Das Beste kommt noch, Richard Roper, gelesen von Matthias Matschke, Argon Verlag, 1 MP3 9 h 20 Minuten gekürzt
Andrew ist Mitte 40 und lebt einsam und zurückgezogen in einem Ein-Zimmer-Appartment in London. Sein Vater starb plötzlich, als er noch klein war, seine Mutter wurde daraufhin schwer depressiv und starb, als Andrew gerade mit der Schule fertig war. Sein Verhältnis zu seiner älteren Schwester Sally war noch nie einfach. Seit 7 Jahren hat er sie nicht mehr gesehen. Als er vor 5 Jahren seine Arbeit verlor und er verzweifelt eine neue suchte, erfand er in seiner Einsamkeit, um dazuzugehören eine glückliche Familie, die zu Hause auf ihn wartet: die liebevolle, erfolgreiche Ehefrau Diane und zwei süße Kinder. Mit dieser Fantasie lässt sich der bisweilen unglaublich deprimierende Job als Nachlassinspektor besser verkraften. Er untersucht Wohnungen und Zimmer von Menschen, die alleine verstarben nach Hinweisen auf Hinterbliebene und genügend Vermögen um die Bestattungskosten zu decken. Was er dort sieht, ist teils erschreckend und wird nur vom Geruch getoppt. Aber seine Kollegen Keith und Meredith machen ihm fast noch mehr zu schaffen, während Chef Cameron stets bemüht ist, aus ihnen ein vertrautes Team zu bilden. Er präsentiert hierzu eine schrecklichere Idee nach der anderen. Doch neben seiner Modelleisenbahn tritt plötzlich ein Lichtblick in sein Leben: die neue strahlende Kollegin Peggy, mit ihrer Lebensfreude, die unerschütterlich scheint und keine Zweifel an seinem glücklichen Familienleben hat.

Den Anfang fand ich etwas zu lang und ausführlich, wobei mein Mann über die trockene Darstellung seines Lebens durchaus auch lachen konnte. Es ist z.T. wirklich zu absurd, allerdings, tat er mir zu sehr leid, um darüber lachen zu können. Das ist aber offensichtlich eine Typfrage. Mein Mann mag Matthias Matschke nicht, hat seine Stimme aber sofort erkannt und musste dennoch lachen. Ich finde ja seine Stimme sehr passend für diesen etwas verschrobenen, einsamen und zutiefst Verletzten. Er klingt freundlich und zurückhaltend und lässt immer wieder die Hoffnung durchblitzen. Obwohl er ebenso liebenswert wie seltsam ist, vermittelt Matthias Matschke, dass ja eigentlich Andrew weniger seltsam ist als seine Kollege, die von ihrem Selbstverständnis her, voll die Macher sind. So verschiebt sich der Blickpunkt: je mehr man Andrew versteht, desto befremdlicher werden seine Kollegen, oder die Menschen, die unaufgefordert bei den Nachlassinspektionen erscheinen. Trotz tiefsitzender Traumata erscheint Andrew immer normaler, bis er mit dem nächsten Trauma konfrontiert wird. So vermittelt Richard Roper tiefe Einblicke in das menschliche Spektrum der Merkwürdigkeiten, Rücksichtlosigkeiten, Schicksale und verpasster Chancen. All diese feinen Nuancen beherrscht der Melancholiker unter den deutschen Comedians und Schauspieler von Professor T. im Schlaf. So ist diese Geschichte zwar wunderschön zum Schluss und voller Hoffnung, aber stets unterlegt von einer großen Traurigkeit. Dies liegt nicht nur an Andrews bisher verpfuschten Leben, sondern auch an all den einsamen Schicksalen derer, die im Vergessenen verstorben sind und deren letzten Kontakte stets einräumten, dass man sich irgendwie aus den Augen verloren habe...
Eine bittersüße Symphonie des Lebens und Sterbens, die auf einer positiven, offenen Note endet. So verschroben, wie das Leben bisweilen sein kann. Ein außergewöhnliches Hörbuch, das im Gedächtnis bleibt und sich aus der Masse der Normalität wohltuend abhebt.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Argon Verlag für dieses Hoffnungshörbuch in Coronazeiten.
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