Night of Crown (1) – Spiel um dein Schicksal, Stella Tack, Madiha
Kelling Bergner, Goya Libre, 2 MP3 697
Minuten ungekürzt
Die siebzehnjährige Alice Salt ist mit ihrer alleinerziehenden
Mutter vor gar nicht allzu langer Zeit umgezogen. Dennoch konnte sie sich an
der neuen Highschool schnell einleben und hat in der temperamentvollen
Chefcheerleaderin Cordy gleich am ersten Tag eine beste Freundin gefunden.
Zwischen ihr und Peter, dem Quarterback der Footballmannschaft knistert es.
Doch alles wird anders, als sie mit ihnen eine verbotene Party im Wald bei den
exklusiven Privatinternaten Chesterfield und St. Barrington besucht. Nach einer
schrecklichen Begegnung alleine im Wald dort, hat sie das Gefühl den Verstand
zu verlieren. Sie fühlt sich von Spinnen verfolgt, die außer ihr niemand sehen
kann. Ihre schulischen Leistungen sacken ab und auch im Cheerleading Team
verliert sie ihren Stammplatz. Ihre einzige Chance scheinen Ferienkurse im
Edelinternat Chesterfield zu sein, wenn sie das Schuljahr nicht wiederholen und
ihr altes Leben zurück bekommen möchte. Dort ist alles fremd und ungewohnt und
irgendwie macht es sie unglaublich müde, sie könnte ewig schlafen. Die Schüler
sind zwar etwas extravagant. aber offen und sympathisch, vor allem der blonde
Schulsprecher Vincent, zu dem sie sich gleich hingezogen fühlt. Schräg und
beängstigend wird es allerdings, als sie erfährt, dass Vincent der weiße König
in einem Schachspiel gegen St. Barrington ist. Denn beide Schulen haben eine
tödliche Partie eröffnet, die so lange dauert, bis einer der Könige schachmatt
und damit tot ist. Die Schüler sind die Spielfiguren und Alice muss sich
entscheiden, für welche Seite sie spielt. In Curse, der sprechenden Katze, mit
der der Albtraum erst begann, scheint sie allerdings eine geheime Verbündete zu
haben.
Zuerst beginnt die Geschichte wie eine ziemlich typische,
amerikanische Aschenputtel Version. Die brave, schöne Tochter, aus bescheidenen
Verhältnissen, besten Noten und beliebte Cheerleaderin hat die Aufmerksamkeit
des Schulprinzen geweckt. Dann kommt der harte Cut, als Alice einer
unheimlichen sprechenden Katze mit dem unheilvollen Namen Curse begegnet und
das Märchen zu einer Schreckensgeschichte wird. Denn der Name des Tieres ist
Programm. Beide Schulen sind verflucht. Seit Generationen wiederholt sich
dieser Wettkampf um Leben und Tod; immer wieder und es scheint kein Ende in
Sicht. Mit dem 18. Geburtstag der Schulsprecher wird die Partie jeweils
eröffnet. Beide Könige haben eine magnetische Ausstrahlung und scheinen um
Alice Gunst zu buhlen, denn ihr kommt eine ganz besondere Rolle in diesem Stück
zu. Sie, die keine Ahnung von den Regeln und den Verstrickungen hat, ist
eventuell die Einzige die diesen Irrsinn beenden kann! Sie verfügt über besondere
Gaben und Talente, wenn sie nur wüsste, welche es sind und wie sie diese
beherrschen kann!
