Der schöne Mann, Tom Burger, cleeves media
Dies ist der 3. Fall von Kommissar Luc Vidal aus Avingon,
der aufgrund aktueller Fälle immer wieder in die scheinbar verschlafene Provinz
des provenzalischen Hinterlandes geschickt wird, wo er auf dem Anwesen einer
englischen Künstlerin sein Refugium unterhält und daher gut lokal vernetzt ist.
Diesmal fällt ein Ex-Radprofi bei einer Trainingsfahrt am
Mont Ventoux, der oft die Königsetappe der Tour de France stellt, tot vom Rad.
Vollgepumpt mit allerlei Arzneien. Ein Jahr bevor die Tour de France zum 14.
Juli 2016 am Nationalfeiertag dort entlang führt, soll geklärt werden, ob mehr
dahinter steckt. Luc Vidal fischt ein wenig im Trüben.
Bei seinem Freund, dem deutschen Kochbuchautor Anselm, hat
sich die Kölner Sportjournalistin, Dopingfachfrau und Sportmedizinerin Hannah
Jacobi aufgrund von Max (bekannt aus dem 1. Band, das Bücherhaus) Empfehlung
einquartiert, mit Rennrad. Stetig trainiert sie am Hang des Ventoux, um Zugang
zur Rennradszene zu erhalten. Für sie ist der Mont Ventoux das optimale
Frischluft Doping-Versuchslabor. Sie vermutet mehr hinter dem Tod des gedopten
Ex-Profis und bringt hohe Risikobereitschaft mit. Sowohl Luc als auch Anselm
sind von ihr fasziniert, doch sie jagt ein Phantom, den schönen Mann. Ein Mann
mit verblüffender Ähnlichkeit mit George Clooney taucht immer wieder in der
Nähe unerwarteter Toter oder Verschwundener auf.
Der Einstieg in das Buch erfolgt über das Goldman Dilemma.
Der Amerikaner Bob Goldman erforschte zwischen 1982 und 1990, wie weit
Spitzensportler für einen Sieg gehen würden. Er kam zu dem erschreckenden
Ergebnis, daß 50 % der Hochleistungssportler den Tod binnen 5 Jahren in Kauf
nehmen würde, wenn ihnen hierdurch die Goldmedaille sicher wäre.
Diese erschreckende Erkenntnis ist aber auch eine, die mich
oft bei Journalisten wundert. Welche Risiken sind sie bereit einzugehen, um
einen Pulitzerpreis zu gewinnen, um DIE STORY zu schreiben.
Mich zieht es weder auf den Rad auf einen Zweitausender,
noch in ein Krisengebiet. Dennoch war dieser kriminalistische Ausflug in die
Welt des Spitzensports, des Dopings per Medikamente, Technik und Genveränderung
sehr spannend. Die Welt giert nach Sensationen, sie will immer mehr, immer
neuere spektakulärere Rekorde sehen. Doch nur wie sollen die in immer kürzeren
Abständen möglich werden? Nur durch Training sicher nicht. Hier wird auf verschiedene
Methoden eingegangen, wobei mir das technische Motordoping noch das
Sympathischste ist, wenn es auch genauso betrügt, wie jede andere Form von
Doping.
Radrennsport interessiert mich Null. Dennoch bin ich nach
diesem Krimi doch gewillt dieses Jahr zu schauen, ob die Tour im Juli nicht
auch bei uns in der Nähe im Süden Frankreichs vorbeifährt.
Der Blick hinter die Kulissen, der Kommerz, dieser
Menschenhandel, dieses Monopoly mit der menschlichen Gesundheit ist schon
faszinierend. Eingebettet in die Landschaft der Provence mit den menschlichen
Schwächen und Stärken von Luc und Anselm, ist dieser Krimi sehr reizvoll. Beide
Männer mag ich, während mir Hannah, mit ihrem Wahn nach der Enthüllung, oft zu
egozentrisch ist, wie sie ihre Bedürfnisse, über die der anderen stellt. Ein
weiterer spannender Moment für mich war, daß ich nach der Lektüre des
Bücherhauses (also Band 1) nicht sicher sein konnte, ob sie überleben wird oder
nicht. Klar war mir nur, Luc und Anselm kommen durch, aber wird Hannah eine der
Leichen sein, die den Weg des schönen Mannes säumen, und die nie eindeutig als
Mord identifiziert werden können?
Im Anhang gibt es Bilder vom Mont Ventoux, damit man sich
die Quälerei am Berg besser vorstellen kann. Informationen zu Doping und
Hintergründe zum Buch, die zu diesem inspirierte, wie auch die wahren Vorfälle
am 14.7.2016. Wenn diese Informationen freizugänglichen Quellen entnommen
wurden, habe ich Angst vor dem, was im Verborgenen geschieht, wenn das schon
öffentlich ist.
Ein spannender Krimi zwischen Provence, Genuss,
Hochleistungssport und Enthüllungsjournalismus. Spannend und zum Nachdenken
anregend, stets schlüssig, vergebe ich gerne 5 von 5 Sternen.
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