Sonntag, 14. Mai 2017

Gloria und die Londoner Liebschaften, Marlene Klaus, Dryas Verlag



Gloria und die Londoner Liebschaften, Marlene Klaus, Dryas Verlag
Im 3. Abenteuer von Lady Gloria Wingfield ist diese im Jahre 1889 zur Saison in London. Durch die bevorstehende königliche Hochzeit von Prinzessin Louise herrscht Trubel in der Stadt. Gloria steht die Eröffnung des Frauenbildungsvereins bevor, zu der zahlreiche illustre Gäste u.a. auch das Ehepaar Oscar und Constance Wilde erwartet werden und das Patenkind von Queen Victoria. Daher sind auch jede Menge Journalisten anwesend, als die Leiche eines jungen Adeligen gefunden wird, wird die Aufmerksamkeit für dieses Ereignis noch größer. Gloria fühlt sich durch das Verbrechen persönlich gegriffen. Sie ermittelt daher auf eigene Faust, sehr zum Missfallen von Lord Alexander Lyndon. Da Alexander sie bei ihren Ermittlungen nicht unterstützen will, wendet sie sich an den charismatischen Gesellschaftskolumnist Mr. Morris, der den Vorschlag gerne annimmt.
Mir persönlich gefällt die Reihe mit jedem Band besser. Gloria und Alexander werden offener und kommen mehr aus sich heraus, allen viktorianischen Konventionen zum Trotz. Zarte Gefühle keimen auf.
Außerdem werden wieder aktuelle gesellschaftliche Themen der damaligen Zeit in die Geschichte aufs Anschaulichste eingeflochten. Diesmal geht es um Gleichberechtigung, die damals nicht nur nicht selbstverständlich war, sondern gesetzlich nicht vorgesehen. Es gab kein Frauenwahlrecht und die Frau war dem Manne quasi untertan. Frauen durften noch keine Hosen tragen und nicht über ihr eigenes Geld verfügen. Ihr Vermögen wurde von dem Ehemann verwaltet oder verschwendet, je nach dessen Charakter. Das Velo als gefährliche Errungenschaft, die man besser mal misstrauisch beäugt und bei dem auch lediglich die Dreirad-Varianten für Frauen schicklich sind. Kein Wunder, daß es damals auch Journalistinnen gab, die sich für das Thema Frauen und Sport einsetzten und natürlich zur Eröffnung des Frauenbildungsvereins eingeladen wurden. Auch illustre Persönlichkeiten nehmen bei fiktiven Geschehnissen teil, was sowohl ein interessantes Gesellschaftsbild wirft, als auch den Glamourfaktor hebt. Die Sprache ist angenehm flüssig zu lesen, nicht gestelzt und dennoch passend, um nicht das Flair der viktorianischen Zeit zu zerstören.
Der Krimi ist ein echter Cosy. Es gibt verschiedene Verdächtige aus dem näheren Umfeld des Opfers, CSI und Co. waren damals aber noch gänzlich unbekannt. Daher verlaufen auch die Ermittlungen geruhsamer als bei aktuellen. Alleine Beobachtungen und Gespräche über Beobachtungen und Motive können die Ermittlungen voranbringen. Hierbei ist es natürlich von Vorteil, daß Gloria der gesellschaftlichen Schicht entstammt, der auch die Verdächtigen entstammen.
Auch dieser Band der Baker Street Bibliothek zeichnet sich wieder durch Wunderschöne große Vignetten im Stile der damaligen Stadtansichtsstiche aus. Das verbreitet direkt viktorianisches Flair!
Auch dieser Band hat im Anschluß an den Krimi ein ausführliches Personenverzeichnis, in welchem auch die fiktiven und die realen Persönlichkeiten der Geschichte gekennzeichnet sind, bzw. die semifiktive, also die Romanhelden, die ehemals lebenden Personen nachempfunden wurden, mit entsprechenden Hinweisen auf die realexistierenden Vorbilder. Außerdem geht der Anhang auf die gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Umbrüche dieser Zeit ein, so daß man mal wieder einmal zu schätzen weiß, im Hier und Jetzt zu leben!
Ein wirklich schöner Cosy mit Herz, Niveau und Flair, den ich gerne mit 5 von 5 Sternen weiterempfehle.  

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