Der Fall der verhängnisvollen Blumen (Enola Holmes 3) Nancy
Springer, Knesebeck Verlag
Enola, die vierzehnjährige Schwester von Mycroft und Sherlock
Holmes sitzt in ihrem trostlosen Büro im East End und denkt nach. Seit ihrem letzten
Fall, als Dr. Watson sie in ihrem Büro als der imaginäre wissenschaftliche
Perditor Dr. Ragostin aufsuchte und ihr den Auftrag erteilte Enola Holmes zu
finden, fürchtet sie, dass Sherlock ihr nun auf der Spur sein könnte. Sie sucht
daher fieberhaft nach einem neuen Pseudonym, als sie in der Zeitung vom
mysteriösen Verschwinden des Doktors liest. Sherlock scheint ratlos und Enola
ist entschlossen, diesen Fall aus weiblicher Sicht anzugehen. Sie legt sich
eine neue Verkleidung zu, eine, die von ihr niemand erwarten würde und stattet
der einsamen Mary Watson einen Besuch ab. Dabei fallen ihr merkwürdige
Blumensträuße auf, die in der Sprache der Blumen nichts Gutes verheißen,
sondern eine klare Drohung aussprechen. Enola ist überzeugt, dass diese Gaben in
direktem Zusammenhang zu Watsons Verbleib stehen und das ihrem Bruder diese
Blumen niemals auffallen würden. Doch ihre Drohung ist ernst und zeigen, das
Eile geboten ist!
Ich mag das Setting dieser Reihe, die gesellschaftlichen Abgründe
und Feinheiten Londons im späten 19. Jahrhundert. Wobei durch die
vierzehnjährige Enola auch immer wieder das damalige Frauenbild thematisiert
und kritisch beleuchtet wird, ebenso wie die Armenviertel und die mangelnde
soziale Absicherung, die Enola zu lindern versucht. Sehr gut gefällt mir, dass
man nun, nach Dr. Watson auch seine Frau Mary näher kennenlernt. Ihre
zurückhaltende, warmherzige Art nimmt einen sofort für sich ein, steht sie doch
auch in krassem Gegensatz zu Enolas selbstgerechten Brüdern. Wobei diese inzwischen
einräumen müssen, dass auch sie an ihre Grenzen stoßen, vermögen sie doch in
Watsons Verschwinden keinerlei Logik zu entdecken! Auch dieses Mal spielt die
Holmes Familienkonstellation eine bedeutende Rolle. So beschäftigt das
plötzliche Untertauchen ihrer Mutter, und ihre Schlußfolgerungen aus dieser,
Enola noch immer. Regelmäßig durchkämmt sie die Kleinanzeigen der Zeitungen
nach Geheimcodes, die Nachrichten ihrer Mutter enthalten könnten. Wieder wird
sie fündig und gibt den jungen Leserinnen die Möglichkeit, ihre eigenen
Codeknackerkünste zu testen. Es ist ein Mix aus vertrauten Strukturen und neuen
Rätseln. Wobei ich dieses Mal den Fall sehr vorhersehbar finde und es mir
unerklärlich ist, warum Enola solange braucht, um Dr. Watson zu finden, da sie über
die Lösung relativ früh stolpert. Persönlich sind mir auch zu viele Zufälle in
den Fall eingewebt, wenn man bedenkt, daß Enola nicht in London aufgewachsen
ist, sondern ein echtes Landei. Als Krimi hat dieser Band, trotz der beliebten
Figuren erhebliche Schwächen. Auch die sprachlich interessante Erzählweise und
das faszinierende Setting vermögen diese Genreschwäche nicht auszugleichen.
Dabei finde ich es schade, dass die Sozialkritik dieses Mal deutlich schwächer
ausfällt und einige Missstände sehr verblümt geschildert werden. Obwohl mir die
Lösung des Falles und das Warum sehr früh klar waren, kommt dennoch gegen Ende
echte Spannung auf, als sich die junge Ermittlerin bei ihren Nachforschungen in
echte Gefahr begibt. In dieser Szene kommen übrigens auch die neuesten
technischen Errungenschaften der damals fortschrittlichsten Polizei der Welt
zum Einsatz.
Sehr schön finde ich die äußere Gestaltung der Reihe, bei der die
Einzelbände wunderbar farblich aufeinander abgestimmt sind.
Leider hat dieser Fall von Enola mich nicht überzeugt und konnte
mehr als Roman mit seinen exzentrischen Charakteren punkten. Da diese
allerdings in der Tat interessant sind, werde ich der Reihe noch eine Chance
geben.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Knesebeck Verlag für mein
Rezensionsexemplar.
#wirlesenzuHause #krimifan #crimetime #enolaholmes
#historischerkrimi #jugendkrimi #jugendbuchblogger #London #nancyspringer
#krimiblogger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen