Montag, 1. Mai 2017

Der schöne Mann, Tom Burger, cleeves media



Der schöne Mann, Tom Burger, cleeves media
Dies ist der 3. Fall von Kommissar Luc Vidal aus Avingon, der aufgrund aktueller Fälle immer wieder in die scheinbar verschlafene Provinz des provenzalischen Hinterlandes geschickt wird, wo er auf dem Anwesen einer englischen Künstlerin sein Refugium unterhält und daher gut lokal vernetzt ist.
Diesmal fällt ein Ex-Radprofi bei einer Trainingsfahrt am Mont Ventoux, der oft die Königsetappe der Tour de France stellt, tot vom Rad. Vollgepumpt mit allerlei Arzneien. Ein Jahr bevor die Tour de France zum 14. Juli 2016 am Nationalfeiertag dort entlang führt, soll geklärt werden, ob mehr dahinter steckt. Luc Vidal fischt ein wenig im Trüben.
Bei seinem Freund, dem deutschen Kochbuchautor Anselm, hat sich die Kölner Sportjournalistin, Dopingfachfrau und Sportmedizinerin Hannah Jacobi aufgrund von Max (bekannt aus dem 1. Band, das Bücherhaus) Empfehlung einquartiert, mit Rennrad. Stetig trainiert sie am Hang des Ventoux, um Zugang zur Rennradszene zu erhalten. Für sie ist der Mont Ventoux das optimale Frischluft Doping-Versuchslabor. Sie vermutet mehr hinter dem Tod des gedopten Ex-Profis und bringt hohe Risikobereitschaft mit. Sowohl Luc als auch Anselm sind von ihr fasziniert, doch sie jagt ein Phantom, den schönen Mann. Ein Mann mit verblüffender Ähnlichkeit mit George Clooney taucht immer wieder in der Nähe unerwarteter Toter oder Verschwundener auf.
Der Einstieg in das Buch erfolgt über das Goldman Dilemma. Der Amerikaner Bob Goldman erforschte zwischen 1982 und 1990, wie weit Spitzensportler für einen Sieg gehen würden. Er kam zu dem erschreckenden Ergebnis, daß 50 % der Hochleistungssportler den Tod binnen 5 Jahren in Kauf nehmen würde, wenn ihnen hierdurch die Goldmedaille sicher wäre.
Diese erschreckende Erkenntnis ist aber auch eine, die mich oft bei Journalisten wundert. Welche Risiken sind sie bereit einzugehen, um einen Pulitzerpreis zu gewinnen, um DIE STORY zu schreiben.
Mich zieht es weder auf den Rad auf einen Zweitausender, noch in ein Krisengebiet. Dennoch war dieser kriminalistische Ausflug in die Welt des Spitzensports, des Dopings per Medikamente, Technik und Genveränderung sehr spannend. Die Welt giert nach Sensationen, sie will immer mehr, immer neuere spektakulärere Rekorde sehen. Doch nur wie sollen die in immer kürzeren Abständen möglich werden? Nur durch Training sicher nicht. Hier wird auf verschiedene Methoden eingegangen, wobei mir das technische Motordoping noch das Sympathischste ist, wenn es auch genauso betrügt, wie jede andere Form von Doping.
Radrennsport interessiert mich Null. Dennoch bin ich nach diesem Krimi doch gewillt dieses Jahr zu schauen, ob die Tour im Juli nicht auch bei uns in der Nähe im Süden Frankreichs vorbeifährt.
Der Blick hinter die Kulissen, der Kommerz, dieser Menschenhandel, dieses Monopoly mit der menschlichen Gesundheit ist schon faszinierend. Eingebettet in die Landschaft der Provence mit den menschlichen Schwächen und Stärken von Luc und Anselm, ist dieser Krimi sehr reizvoll. Beide Männer mag ich, während mir Hannah, mit ihrem Wahn nach der Enthüllung, oft zu egozentrisch ist, wie sie ihre Bedürfnisse, über die der anderen stellt. Ein weiterer spannender Moment für mich war, daß ich nach der Lektüre des Bücherhauses (also Band 1) nicht sicher sein konnte, ob sie überleben wird oder nicht. Klar war mir nur, Luc und Anselm kommen durch, aber wird Hannah eine der Leichen sein, die den Weg des schönen Mannes säumen, und die nie eindeutig als Mord identifiziert werden können?
Im Anhang gibt es Bilder vom Mont Ventoux, damit man sich die Quälerei am Berg besser vorstellen kann. Informationen zu Doping und Hintergründe zum Buch, die zu diesem inspirierte, wie auch die wahren Vorfälle am 14.7.2016. Wenn diese Informationen freizugänglichen Quellen entnommen wurden, habe ich Angst vor dem, was im Verborgenen geschieht, wenn das schon öffentlich ist.
Ein spannender Krimi zwischen Provence, Genuss, Hochleistungssport und Enthüllungsjournalismus. Spannend und zum Nachdenken anregend, stets schlüssig, vergebe ich gerne 5 von 5 Sternen.

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