Montag, 23. April 2018

Alles Easy – Patchwork für Anfänger, Anja Fröhlich, Ars Edition



Alles Easy – Patchwork für Anfänger, Anja Fröhlich, Ars Edition

Die zwölfjährige Isabell wird von allen nur Easy genannt. Als ihre Mutter sich von ihrem Vater getrennt hat, ist sie mit ihr von Köln nach Berlin gezogen, um neu anzufangen. Daher sieht Easy ihren Vater immer nur in den 6 Wochen Sommerferien. Diese Zeit mit ihm alleine genießt sie ganz bewußt, sie holen zusammen alles nach, was sie in einem Jahr verpasst haben. Dieses Jahr fliegt ihre Mutter mit ihrem neuen in die Karibik und hätte sie sogar mitgenommen, doch Easy würde für nichts auf der Welt auf ihre Easy-Papa-Zeit verzichten. Erstmals muss sie alleine mit dem Zug nach Köln fahren und ihre Mutter sucht ihr noch auf dem Bahnsteig eine merkwürdige alte Frau als Reisebegleitung aus. Zum Glück schläft die Matrone fast die ganze Fahrt über und Easy kann sich mit Jamie, einem Gleichaltrigen auf dem Weg zu seiner Mutter und deren Neuem, unterhalten. Jamie hat keinen Bock auf „eine neue Familie“ er will seine alte wieder. Easy ist froh, daß ihr so etwas nicht blüht, bis sie ihren Vater mit Jamies Mutter und dessen kleinen Bruder auf dem Bahnsteig sieht. Spontan verschwören sich die zwei Bahnreisenden, mit ungeahnten Folgen!

Ich habe dieses Buch mit meiner bald elfjährigen Tochter begonnen, kurz nachdem wir vom Berlinurlaub ins Rheinland zurückkehrten. Sie war so entsetzt von Easys Mutter, die ihr einfach eine so schreckliche Zugbegleiterin mit so merkwürdigen Auswahlkriterien zur Seite stellte, daß sie sofort ausstieg. Sie hat sich anscheinend sofort mit Easy gegen alle peinlichen Mütter der Welt verbündet. Die Zugfahrt fand ich dann noch ziemlich kurzweilig, mit den Erzählungen von Jamie und Easy über ihre Erlebnisse als Scheidungskindern. Dabei ist Jamie für einen Jungen erstaunlich offenherzig, auch zu Easys Erstaunen.

Gut, daß Jamie und Easy plötzlich Teil einer großen heilen Patchworkfamilie sein sollen, kann man ja schon dem Klappentext entnehmen. Nicht aber die psychologischen Kriegslisten, zu denen sie greifen, die sind schon ziemlich abgefahren, für dieses Alter. Auch mit der Knallererbsenprinzessin und Jamies geheimnisvollen Anrufer „Schwachkopf“ auf dessen geheimen Zweithandy bringen ungeahnte Wendungen und Situationskomik in den weiteren Verlauf hinein. Bei recht zwiespältigem Einstieg war ich dann aber doch ziemlich schnell gefesselt, weil ich es echt erstaunlich fand, was den zwei Verschwörern so eingefallen ist. Dabei zeigten sie auch, wie viel Macht eigentlich auch Kinder über Eltern haben und nicht nur umgekehrt. Doch sind Jamie und Easy nicht einfach fies. Sie machen sich unglaublich viele Gedanken und reifen selber durch ihre Aktionen sehr viel schneller, als sie es selbst mitbekommen. Dabei sind sie sowohl Gegner, als auch Team, denn jeder von ihnen beiden, ist seinem Gewissen verpflichtet. Erzählt wird die Geschichte aus Easys Sicht in Ich-Form, man kann mit ihr empfinden, wenn sie die Knutscherei zwischen ihrem Vater und Jamies Mutter eklig findet, genauso wie den Dessous-Einkauf zum Geburtstag (vielleicht sollten auch gerade mal Eltern vor dem Kennenlernen, der Kinder des neuen Partners dieses Buch mal lesen). Außerdem richtig klasse finde ich, daß Easy sich selbst und ihre und Jamies Aktionen und Intentionen hinterfragt. Auch wenn alles aus ihrer Sicht erzählt wird, so zweifelt sie doch rechtfertigt sich nicht nur. Das lässt sie wirklich innerlich wachsen und gibt der Geschichte die nötige Tiefe zur Situationskomik.

Autorin Anja Fröhlich ist selbst als Einzelkind von Lehrereltern aufgewachsen und lebt nun in Köln. Irgendwie habe ich mir auch Easys Vater als Lehrer vorgestellt, denn wer sonst hat 6 Wochen am Stück im Sommer frei und die Schulgespräche, die er mit ihr führt, das klingt schon nach Erfahrung. Easys Sommerabenteuer spielt in Köln und man kann einige Orte dort wunderbar wieder erkennen. Ortskundige mögen schmunzeln, gerade über den einen Karnevalstag im Sommer, denn immerhin ist es zum echten Straßenkarneval oft bitterkalt, aber auch für Nichtrheinländer ist die Geschichte toll.

Sehr gut gefällt mir das Ende des Buches, es ist ehrlich, authentisch und gar nicht kitschig! So empfehle ich dieses Buch, trotz der Kritik meiner Tochter sehr gerne wieder, denn es ist sowohl witzig, als auch überraschend und sehr einfühlsam – wirklich toll! 5 von 5 Sternen, da überstimme ich mein Kind, denn ich kenne das ganze Buch.

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