wirklich geht, ist erst
am Ende wirklich klar. Dafür können die Dörfler dann aber wieder heim in ihr
unbekanntes Fredenbüll fahren und der Hörer erfährt noch mal extra was denn aus
den einzelnen Charakteren, sofern sie das große Finale denn überlebt haben, im
Anschluss so geworden ist. Das gefällt mir sehr gut, denn auch das Schicksal
der tierischen Protagonisten wird nicht vergessen.
Hier wird ganz kräftig mit den Stadt-Land-Klischees gespielt
und kräftig ausgeteilt. Dabei ist eine Wertungsfrage, wer gewinnt. Für mich als
Landei, eindeutig die verschrobene Dorfgemeinschaft. Mein Lieblingsklischee,
waren die urbanen Achtsamkeitsübungen
und -seminare, wie meditatives Kartoffelschälen. Ja, wirklich, sehr zu
empfehlen, auch gerne mit Hörbuch.
Es liest der Chef selbst! Nachdem die Vorgängerbände von
Bjarne Mädel und Hinnerk Schönemann gelesen wurden. Was ich davon halten
sollte, war mir nicht sofort klar, ich musste mich einhören, genau wie bei
seinen kauzigen Protagonisten. Je länger ich Krischan Koch zuhörte, desto
besser gefiel er mir. Seine Stimme klingt zeitlos, einfach ohne hörbares Alter.
Er snackt nordisch, chinesisch und die Fahrgeschäfte auf dem Dom scheinen ihm
einen Kindheitstraum zu erfüllen. Man hört richtig, wie viel Spaß er daran hat,
all den marktschreierisch, stereotypen Nonsense von sich zu geben, der für jede
Kirmes typisch ist. Seine Stimme ist etwas non-deskript. Nicht sehr prägnant,
aber auch nicht unangenehm, sie drängt sich nicht auf und sorgt dadurch beim
Zuhören für Freiraum fürs Kopfkino. Er spricht gut verständlich (klar, es
spielt ja im Norden ;)) und übertreibt nicht, was ich als extrem angenehm
empfinde, dennoch arbeitet er seine Geisteskinder heraus, so dass es auch für Neueinsteiger
wie mich, leichter ist, die vielen Personen geistig zu sortieren. Sehr
hilfreich ist es daher auch, dass es eine ungekürzte Lesung ist und so auf kein
Detail verzichtet wird.
Als Extra-Schmankerl gibt es 3 Matjes-Rezepte, die den
Imbissfreunden den Kurztrip kulinarisch versüßen. Ich mag keine Matjes (aber
auch sonst keine Heringe oder Fische auf meinem Teller), so kann ich mich
beruhigt zurück lehnen, denn ich bin sicher kein Mörder.
Es empfiehlt sich sicherlich für einen gesteigerten Hörgenuss
die Reihe chronologisch zu hören. Für alle die nun Lust auf mehr haben: die
ersten Bände gibt es inzwischen als günstige MP3s.
Ein humoriger Küstenkrimi, mit jeder Menge verschrobener
Friesen, aber es müssen ja auch nicht immer kauzige Bayern oder mordende
Eifelaner sein. Deutschland ist schön und seine Morde einzigartig, nur noch
übertroffen von seinen Ermittlern.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV für die
kurzweilig-humorige Unterhaltung.
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