Gloria und die Londoner Liebschaften, Marlene Klaus, Dryas
Verlag
Im 3. Abenteuer von Lady Gloria Wingfield ist diese im Jahre
1889 zur Saison in London. Durch die bevorstehende königliche Hochzeit von
Prinzessin Louise herrscht Trubel in der Stadt. Gloria steht die Eröffnung des
Frauenbildungsvereins bevor, zu der zahlreiche illustre Gäste u.a. auch das
Ehepaar Oscar und Constance Wilde erwartet werden und das Patenkind von Queen
Victoria. Daher sind auch jede Menge Journalisten anwesend, als die Leiche
eines jungen Adeligen gefunden wird, wird die Aufmerksamkeit für dieses
Ereignis noch größer. Gloria fühlt sich durch das Verbrechen persönlich
gegriffen. Sie ermittelt daher auf eigene Faust, sehr zum Missfallen von Lord
Alexander Lyndon. Da Alexander sie bei ihren Ermittlungen nicht unterstützen
will, wendet sie sich an den charismatischen Gesellschaftskolumnist Mr. Morris,
der den Vorschlag gerne annimmt.
Mir persönlich gefällt die Reihe mit jedem Band besser.
Gloria und Alexander werden offener und kommen mehr aus sich heraus, allen
viktorianischen Konventionen zum Trotz. Zarte Gefühle keimen auf.
Außerdem werden wieder aktuelle gesellschaftliche Themen der
damaligen Zeit in die Geschichte aufs Anschaulichste eingeflochten. Diesmal
geht es um Gleichberechtigung, die damals nicht nur nicht selbstverständlich
war, sondern gesetzlich nicht vorgesehen. Es gab kein Frauenwahlrecht und die
Frau war dem Manne quasi untertan. Frauen durften noch keine Hosen tragen und
nicht über ihr eigenes Geld verfügen. Ihr Vermögen wurde von dem Ehemann
verwaltet oder verschwendet, je nach dessen Charakter. Das Velo als gefährliche
Errungenschaft, die man besser mal misstrauisch beäugt und bei dem auch
lediglich die Dreirad-Varianten für Frauen schicklich sind. Kein Wunder, daß es
damals auch Journalistinnen gab, die sich für das Thema Frauen und Sport
einsetzten und natürlich zur Eröffnung des Frauenbildungsvereins eingeladen
wurden. Auch illustre Persönlichkeiten nehmen bei fiktiven Geschehnissen teil,
was sowohl ein interessantes Gesellschaftsbild wirft, als auch den
Glamourfaktor hebt. Die Sprache ist angenehm flüssig zu lesen, nicht gestelzt
und dennoch passend, um nicht das Flair der viktorianischen Zeit zu zerstören.
Der Krimi ist ein echter Cosy. Es gibt verschiedene
Verdächtige aus dem näheren Umfeld des Opfers, CSI und Co. waren damals aber
noch gänzlich unbekannt. Daher verlaufen auch die Ermittlungen geruhsamer als
bei aktuellen. Alleine Beobachtungen und Gespräche über Beobachtungen und
Motive können die Ermittlungen voranbringen. Hierbei ist es natürlich von
Vorteil, daß Gloria der gesellschaftlichen Schicht entstammt, der auch die
Verdächtigen entstammen.
Auch dieser Band der Baker Street Bibliothek zeichnet sich
wieder durch Wunderschöne große Vignetten im Stile der damaligen
Stadtansichtsstiche aus. Das verbreitet direkt viktorianisches Flair!
Auch dieser Band hat im Anschluß an den Krimi ein
ausführliches Personenverzeichnis, in welchem auch die fiktiven und die realen
Persönlichkeiten der Geschichte gekennzeichnet sind, bzw. die semifiktive, also
die Romanhelden, die ehemals lebenden Personen nachempfunden wurden, mit
entsprechenden Hinweisen auf die realexistierenden Vorbilder. Außerdem geht der
Anhang auf die gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Umbrüche dieser Zeit ein,
so daß man mal wieder einmal zu schätzen weiß, im Hier und Jetzt zu leben!
Ein wirklich schöner Cosy mit Herz, Niveau und Flair, den
ich gerne mit 5 von 5 Sternen weiterempfehle.
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