Bei dem Thema des Schachspiels auf Leben und Tod musste ich
unwillkürlich an Harry Potter denken, doch diese Spiele haben nichts gemeinsam,
außer, dass sie beide auf dem klassischen Strategiespiel basieren und
todbringend sind. Diese Variante kommt mir jedoch grausamer und perfider vor,
dauert sie doch auch viel länger. Alice als hilflose Schachfigur, die versucht
ihr Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen, obwohl sie wie ein Spielball
zwischen den Mannschaften hin und hergeschoben wird, ist einem unwillkürlich
sympathisch, auch wenn sie eigentlich als super kluge Cheerleaderin zu perfekt
und glatt wirken könnte. Doch sowohl Köpfchen, als auch ihr akrobatisches Können
sind in diesem Kampf erforderlich, möchte sie überleben. Dabei wird sie nicht
nur von den Kämpfern bedroht, sondern auch von der Ungewissheit, dass sie nicht
weiß, wem sie trauen kann und wem nicht. Mit ihr wird man in einen Strudel der
Gefühle hin- und hergerissen. Beide Könige kämpfen um sie, doch kämpfen sie um
sie als Person, oder ihre Rolle und Bedeutung im Spiel. Dabei finde ich die
Erzählweise sehr interessant. Immer wieder werden Auszüge aus dem
Spielerhandbuch eingeschoben, wodurch man die besonderen Eigenschaften und
Bedeutungen einzelner Spielergruppen kennenlernt. Langsam setzt sich das Spiel
wie ein Puzzele zusammen. Ebenso bruchstückhaft wird Alice von Visionen
heimgesucht. Sie kann nicht einschätzen, ob es Halluzinationen oder Erinnerungen
oder Erkenntnisse sind. Wer sind diese schönen jungen Menschen in der Kleidung
längst vergangener Zeiten, die ihr immer wieder erscheinen und was hat ihr
Schicksal mit dem ihren zu tun? Selbst Curse scheint ihr dort nicht
weiterhelfen zu können und sie muss eine Entscheidung treffen. Die trifft sie
und lässt den Hörer atemlos an einem Cliffhanger zurück. Wann geht es denn bloß
weiter!?
Anders als bei Büchern, kommt für Gefallen und Missfallen eines
Hörbuchs der Stimme eine ganz tragende Rolle zu. Oft entscheidet sie, ob das
Hörbuch aus einer Geschichte mehr herausholen kann, als die Printversion.
Madiha Kelling Bergner war mir kein Begriff und eine absolut postive
Überraschung. Auch wenn sie deutlich älter als Alice ist, hört man es ihr nicht
an. Die Cheerleaderin mit Köpfchen und Entschlossenheit hört man ihr ebenso an,
wie ihre Angst, ihre Verzweiflung und vor allem ihre innerliche Zerrissenheit.
Sehr lebendig variiert sie die Gefühle und Stimmungen der Geschichte mit ihrer
Stimme, und verleiht auch den Erzähleinschüben ihre geheimnisvolle Nuance.
Stets gut verständlich und deutlich, beherrscht sie die stimmliche Klaviatur
der Emotionen und konnte mich voll und ganz überzeugen: eine Traumbesetzung!
Stella Tacks Stern am Urban-Fantasy/Romantasy Himmel geht gerade
groß auf. Sie vermag es, mit knisternden Gefühlen, geheimnisvollen Plots und
ausgefallenden Geheimnissen zu fesseln. Sie vermag es sogar, eine Geschichte
mit jeder Menge unheimlicher Spinnen zu erzählen, ohne dass es ekelig wird! Da
kann man noch auf einiges gespannt sein!
Dennoch hat mir nicht alles hundertprozentig gefallen. Der
Einstieg hätte für mein Empfinden gestrafft werden können, aber vielleicht lag
dies auch an den Erwartungen des Klappentextes, der Alice Vorleben eigentlich
mit keinem Wort erwähnt. So ganz ohne dieses kommt die Geschichte jedoch nicht
aus, ohne unglaubwürdig zu werden. Was wirklich für einige schwierig werden
könnte, ist die Tracklänge. Die Tracks sind oft über eine halbe Stunde lang und
einmal sogar 52 Minuten. Hört man die Geschichte per download oder PC ist das
kein Problem, aber nicht jeder MP3-Player verfügt über eine Hörbuchfunktion,
die sich die Stelle merkt, an der man zuvor unterbrochen hat. Für klassische
Geräte ist die Tracklänge ein echtes Ärgernis. Da dies nun immer gängiger wird,
habe ich lange nach einem Gerät mit entsprechendem Erinnerungsvermögen gesucht,
damit ich nicht über jeden Energiesparvorgang verzweifle, weil ich mitten aus
der spannendsten Szene herausgerissen werde.
Nichts destotrotz hat mir Alice schicksalhafte Geschichte richtig
gut gefallen und ich werde den Ausgang der Partie auf jeden Fall weiter
verfolgen!
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Jumbo Verlag für meinen
mysteriös, fesselnden Hörspaß voller Emotionen!
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