Freitag, 21. Juni 2019

Drei Schritte zu Dir, von Rachael Lippincott mit Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, gesprochen von Maximiliane Hacke und Dirk Petrick, DAV, 1 MP3 6 h 57 min ungekürzt



Drei Schritte zu Dir, von Rachael Lippincott mit Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, gesprochen von Maximiliane Hacke und Dirk Petrick, DAV,  1 MP3 6 h 57 min ungekürzt

Stella Grant ist sehr hübsch mit ihren langen braunen unbezähmbaren Locken und ihrer zerbrechlichen Gestalt. Wäre da nicht dieser Sauerstoffschlauch in ihre Nase, der ihr das Atmen erleichtern soll, denn ihre Lunge bremst sie aus. Sie hat von Geburt an Mukoviszidose, ihre Lunge verschleimt, unaufhaltsam. Sie hat keine Chance alt zu werden. Das ist ihrer Familie absolut klar und daher tut Stella alles, um mehr Zeit zu bekommen. Sie hält sich penibel an alle Therapiepläne, ist eine Musterpatientin, so wie sie auch in der Schule versucht bei allem dabei zu sein, aber bitte mit Plan! Das Krankenhaus ist ihre zweite Heimat und wenn sie dort wieder einziehen muss, hofft sie ihren besten Freund Pau zu treffen, der dort wie sie Stammgast ist. Sie teilen dort fast alles zusammen, aber nur über ihre Computerbildschirme, denn Mukopatienten müssen immer auf Abstand bleiben, um Querinfektionen zu verhindern. Doch dann  taucht Will (fast 18) auf der Station auf, er pfeift auf die Regeln, wozu auch, er ist dem Tode geweiht. Er ist seit einer Infektion mit einem resistenten Keim von jeder Transplantationsliste gestrichen worden. Seine Rebellion bringt Stella auf die Palme, doch sein Charme und seine Augen ziehen sie an. Dennoch könnte jede Berührung tödlich sein. Sie müssen 2 Meter Abstand halten und dann noch Infektionsschutzkleidung tragen! Zwei wie Feuer und Wasser, die nun da sie einander kennen ,ein ganz anderes Verständnis für die Zeit, die ihnen bleibt entwickeln.

Stella liebt und bewundert ihre kreative große Schwester Abby über alles! Sie selbst ist zwanghaft strukturiert und hat sogar eine App entwickelt, um ihre Behandlung zu optimieren! Wills Einstellung passt da so gar nicht! Als ich in der 12 war, traf ich einen Mukoviszidose-Kranken im Abitur. Er trank, er rauchte, er kiffte, ich war erstaunt. Seine Schwestern hatten die gleiche Krankheit, hielten sich an alle ärztlichen Ratschläge und die Älteste ist trotzdem keine 30 Jahre alt geworden. Ich habe Stellas Empörung verstanden, aber in Kenntnis eines realen Betroffenen, hielt ich auch Will für sehr real und nachvollziehbar. Die Wut sein Leben nicht in Krankenhäusern zu verschwenden, während Stella sie als zweite Heimat akzeptierte und sich dort ein Leben neben dem Leben einrichtete, ist fesselnd. Eine Krankheit, zwei Herangehensweisen – doch gibt es da richtig oder falsch? Keiner von beiden hat jedoch mit dem Leben gerechnet und mit der Liebe. Aber es ist kein Kammerspiel mit nur zwei Personen. Man lernt auch Stellas Familie und Freunde, Wills Mutter und Freunde, Pau und das Krankenhauspersonal kennen. So werden beide real, zu Menschen statt Patienten. Das Bedürfnis gehalten zu werden, wird gerade in Krisen und in der Liebe übermächtig, doch es würde für sie den sicheren Tod bedeuten. Es schmerzt schon diese Sehnsucht zu hören! Irgendwann überstürzen sich die Ereignisse und Stella gelangt an einen Wendepunkt. Was will sie und wofür? Macht all ihre akribische Planung Sinn? Sehr emotional beginnt man sich mit Stella zu fragen, was es eigentlich ist, was wir am Leben lieben. Was treibt uns an? Man beginnt mit den beiden zu bangen und zu hoffen, doch worauf eigentlich, denn die Diagnose ist früher oder später immer ein Todesurteil. Doch es ist ein Jugendbuch. Auch wenn ich während des Hörens zwischenzeitlich pausieren musste, weil es mich zu sehr packte. Eine emotionale Geschichte mit höchsten Höhen und tiefsten Tiefen, die wirklich unglaublich traurig sind, doch endet diese wunderschöne Liebesgeschichte nicht mit Tränen der Trauer.

Sehr gut hat mir übrigens die angesprochene Problematik gefallen, wie junge Patienten sich gegenüber ihren zukünftigen Hinterbliebenen fühlen. Welche vorauseilenden Schuldgefühle sie plagen, weil sie wissen, daß ihr sicherer früher Tod, ihre Familien in Verzweiflung stürzen wird. Vielschichtig regt diese Liebesgeschichte auch zum Nachdenken an.

Die Geschichte von Stella und Will wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Mal aus ihrer, mal aus seiner Sicht. Von daher gibt es mit Maximiliane Häcke und Dirk Petrick auch zwei junge Sprecherstimmen. Maximiliane Häcke klingt jung, entschlossen und dann auch wieder ganz zerbrechlich. Ihre Stimmung schwingt in ihrer Stimme mit, mit allen Höhen und Tiefen. Sie gefällt mir ausgezeichnet in ihrer Darstellung der bisweilen hin- und hergerissenen Stella.
Dirk Petricks Stimme ist den Zuhörern vielleicht schon als Cole aus der Erfolgsserie Riverdale bekannt. Sie klingt unheimlich sympathisch und macht es daher verständlich, daß sich Stella, trotz seines anfänglich unmöglichen Verhaltens, in ihn verliebt. Man hört schon, daß mehr in Will steckt, als er zunächst zeigt.

Das Cover wird übrigens von einer der Zeichnungen von Stellas älteren Schwester Abby geziert, und stellt eine gesunde Lunge dar. Im Inneren der Klapphülle sind Filmszenen zu sehen, die Stella und Will ein Gesicht geben. Diese Zeichnung hängt Stella jedes Mal auf, wenn sie wieder „ihr“ Krankenhauszimmer bezieht.

Ich hoffe, daß nachdem Kinoerfolg die Bereitschaft zu Organspenden wieder steigt, denn auch wenn die Spenderorgane den Empfänger nicht heilen, so schenken sie ihm doch kurze aber kostbare weitere Jahre, für die er sehr dankbar sein wird.

Eine berührende Geschichte, die ich aus vollem Herzen empfehle.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei dem DAV – der Audio Verlag für dieses ersehnte Hörexemplar.

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