Samstag, 9. Mai 2020

Unsere kleine Insel, Rüdiger Bertram, Illustration Karin Lindermann, dtv junior



Unsere kleine Insel, Rüdiger Bertram, Illustration Karin Lindermann, dtv junior

Nele ist 8 Jahre alt und ist vor einem Jahr mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Ole von Köln zu Opa und Oma auf die Hallig gezogen. Ihre große Schwester Anna, besucht sie nur am Wochenende, denn in der Woche geht sie auf dem Festland ins Internat. Die Halligschule ist so klein, dass alle Kinder in einem Raum sitzen und nur die unteren Klassen dort unterrichtet werden; mit Ausnahme von Torben. Der ist schon 1 zwölf, aber da er fast nicht spricht, darf er doch bleiben und nimmt regelmäßig an Videounterricht mit anderen Kindern teil. Wenn Nele ihre beste Freundin Lisa ärgern will, spricht sie von „unserer Insel“, dann wird diese immer ganz wütend, so wie jetzt! Jetzt haben sich die beiden nämlich richtig gestritten und sprechen eigentlich nicht mehr miteinander, aber wenn es nur so wenige Bewohner an einem Ort gibt, dann muss man sich natürlich immer wieder schnell vertragen; sonst wäre es ja langweilig. Viel verdienen kann man auf so einer Hallig nicht. Daher arbeitet auch Lisas Mutter die Woche über auf dem Festland. Täglich pendeln kann man nicht, da die Fähre von den Gezeiten abhängt und damit zeitlich sehr schwankend fährt. Mit der Fähre kommen auch die Touristen, die die Hallig so urig finden, aber für Nele und Lisa ist es ihr zu Hause und der aufregendste Ort der Welt!

So eine Hallig ist doch recht übersichtlich, das ist sehr praktisch, denn so passt eine Übersicht aller Hallig Bewohner locker mit Bild und Namen in den Bucheinband und in den Hintereinband eine Übersicht über die Insel, äh pardon die Hallig. Auf dieser gibt es übrigens auch eine Vogelschutzstation, genau wie auf Hallig Hooge, die als Vorbild für Neles Hallig diente. Ehrlich gesagt, war das der Grund, weshalb ich dieses Buch gerne lesen wollte, obwohl wir das Lesealter ab 6 Jahren sprengen: einer der feierfreudigen Freunde meines Bruders hat auf Hallig Hooge seinen Zivildienst gemacht und sie haben ihn immer wieder dort besucht und sogar auch Silvester dort gefeiert. Was machen diese vom Land in die Großstadt Flüchtenden auf so einer Hallig? Was macht man da so allgemein? Man kann dort Fahrrad fahren und sicher sein, dass es nicht geklaut wird und auch der Verkehr ist ziemlich übersichtlich, aber zugelassen! Kleine Kanäle durchziehen das Land und nachts ist es stockdunkel, da es keine Straßenlaternen gibt. Daher braucht man dringend Taschenlampen wenn man unterwegs ist! Dennoch fällt jeder Halligbewohner früher oder später mal hinein, meist unter großem Gelächter! Außerdem gibt es mehr Tiere als Menschen auf der Hallig und alle gehen sehr vertraut miteinander um. Eigentlich ist es ganz ähnlich wie in Bullerbü! Kinder finden immer eine aufregende Beschäftigung, wenn sie Zeit und Raum haben. Für die Erwachsenen ist das Leben entschleunigt. Sogar vom Kleinstadtleben unterscheidet  es sich deutlich. Jeder Notfall macht einen Hubschraubereinsatz notwendig. Solche kleinen Details sind für Jung und Alt sehr interessant, hat man doch selbst meist noch gar nicht darüber nachgedacht. Uns brachte es ins Staunen.

Erzählt werden die Erlebnisse aus Neles Perspektive und auch in einer kindlichen Sprache. Nicht total simpel, aber für Kinder gut zu verstehen und nachzufühlen. Zum Vorlesen könnte sie sich daher sogar schon für Vorschulkinder eignen, da die Kapitel kurz und großzügig illustriert sind. Allerdings ist es kein Leseanfängerbuch. Das Druckbild ist angenehm und auch großelternfreundlich, aber für ungeübte Leser eine Herausforderung. Daher eher ein Vorlesebuch, das auf begeistert lauschende Zuhörer trifft, vor allem, wenn diese Urlaub an Nord- oder Ostsee lieben.

Die Illustrationen von Karin Lindermann sind sehr liebevoll und fröhlich. Sie machen gute Laune und vermitteln einem das in Coronazeiten nötige Urlaubsgefühl! Man sieht schon den Wind und die Möwen die Kinder umwehen/umkreisen.

Ein sehr entschleunigter Einblick in den Kinderalltag in einer kleinen Gemeinschaft in enger Verbindung mit der Natur, die dieser Lebensweise auch viel Respekt entgegenbringt. Bisweilen wird nur ein wenig über einige Touristen verhalten die Nase gerümpft. Sehr zu empfehlen für alle Liebhaber von Büllerbü und den Kindern aus dem Möwenweg, also all jene, die auch gut einmal auf Drachenangriffe, Piraten oder ähnliches verzichten können, die aber das starke Gefühl von Gemeinschaft und Lebensfreude lieben.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei dtv junior für unseren literarischen Urlaub auf der Hallig, in Zeiten, in denen dank Corona das Reisen nicht möglich ist. Aber vielleicht regt es ja einige Leser an, sobald die Beschränkungen gelockert werden... Neles Großeltern würden sich sicher über neue Gäste freuen ;)

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