Urlaubstraum(a) Deutschland: Wellen, Berge, Bauernhof… warum
es zu Hause doch am schrägsten ist, Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg), Edel
Books
Urlaub in Deutschland ist langweilig und da können es
gesammelte Geschichten über derartige Urlaubserlebnisse auch nur werden? Von
wegen!
Diese Anthologie gliedert sich in 5 Kapitel zu 5
Themenschwerpunkten: 1. Ferien im, auf und am Wasser, 2. Campingurlaub, 3.
Aktivurlaub, 4. Erlebnis- und Genießertouren und 5. Urlaub in der Stadt.
Die unter diesen Nennern zusammengetragenen Geschichten sind
teilweise so schräg und auch so treffend, daß es zwar im Anhang die
Autorenbiografien zu den 24 skurrilen, lustigen und echt wahren
Urlaubserlebnissen gibt, die meisten Autoren jedoch eine Zuordnung zu ihren
Erlebnissen vermeiden wollten. Das ist sehr verständlich, aber auch ein bißchen
schade, wenn einem ein Schreibstil besonders gut gefiel und man von
derjenigen/demjenigen der dies erzählte gerne mehr lesen würde.
Einige meiner Lieblingsgeschichten sind zu Glück nicht davon
betroffen. So habe ich bei Heike Abidis: „Weinprobe erfolgreich, Tränen
gelacht“ über eine Weinprobe im pfälzischen Nachbardorf Tränen gelacht! Das war
so skurril und doch so aus dem Leben gegriffen, herrlich komisch geschrieben
und doch so wahr!
Aber auch „Das Monster von Loch Bodensee“ von Julia Reibel
zeigt wie Erwartungen auf den Kopf gestellt werden können, durch geschicktes
elterliches Marketing aus einem erwarteten Urlaub am Bodensee voller
Langeweile, ein Abenteuer der Extraklasse mit jede Menge Followern wird.
Und ja, ich gestehe, ich bin kein Fan von Camping und über
die Einführung in dieses Kapitel „Der Mensch gibt das meiste Geld dafür aus,
dass er es im Alltag schön bequem hat: Er kauf ein schickes Auto, ein
gemütliches Bett, jede Menge arbeitserleichternde Gerätschaften…. Aber einmal
im Jahr verhält er sich vollkommen absurd: Da gibt er seine sauer verdienten
Ersparnisse dafür aus, es zwei Wochen lang so unkomfortabel wie möglich zu
haben. Beim Campingurlaub. Versuchen Sie das einmal einem Außerirdischen zu
erklären!“ ließ mich schon grinsen. Ja, ich mag im Urlaub mein eigenes Bad und
Duschmarken und lästige Wege zu den Sanitäreinrichtungen sind nicht so meins,
aber mit „Trompi der Dauercamper“ hat Anne Schmuhl mich doch ein wenig
nachdenklich gestimmt (dabei ist die Geschichte durchaus amüsant), ob Camping
wirklich so entsetzlich ist, oder ob diese eingeschworene Gemeinschaft nicht
doch ein guter Grund ist, um auf ein wenig sanitären Komfort zu verzichten.
So unterschiedlich die Geschichten sind, so unterschiedlich
sind auch die Autoren und ihre Biografien. Anne Schmuhl Jahrgang 1976 ist
studierte Modedesignerin und lebt auch sonst von der Mode und Musikbranche,
indem sie zahlreiche bekannte Bands einkleidet und auch z.T. auf ihren Touren
begleitet. Das wird zwar zu Beginn der Geschichte angedeutet, ihr Schreibtalent
wird dadurch aber nicht nachhaltig beieinflusst.
Nicht alle Geschichten sind lustig. Einige sind eher
nachdenklich oder einfach schön! „Stadtmaus, Landei, Liebe!“ ist zum Beispiel
Seelenbalsam, der meiner Seele sicherlich besser tut, als ein mehrwöchiges
Meditationsseminar wie in „Urlaub von mir selbst“. Ein erfolgreicher,
gestresstes Singlemann geht mit einem alten Grundschulkumpel auf ein
Schweige-Meditationsseminar und findet zu sich selbst. Das war mir echt zu
krass, aber ich verspüre ja im Gegensatz zu ihm auch kein Bedürfnis nach Drogen
sobald ich in Berlin ankomme, sondern bin gefestigt genug, um Apfelschorle zu
trinken ;) Ja, es gibt auch Geschichten, die einen in den bisherigen
Abneigungen bestätigt, während andere einen doch ins Grübeln bringen: In
„Jakobsweg trifft Kehrwoch‘ (Pilgern nicht nur)“ in der eine junge Volontärin
eine Pilgergruppe auf dem schwäbischen Jakobsweg begleitet und obwohl sie den
Altersschnitt deutlich senkt, nicht nur einen interessanten Artikel mit nach
Hause nimmt, schafft es Petra Plaum meine Abneigung gegen Wanderurlaube oder
Pilgerungen zumindest in Frage zu stellen und den Reiz nachzuvollziehen.
Einige Geschichten sind großartig, andere wirklich nachhaltig,
wenige nicht so meine Welt, aber nie habe ich mich gelangweilt! Ich wurde
bestens unterhalten und auch wenn ich vorhatte das Buch über Wochen verteilt
zwischen mehrere Bücher (um langsam den Kopf nach besonders packender Lektüre
wieder frei zu bekommen) und auf mehrere Schwimmbadcafé-sitzen und Kinder
bestauen-Tage zu verteilen, konnte ich irgendwie nicht aufhören. Die
Geschichten waren einfach zu unterschiedlich, als daß sich
Abnutzungserscheinungen einschleichen konnten. Gerade für Menschen, die viel
warten müssen oder eher wenig lesen, weil sie nie Zeit dafür haben, ist diese
Sammlung mit 24 Kurzgeschichten um und über Urlaub in Deutschland die optimale
Urlaubslektüre, sie macht wirklich Spaß und gute Laune.
Ich empfehle sie gerne mit 4 von 5 Sternen weiter und bin
gespannt, welchem Thema sich die Herausgeberinnern sich nach Schwiegermüttern,
Horror am Arbeitsplatz und Wartezimmererlebnissen sich in ihrer nächsten
Anthologie nähern werden. Es war sicher nicht meine letzten von Heike Abidi und
Anja Koesling.
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